Samstag, 22. Mai 1915

  

Anzeige im General-Anzeiger vom 22. Mai 1915Rückgang der Kartoffelpreise. Das reichliche Angebot von Kartoffeln, das zu verzeichnen ist, bringt erfreulicherweise einen weiteren Rückgang der Kartoffelpreise, der sich hoffentlich auch bald bemerkbar macht.

Kräftiges Vorgehen gegen fremdsprachliche Firmenschilder. An die Provinzregierungen Preußens ist eine neue Verfügung ergangen, worin diese angewiesen werden, nunmehr nachdrücklich auf die Beseitigung der fremdländischen Inschriften an Firmenschildern usw. einzuwirken. – Bei dieser Gelegenheit werden vielleicht auch die Eisenbahnbehörden angewiesen, daß auf größeren Bahnhöfen die auf französisch und englisch abgefaßten Schilderinschriften: „Vor Taschendieben wird gewarnt“ beseitigt werden. Die Kgl. Eisenbahndirektion Berlin hat sich bereits entschlossen, die fremdsprachlichen Schilder entfernen zu lassen.

(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)

  

Anzeige im General-Anzeiger vom 22. Mai 1915Undurchdringlicher Nebel lagerte heute früh über dem Rheintal, wodurch die Schiffahrt in den Morgenstunden stark behindert wurde.

Angsteinkäufe in Zucker. Neuerdings werden von den Hausfrauen große Mengen Zucker aufgekauft, da man besorgt ist, es könnte in nächster Zeit eine Knappheit in der Zuckerversorgung auftreten. Eine übereilte und übermäßige Versorgung mit Zucker ist indessen völlig unnötig, da wir 15 Prozent mehr Zucker zu unserer Verfügung haben als in Friedenszeiten. Wenn trotzdem an einzelnen Orten der Preis für Zucker etwas gestiegen ist, so hat das seinen Grund darin, daß infolge des Arbeitermangels die Zuckerraffinerien nicht immer genügend Zucker für den Konsum herstellen können. Auch der Wassermangel spielt oft eine große Rolle bei der Versorgung der Städte. Die Hauptursache aber bilden die Angsteinkäufe unserer Hausfrauen, durch die große Mengen Zucker aus dem Markt gezogen werden. Einen Vorteil von ihren Einkäufen hat niemand, dagegen sind die Nachteile für die Allgemeinheit bedeutend.

Zur Bekämpfung des Zigarettenrauchens der Jugend haben die Polizeiverwaltungen zum Teil ihren Organen Anweisung gegeben, gegen Kinder im schulpflichtigen Alter einzuschreiten, wenn sie auf Straßen und Plätzen beim Rauchen angetroffen werden. Feuerzeug und Rauchmaterial sind ihnen abzunehmen und der Anzeige beizufügen. In der Anzeige ist die Schule, die der Täter besucht, anzugeben. Unter schulpflichtigem Alter versteht man das Alter bis zu 14 Jahren. Noch viel weiter ist das Gesundheitsamt in Lübeck gegangen. Es hat Personen unter 16 Jahren überhaupt verboten, Tabak, Zigarren oder Zigaretten zu rauchen. Es ist ferner verboten, Personen unter 16 Jahren Tabakspfeifen, Tabak, Zigarren oder Zigaretten zu verkaufen oder im Gewerbebetrieb abzugeben.

Pfingsten 1915

„Pfingstglocken läuten am Rheinesstrand,
PFingstglocken läuten in Feindesland;
Sie klingen und singen im Kriegerherz,
Er denket der Heimat, doch ohne Schmerz;
Er weiß, daß dort, wo die Lieben sind,
Bei Vater und Mutter, bei Frau und Kind,
Nur dieser feste Glauben lebt,
Daß „Deutschland nimmer untergeht!"
Drum klinget weiter, ihr Glocken der Freude,
läutet immer zu, verkündet heute
Den Völkern am Rhein, den Lieben zu Haus,
Daß „Deutschland hält noch weiter aus!"
Pfingstglocken läutet, klingt immer fort
Im Vaterland, von Ort zu Ort!"

Josef Heidelmann, Georgstr. 15 (z. Zt. im Felde)

(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)

  

Anzeige im General-Anzeiger vom 22. Mai 1915Des Kaisers Dank für die Huldigung aus Anlaß der Jahrhundertfeier.
Bei dem Herrn Oberpräsidenten der Rheinprovinz ist folgendes Telegramm eingelaufen:
„Seine Majestät der Kaiser und König ermächtigen Eure Exzellenz, dem Verein Alt-Bonn und der Bürgerschaft Bonns durch den dortigen Oberbürgermeister Allerhöchstihren herzlichen Dank für das erneute Gelöbnis der Treue auszusprechen und Allerhöchstihren landesväterlichen Gruß zu entbieten.
von Valentini.“

Holzschuhe für Schulkinder. Einer Anregung durch die Schule folgend, tragen seit einigen Tagen viele Kinder Holzschuhe. Der Vorschlag ist auch durch die Reichszeitung mehrere Male an die Eltern ergangen. Nicht nur für die Wenigerbemittelten, auch für die geldlich Bessergestellten sind die Preise für Lederschuhe und ein Paar Sohlen nachgerade unerschwinglich geworden.

Gegen das „Kaufmannsdeutsch“ und die fremdsprachlichen Aufschriften in Geschäftsräumen wendet sich auch die Bonner Handelskammer in einem Rundschreiben: „Jeder Deutsche sollte sich bereit finden, die Ueberbleibsel aus früherer Zeit mit beseitigen zu helfen, und namentlich der deutsche Kaufmann dürfte berufen seine, hier vorbildlich zu wirken und auch dem Auslande gegenüber zu zeigen, daß er sich auch in seiner ganzen Sprache als Deutscher fühlt. Unsere Muttersprache ist so reich und wohlgebildet, daß es nur selten an einem treffenden Ausdruck für den zu bezeichnenden Begriff fehlen wird. Jedes deutsche Wort hat vor einem fremden den Vorzug, daß es von jedermann verstanden wird. Sachkundigen Rat im Bedarfsfalle gibt das Buch „Kaufmannsdeutsch“ von Engels und Eitzen oder die von dem Bonner Zweigverein des Allgemeinen Deutschen Sprachvereins für Kaufleute herausgegebene Verdeutschungstafel, die zum Preise von 25 Pfg. durch die Handelskammer bezogen werden kann.“

(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)