Donnerstag, 29. April 1915

  

Anzeige im General-Anzeiger vom 29. April 1915Die Rekruten. Das Bezirkskommando I Düsseldorf teilt folgendes mit: Aus Anordnung des Kriegsministeriums werden vom 1. Mai 1915 an nach Bedarf die Rekruten, die in den Jahren 1914 und 1915 ausgehoben worden sind, einberufen werden. Firmen usw., die Rekruten beschäftigen, wird anheimgegeben, diese Leute verfügbar zu machen und sich schon jetzt Ersatz zu beschaffen, Mit einer Zurückstellung der Rekruten ist nicht mehr zu rechnen. Zurückstellungsanträge können von jetzt an nicht mehr genehmigt werden.

Bonner Wehrbund. Die Mannen des Wehrbundes zogen am verflossenen Sonntag wieder zum Tannenbusch, um sich wiederum im Auswerfen von Schützengräben zu üben. Dieses Mal ging die Arbeit flotter und gründlicher von statten. Aber nicht nur in der Gründlichkeit der Arbeit war erfreulicherweise ein bemerkenswerter Fortschritt festzustellen, auch in der Form und Anlage des Grabens, der in Schlangelinie ausgeworfen, den neuzeitlichen Anforderungen entsprach, zeigte sich das Bestreben der Leitung, die Jungmannschaft gut auszubilden. Als die Arbeit getan, ordneten sich die Teilnehmer und bildeten Schützenlinien. Hinlegen! ertönte der Befehl und mit Kriechen näherte sich die Schützenkette dem Graben, um ihn schließlich mit lautem Hurra im Sturm zu nehmen. Nach dieser Uebung wurde das Werfen von Handgranaten vorgenommen und die vier besten Werfer durften schließlich mit Knallkapseln ihre Geschicklichkeit beweisen. Eine Anzeige im General-Anzeiger vom 29. April 1915große Zuschauermenge wohnte der Uebung bei. So erfreulich das Interesse an den Uebungen ist, weit erfreulicher würde es sein, wenn die Eltern, die Söhne im Alter von 16 – 19 Jahren besitzen, sie zu den Uebungen senden würden. Dieses Interesse der an dem im Dienste des Vaterlandes stehenden Tätigkeit des Wehrbundes würde der Sache besser dienen. Es darf nicht vergessen werden, daß die vom Kriegsminister angeordnete militärische Vorbereitung der Jugend dazu dienen soll, die eigentliche militärische Ausbildung abzukürzen und schneller zu vollenden. Wer will bestreiten, daß dies in der gegenwärtigen Lage nicht notwendig ist! Die jungen Leute, die nicht vorbereitet in das Heer eintreten, erschweren und verlangsamen den Gang der Ausbildung und verhindern so die volle Ausbildung der vom Kriegsminister angeordneten Einrichtung. – Die Leitung des Wehrbundes beabsichtigt mit Eintritt der Badezeit, die Erteilung von Schwimmunterricht zu unternehmen, um auch in dieser Hinsicht vielfach geäußerten Wünschen zu genügen.

Die Anmeldung der Wohnung muß jetzt nach einer Verordnung des Militär-Polizeimeisters für den Festungsbereich Köln, wozu auch Bonn gehört, spätestens 12 Stunden nach Beziehen der Wohnung bei dem Polizeirevier persönlich geschehen. Meldepflichtig sind alle Personen (In- und Ausländer), gleichviel ob sie in Gasthäusernoder in Pensionen, Herbergen, möblierten oder unmöblierten Wohnungen oder Zimmernoder als Logiergäste in Privathäusern dauernd oder vorübergehen (auch besuchsweise) Wohnung nehmen.

(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten")

   

Anzeige in der Deutschen Reichs-Zeitung vom 29. April 1915Sanitätshunde im Felde. Her Polizeikommissar Flaccus von hier wurde die Ehre zuteil, am verflossenen Samstag im Kurhaus zu Bad Kissingen in Anwesenheit des Großherzogs Friedrich August von Oldenburg und der Prinzessin Eitel Friedrich von Preußen über „Das Wirken deutscher Sanitätshunde im Felde“ zusprechen. Nach Beendigung des Vortrages, der von den zahlreichen Zuhörern mit großem Beifall aufgenommen wurde, ließ der Großherzog Herrn Polizeikommissar Flaccus zu sich bitten und sprach seine Befriedigung aus über diese klaren und interessanten Ausführungen. Der Großherzog von Oldenburg ist bekanntlich der Schutzherr des Vereins für Sanitätshunde. Auch Prinzessin Eitel Friedrich sprach sich anerkennend über das Gehörte aus.

(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)

  

Mitten im Frühling. Draußen am Kreuzberg blühen die Kirschen und ringsum leuchtet es rosarot aus den Gärten. Das sind wieder die prachtvollen Frühlingstage mit der Fülle des Lichts und dem Zauber ihrer Wonnen, diese merkwürdig-durchstrahlten Tage, wo die Brust wie von einem Druck befreit, sich weitend hebt, wo wir am liebsten mit aufgeknöpftem Ueberzieher, den Hut in de Hand, stundenlang dahinschlendern, gedankenlos. Auf dem Weg, der an Friedrichsruh vorbei zur Casselsruh führt, wird es jetzt den ganzen langen Tag nicht leer von Menschen. Und ist oft ein Singen in der Luft, ein Singen von jungen, lebensdurstigen Menschen und jubelnden Vögeln, daß man einen Augenblick den Krieg und die Sorgen vergißt und ganz untertauchen möchte in die Herrlichkeiten der großen Schöpfung unseres Gottes.
Anzeigen in der Deutschen Reichs-Zeitung vom 29. April 1915   Eines aber ist der Aufmerksamkeit nicht entgangen. Unsere schönste Frühlingssängerin, die Nachtigall, ist nicht mehr so zahlreich zu uns gekommen, wie sonst, Wie sie oft bis zum Morgengrauen im Chorus ihre wundersamen Liebesliedchen sang, läßt sie jetzt nur vereinzelt ihre unendlich süßen, schmelzenden Weisen erklingen. Die alten Bauern sagen, das sei eine Folge des Böllerns drunten in Frankreich, in den Ardennen und Vogesen; das habe die Tierchen bei ihrer Rückkehr aus den warmen Ländern in andere Gegenden verscheucht: Möglich, ja sogar wahrscheinlich.
   Auch in Muffendorf, Lannesdorf, Friesdorf, im „Ländchen“ und am Vorgebirge steht jetzt die Baumblüte in voller Pracht. Wie große Blumensträuße schimmern die Bäume und von ferne sieht die Landschaft wie mit Schnee bedeckt aus.
   Oben in der Birke pfeift der Star sein Abendlied. Am Zaune lehnt ein junger Bursche und schaut mit großen Augen in die Ferne; bald ruft auch ihn der Kaiser. Er sieht im Geiste Bilder von heißen Gefechten und Sturmangriffen, donnernde Kanonen, blinkende Bajonette, Schlachtfelder und sterbende, jung, deutsche Männer. Und um ihn leuchtet und strahlt und jubelt der Frühling.

Ihre Königl. Hoheit die Frau Prinzessin zu Schaumburg-Lippe stattete dem Mutterhaus vom Roten Kreuz einen Besuch ab und erfreute die Verwundeten durch ihre warme Teilnahme und das Verteilen von Liebengaben.

(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten")