Mittwoch, 23. Juni 2015

  

Anzeige im General-Anzeiger vom 23. Juni 1915Lemberg erobert! Diese freudige Nachricht, die gestern in der achten Stunde in Bonn eintraf, wurde überall mit großem Jubel aufgenommen. Feierliches Glockengeläut ertönte von allen Kirchen, die Häuser wurden rasch mit Siegesfahnen geschmückt, und auf den Straßen wurde manches Hurra den tapferen deutschen und österreichisch-ungarischen Truppen gewidmet.

„Hindenburgstraße“ soll die, wie den Stadtverordneten von der Baukommission vorgeschlagen wird, neue Straße in der Verlängerung der Schumannstraße von der Pützstraße bis zur Dottendorfer Kirche genannt werden. – Ferner wird vorgeschlagen, den Dottendorfer Rheinweg von der Koblenzer Straße bis zum Bahnhof Bonn-Trajekt „Friedrich-Wilhelm-Straße“ und den bisherigen Eselsweg, nordwestlich des neuen Johanniterkrankenhauses Friedrich-Wilhelm-Stift „Johanniter-Straße zu nennen.

Sorgt zeitig für die Feuerung! Der Bonner Kohlen-, Koks- und Briketthändlerverein erinnert die Verbraucher in ihrem eigenen Interesse daran, schon jetzt die Feuerungsvorräte für den nächsten Winter zu bestellen, da von August an bestimmt eine allgemeine Knappheit der Brennstoffe eintreten wird.

Der Verkauf von sog. Fruchteis auf den Straßen und öffentlichen Plätzen sowie aus den Türnischen oder aus Verkaufsstellen, die in ähnlicher Weise zur unmittelbaren Abgabe des Fruchteises hergerichtet sind, wird vom Militärpolizeimeister für den Befehlsbereich der Festung Köln (also auch für Bonn) aus gesundheitlichen Gründen verboten. Zuwiderhandlungen werden in jedem Einzelfalle mit Geldstrafe bis zu 30 Mark, im Unvermögensfalle mit entsprechender Haft, bestraft. Rechtsmittel sind hiergegen nicht zulässig.

(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)

 

Anzeige im General-Anzeiger vom 23. Juni 1915Die Wiedereroberung Lembergs wurde in Bonn gestern abend kurz nach 8 Uhr durch unser 8 Uhr-Abendblatt und durch unsere Aushänge bekannt. Wie ein Lauffeuer verbreitete sich die frohe Siegesbotschaft durch die Stadt. Feierliches Glockengeläute verkündete weithin das für den weiteren Verlauf des Krieges bedeutungsvolle Ereignis. Wie stark die Anteilnahme der Bürgerschaft an dem Sturmlauf unserer verbündeten Truppen in Galizien gegen die jetzt nur noch am Dnjestrabschnitt stehen Russenheere ist, davon gaben Szenen vor unserem Geschäftshause an der Bahnhofstraße ein lebhaftes Bild. Hochrufe und vaterländische Gesänge ertönten und auf allen Gesichtern las man die Freude über den errungenen großen Sieg. Im Nu waren namentlich im Inneren der Stadt an vielen Häusern deutsche und österreichische Flaggen heraus und in den öffentlichen Lokalen kam die Siegesfreude durch vaterländische Kundgebungen zum Ausdruck. Etwa 100 junge Mädchen, die, von einem Ausflug zurückkehrend, just in dem Augenblick mit dem Zuge hier eintrafen, als die Siegesnachricht bekannt wurde, stimmten begeistert die „Wacht am Rhein“ an und sangen dann noch bei Mandolinen- und Gitarrenbegleitung einige frischfröhliche Wanderlieder. Aber nicht umsonst taten sie es. Mit dem Hut in der Hand gingen einige durch die große Zuhörerschaft und sammelten – fürs Rote Kreuz. Daß die jungen Damen für diesen wohltätigen Zweck ein schönes Stück Geld einheimsten, versteht sich von selbst. – In Godesberg veranstalteten die Schüler des Pädagogiums aus Anlaß der Wiedereroberung Lembergs einen Fackelzug durch die reichbeflaggten Straßen und sogar die in Godesberg wohnenden Russen wurden von der allgemeinen Begeisterung erfaßt und beflaggten ihre Häuser.

Die Sonnenwendfeier der deutschen Studentenschaft in Friedrichsruh hielt sich natürlich nur in recht bescheidenem Rahmen, soweit es sich um die Anzahl der Teilnehmer handelt. Der Geist der Kundgebung war umso achtungsgebietender. Den Zug eröffnete der ????ausschuß der Universität Bonn, der die Chargierten Kempf – Alemannia, Schlitt – Ripuaria und Voß – Verein Deutscher Studenten mit dem Universitätsbanner entsandt hatte. Den Chargierten folgten die übrigen Festteilnehmer in zwangloser Ordnung. Nach einer Ansprache des Landrats von Bonin legte stud. jur. Kempf aus Bonn einen Eichenkranz mit deutschen Farben im Mausoleum nieder. Gräfin Gödela von Bismarck empfing die Bonner Chargierten auf der Schloßterrasse. Abends fand die Schlußfeier an der Bismarck-Säule auf dem Hamberge statt. Referendar Flex von der Bonner Almannia, Leutn. d. R. zur See, und der zweite Vizepräsident der Hamburger Bürgerschaft Dr. Bagge hielten Ansprachen. Bagge’s Rede klang in den gemeinsam gesungenen Treueschwur an der Bismarck-Säule aus, während die Flammen hinaufloderten.

(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)

  

Anzeige im General-Anzeiger vom 23. Juni 1915Die Strafbestimmungen in der Verordnung des Militärpolizeimeisters der Festung Köln über die Meldepflicht innerhalb von 12 Stunden setzen eine Geldstrafe von 30 Mark fest, gegen die ein Einspruch nicht möglich ist. Stadtverordneter Schmitz hat nun an die Stadtverwaltung eine Interpellation eingereicht, in der die Stadtverwaltung gefragt wird, ob sie gewillt ist, Schritte zu tun, um die Milderung dieser Bestimmungen herbeizuführen. Die Sache wird am Freitag besprochen werden.

Ueberfahren. Ein etwa 60 Jahre alter unbekannter Mann ließ sich gestern abend in selbstmörderischer Absicht am Güterbahnhof von einem Zuge überfahren. Er wurde sofort getötet.

(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)

  

Kriegskochausstellung. Bei der am Freitag, den 25. Juni, nachmittags 4½ Uhr, im Bürgerverein stattfindenden Kriegskochausstellung sollen Kochbücher über die Herstellung von Gerichten zum Preise von 10 Pfg. abgegeben werden. Den ausgestellten Speisen wird eine Kostenberechnung beigelegt, sodaß die Beschauerinnen sich sofort überzeugen können, ob die Speisen für ihren Haushalt geeignet sind. Der Besuch der Ausstellung kann sehr empfohlen werden, da die ausgestellten Speisen für die jetzige Zeit eine wirkliche Bereicherung bieten, sie sind nahrhaft, billig und gut. Es wird sehr um pünktliches Erscheinen gebeten.

(Volksmund, Rubrik „Bonner Angelegenheiten“)