Sonntag, 21. Februar 1915 

 

Vaterländische Reden und Vorträge. In der Reihe der Vaterländischen Reden und Vorträge sprach Herr Kaplan Schopen über „Die Bedeutung des preußischen Staatsgedankens für den Weltberuf Deutschlands“. Der Redner besprach zunächst ausführlich den eigentümlichen ethnologischen Charakter des Preußentums, das keinen germanischen Sonderstamm, sondern ein von den Kolonisten aller deutschen Stämme gemeinsam geschaffenes künstliches Gebilde darstellt. Neben diese Fusion deutscher Stämme trete dann in starkem Maße die Legierung mit slawischem Blute. (...) Der Sieg des deutschen Einheitsgedankens wurde möglich gemacht durch die ostdeutsche Kolonisation. Redner erkannte zum Schluß in dieser Entwicklung eine Bestätigung des die gesamte Kulturgeschichte beherrschenden Gesetzes, daß jede Weltkultur eine Rassenmischung zur Voraussetzung habe.

(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)

 

Anzeige im General-Anzeiger vom 21. Februar 1915Städtischer Speckverkauf. Aehnlich wie beim Verkauf der „Magistratskartoffeln“ in den Berliner Markthallen gings am Samstag nachmittag hier beim städtischen Speckverkauf in der Rathausgasse zu. Die Hausfrauen waren in hellen Scharen herbeigeeilt, um sich die günstige Gelegenheit, wohlfeilen Speck zu kaufen, nicht entgehen zu lassen. Die Stadt hatte, wie angekündigt, den Preis für geräucherten Speck auf 1,20 Mark, für gesalzenen Speck auf 1,00 Mark festgesetzt, also etwa 20 Pfg. billiger als er bei den hiesigen Metzgern zu haben ist. Um den Andrang im Verkaufslokal selbst zu verhüten, wurden jeweils nur etwa fünf bis sechs Käuferinnen eingelassen. Der Speck wurde nur in kleineren Mengen von einem Pfund bis etwas drei bis vier Pfund abgegeben. Obwohl die Abfertigung der Käuferinnen flott vonstatten ging, umstanden doch noch nach 4 Uhr etwa 100 Frauen das Haus oder warteten im Flur, bis ihnen Einlaß gewährt wurde. Schätzungsweise wurden am gestrigen ersten Verkaufstage etwa fünfzehn Zentner Speck umgesetzt. Hoffentlich richtet die Stadtverwaltung noch mehrere solcher Verkaufstage ein.

Petroleum-Ersatz? Eine Menge von Versuchen mit dem nach einem vielfach in den Tagesblättern bekanntgegebenen Rezept hergestellten Petroleumersatz hat ergeben, daß diese Präparat doch nicht den gehegten Erwartungen entspricht. Es brennt nämlich hauptsächlich das oben schwimmende Petroleum ab, indem ein großer Teil des Sodawassers unverbrannt in der Lampe zurückbleibt; auch hat sich der Uebelstand herausgestellt, daß der Lampendocht in kurzer Zeit unbrauchbar wird. Außerdem kann die Art und Weise der Herstellung gefährlich werden. So wird gemeldet, daß eine Frau welche das Petroleum in das kochende, statt in das abgekühlte Sodawasser gegossen hatte, sich dabei durch das explosivartige Herausspringen des Petroleums so starke Brandwunden zugezogen habe, daß ihr Aufkommen bezweifelt wird.

Frauenversammlung. Am Montag abend 8 Uhr, findet im kath. Gesellenhause eine Versammlung für alle Frauen der Marienpfarre statt. In dieser Versammlung soll das jetzt so wichtige Thema „Krieg und Hauswirtschaft“ behandelt werden. Die Redner des Abends sind: Herr Pfarrer Stein sowie Frau Schulteiß vom Kathl. Frauenbund. Aehnliche Versammlungen für andere Pfarreien der Stadt werden in den nächsten Tagen abgehalten.

Festgenommen wurde von der Kriminalpolizei ein Kellner, der vor ungefähr acht Tagen einem hiesigen Gastwirt mit der Tageskasse durchgebrannt war.

Ein verwegener Einbruchdiebstahl ist vor einigen Tagen von einem Dienstmädchen in Dottendorf ausgeführt worden. Das Mädchen hatte sich in ein Haus, wo es früher in Dienst gewesen war, eingeschlichen, ein Fenster eingedrückt und sich Eingang in ein Zimmer verschafft, wo es 900 Mark entwendete. Am Freitag abend ist das Mädchen von der Kriminalpolizei festgenommen worden.

(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)

Richtiges Brotgewicht! Durch Beschluß de Bäcker-Innung kostet das Brot nun einheitlich 75 Pfg. und soll, wie es heißt, „Schwarzbrot 4 Pfund wiegen, und zwar ausgebacken“. Heute ließ ich in einer Bäckerei in der Nähe des Marktes ein Schwarzbrot holen und wog es, weil es mir so klein schien, nach, und siehe, es wog genau 3½ Pfund. Ich habe es nicht etwa auf einer Küchenwage gewogen, sondern auf einer amtlich geeichten Wage, so daß es also seine Richtigkeit hat. Wenn die Konsumenten sich in den Preis von 75 Pfg. fügen müssen, so wäre es doch auch richtig, wenn die Bäcker sich in das angegebene Gewicht fügen würden. Ein halbes Pfund weniger macht bei einer zahlreichen Familie schon etwas aus. Also bitte bei dem festgesetzten Preis auch das laut Beschluß festgesetzte Gewicht. Eine Hausfrau.

(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Sprechsaal“)

 

Anzeige in der Deutschen Reichs-Zeitung vom 21. Februar 1915Auf dem Rhein ist der Güterverkehr jetzt sehr groß. Den ganzen Tag fahren schwere Schleppdampfer mit fünf, sechs und sieben schwerbeladenen Anhängeschiffen an Bonn vorüber.

Vandalismus. Die Bank, welche an der prachtvollen Aussichtsstelle hinter dem Urnenhain am Kreuzberge stand, ist in diesen Tagen zerstört worden. Wie die umherliegenden Holzsplitter erkennen lassen, haben die Täter dazu eine Axt benützt und das Holz an Ort und Stelle zerkleinert, um es als Brennholz verwenden zu können.

Wundertäter und Aberglaube. Am Donnerstag vormittag wurden auf dem hiesigen Wochenmarkte Gebetszettel verteilt, denen eine übernatürliche Wunderkraft zugeschrieben wurde. Es hieß unter anderem auf dem Zettel: Wer ihn bei sich führt, ist gegen Unglück geschützt. Krieger werde vor dem Tode bewahrt. Wer aber darüber spottet, erfährt Ungemach. Es genügt wohl nur ein Hinweis auf diesen groben Unfug schlimmster Art, um unsere Marktpolizei zu veranlassen, derartigen Wundertätern das Handwerk zu legen.

Unfug mit Bettelbriefen. Daß die Opferwilligkeit und Hilfsbereitschaft der Bürger von gewissen Leuten mißbraucht wird, ist eine bekannte Sache. Wir haben schon mehrere Male über solche Fälle berichtet. Heute weisen wir auf einen Schriftsetzer hin, der früher in Bonn arbeitete und heute in der Siegburger Geschoßfabrik tätig ist. Er hatte als Schriftsetzer ein recht gutes Einkommen und auch sein jetziger Verdienst ermöglicht es ihm, seine Familie durchzubringen, ohne sie darben zu lassen. Trotzdem schreibt der Mann an angesehene Bonner Familien seitenlange Bettelbriefe, in denen er der Firma, in der er früher als Setzer beschäftigt war, vorwirft, sie bezahle ihre Leute schlecht, er habe so wenig verdient, daß er nun so gut wie mittellos dastehe. Die Behauptung beruht auf Unwahrheit. Wir warnen vor ihm. Es empfiehlt sich bei Bettelbriefen überhaupt, in jedem Falle den Verhältnissen des Absenders auf den Grund zu gehen, damit nicht nicht die Schwindler zum Nachteil der wirklich Bedürftigen den Vorzug der Unterstützung genießen.

(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)