Donnerstag, 22. April 1915

  

Anzeige im General-Anzeiger vom 22. April 1915Universität. Gestern fand in der Aula der Universität die erste Immatrikulation in diesem Semester statt. Der Rektor, Herr Geheimrat Landsberg, hielt eine Ansprache an die neu immatrikulierten Studenten – es waren 58, darunter 16 Damen –, in der er ausführte: Kommilitonen! Wir treten in das zweite Kriegssemester ein. Eine schwere Zeit haben wir hinter uns. Eine schwere Zeit, das kann man wohl annehmen, liegt noch vor uns. Auch in diesen Räumen macht es sich geltend durch die geringe Anzahl derjenigen, die heute immatrikulationslustig und –bedürftig vor uns stehen. Wir beklagen diese geringe Anzahl nicht, wir sind stolz darauf. Denn wir wissen, das kommt daher, daß, wer auch nur irgendwie vermochte dem Vaterlande zu dienen, sie es mit der Waffe in der Hand, sei es anderswie, sich dem Dienste gestellt hat. Vor mir sehe nur ganz junge, aufstrebende Männer, die eben frisch von den Schulen zu uns kommen und noch nicht in der Lage sind, dem Vaterlande mit ihrem schwachen Arme zu dienen. Auch die Schar der Damen hat sich gelichtet, da viele sich dem Samariterdienste gewidmet haben. Indem ich die Erschienenen herzlich begrüße, habe ich auch ein Wort des Trostes Ihnen zu sagen. Sie dienen noch nicht dem Vaterlande, sei es, daß Sie sich hier noch stärken wollen, sei es, daß es manchen von Ihnen versagt ist. Lassen Sie den Mut nicht sinken bei dem Gedanken, daß Sie augenblicklich zu wenig tun für das Vaterland. Das Vaterland braucht auch ihre Kraft. Auch hinter der Front kann jeder mitstreben, mitarbeiten zur Erreichung des großen Zieles, durch Zuversicht und Aufrechterhaltung eines kräftigen vaterländischen Lebens. Viele, die noch irgendwelche Aussicht haben, mit ihrer Armeskraft am Siege mitwirken zu können, die mögen daran denken, daß ihnen hier Gelegenheit geboten ist, ihren Arm zu stählen, die körperlichen Kräfte zu heben. Hier in Bonn sind viele Uebungen des Wehrbundes. Ich kann Ihnen diese Uebungen nur dringend ans Herz legen, um sich körperlich vorzubereiten. Im übrigen ist natürlich auch die geistige Vorbereitung auf den künftigen Beruf gerade jetzt von größter Bedeutung. In trauriger Weise sind gerade die tüchtigsten und eifrigsten Männer durch die Würgerhand des Kriegstodes dahingerissen worden. Es handelt sich darum, diese Lücken auszufüllen, mit innerlicher Kraft und Tüchtigkeit ausfüllen. Die Grundlage dazu legen Sie im akademischen Studium. (...)

(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten")

   

Anzeige im General-Anzeiger vom 22. April 1915Ein Fahrraddieb wurde gestern in der Person eines 18jährigen Anstreichergehülfen aus Köln hier aufgegriffen. Es sind seit Oktober v. Jahres ungefähr 100 Fahrräder hier gestohlen worden, besonders an der Sparkasse fielen dem Fahrraddieb viele Räder in die Hände. Es wurde bereits festgestellt, daß der Dieb unter seinem eigenen Namen auf dem hiesigen Staatsbahnhof 3 Fahrräder und am Ellerbahnhof 10 Fahrräder zur Beförderung ausgeliefert hatte. Sehr häufig ist er am Ellerbahnhof vorgefahren, hat dort ein Rad zur Beförderung ausgeliefert und ist mit dem zweiten weiter gefahren. Der Dieb war fein gekleidet und trug vier Ringe an einer Hand. Er gab einen Diebstahl sofort zu. Die anderen bestritt er.

(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn")

Eßt Fische! Von Hausfrauen-Organisationen wird in jüngster Zeit angeregt, die Hausfrauen möchten häufiger Fischspeisen auf den Tisch bringen. Es geschieht dies mit dem Hinweis darauf, daß Fische außerordentlich Anzeige im General-Anzeiger vom 22. April 1915nahrhaft seien und den Vorzug der großen Preiswürdigkeit gegenüber dem Fleisch hätten. Es scheint, daß die Hausfrauen-Organisationen, die sich die Kriegshilfe im Haushalt zur Aufgabe gestellt haben, praktisch mit den Angelegenheiten, die sie verfechten, recht wenig beschäftigen. Man werfe einmal einen Blick in den Anzeigenteil der Zeitungen. Wenn man da liest, daß beispielsweise ein Pfund gewalzter Stockfisch 1,80 Mk. kostet und Forellen mit Fantasiepreisen zu zahlen sind, dann versteht man nicht, wie man der Hausfrau des kleinen Mannes empfehlen kann, Fische zu kochen. Aehnlich ist es auch mit der Marmelade, die aus Apfelsinen und Möhren hergestellt werden soll. Eine Apfelsine kostet heute mindestens 8 Pfg. Bei dieser Marmelade kann daher von einem Volksnahrungsmittel nicht die Rede sein, sofern die Wohlfahrtsdamen nicht in die eigene Tasche greifen wollen, um eine billige Marmelade zum Verkauf bringen zu können. Um die ärmere Bevölkerung vor Enttäuschungen zu bewahren, empfiehlt es sich, daß unsere Wohlfahrtsdamen sich vor der öffentlichen Raterteilung über das, was das Volk essen soll oder nicht, genau unterrichten, insbesondere über die Preise, die zu zahlen sind, damit ihre an sich lobwürdige Arbeit im Dienste des Volkswohls auch die rechten Früchte zeitigt. Eine Hausfrau, die für einen guten Rat dankbar ist.

(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Sprechsaal")

 

Keine Kartoffeln ohne Heringe. Einen guten Gedanken, der nachgeahmt zu werden verdient, hat de Magistrat von Neukölln gehabt. Die hohen Fleischpreise haben ihn veranlaßt, dafür Sorge zu tragen, daß die Bevölkerung den Fleischgenuß etwas einschränkt und dafür mehr Heringe genießt. Die Magistratsmitglieder haben deshalb beschlossen, bei den städtischen Kartoffelverkaufsstellen nur dann Kartoffeln abgeben zu lassen, wenn gleichzeitig wenigstens drei Heringe gekauft werden.

(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten")