Donnerstag, 11. Februar 1915 

 

In Friedrich Cohens Verlage ist soeben die bei der Kaisergeburtstagsfeier der Universität gehaltene Rede von Professor Ulrich Wilcken unter dem Titel „Ueber Werden und Vergehen der Universalreiche“ in Druck erschienen.
   Im gleichen Verlage erschienen unlängst als Heft 5 und 6 der „Bonner Vaterländischen Reden und Vorträge während des Krieges“ die Vorträge von Geheimrat E. Zitelmann Haben wir noch ein Völkerrecht?“ und von Gymnasial-Direktor NiepmannLandmacht und Seemacht im Kampfe“. Die Sammlung, die sich ständig steigender Beachtung – auch im Auslande – erfreut, wird fortgesetzt. Bekanntlich wird ihr gesamter Ertrag Zwecken der Kriegsfürsorge zugeführt.

(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)

 

Anzeige im General-Anzeiger vom 11. Februar 1915Vaterländische Reden und Vorträge. (Zweiundzwanzigster Abend.) Privatdozent Dr. Ohmann: „Psychologie des Krieges.“
Von den überaus fesselnden Darlegungen nahm man – vom Redner ungesagt, aber durch seine Ausführungen beweiskräftig gemacht – die beruhigende Versicherung, die uns immer und immer wieder mit stolzem Jubel erfüllt, mit in den regenfeuchten Abend: Wir werden siegen! Und zwar deshalb, weil bei uns der Wille zum Sieg in gesteigerter, kondensierter Form vorhanden ist. (...) Sehr gut waren die Ausführungen des Vortragenden, wie der Krieg in der Seele des Einzelnen (Soldaten) aussieht. Darnach ist das Gefühl der Disziplin vorherrschend; die Kraft des Willens ist die Macht der Autorität. Wenn sich also – wie das wohl hie und da behauptet wird – beim Krieger eine Art „Gefühlsroheit“ zeigt, so ist dies weniger Mangel an Gefühl, vielmehr die eingeimpfte, angeborene Kraft der Disziplin: „Du mußt vorwärts!“ Alles andere tritt zurück. Und dieses „Vorwärts“, das in jedem deutschen Soldaten steckt, wird seine Schuldigkeit tun und – wenn der Redner, der sehr viel Beifall fand, das auch nicht sagte – unser Heer zum Siege führen.

An unsere Arbeiterschaft. Die Fastnachtstage nahen. Während wir Rheinländer uns in früheren Jahren dem Frohsinn hingaben und die Arbeit auch an dem Fastnachtsmontag und Fastnachtsdienstag ruhen ließen, haben wir alle in diesem Jahre anders zu denken und zu tun Es darf unter keinen Umständen ein Rückgang in der Fertigstellung jeglicher Heeresbedürfnisse eintreten, die zur Schlagfertigkeit unseres Heeres in so vielerlei Gestalt nötig sind. Die werktätige Bevölkerung, unsere Arbeiterschaft, wird sich sicher in der Erfüllung ihrer Pflicht von niemanden übertreffen lassen. Ihr arbeitenden Männer, Frauen, Burschen und Mädchen, die ihr doch alle Angehörige im Felde habt, helft gern am vaterländischen Werke hinter der Front und vermeidet gern jegliche Feierschicht. Der Feind hätte sonst den Vorteil.

Oedland in Bonn.
Es wird uns geschrieben: Es ist viel die Rede davon gewesen, in dieser Kriegszeit alles Land seinem eigentlichen Zwecke der Nahrungsmittelerzeugung dienstbar zu machen. Nicht allein draußen vor dne Toren, in Forst und Heide, sondern auch in den Städten selbst. Es lohnt sich schon der Mühe, alle die Brachflächen, besonders in den Straßen der neuen Stadtviertel wieder der Kultur zuzuführen. Man pilgere nur mal ein Stündchen durch unseren Süden, wo die neuen Straßenzüge sich den alten Vororten nähern. Wer sehen will, sieht da viele viele Morgen Landes wüst und leer als häßliche Flecke im Straßenbild liegen.
   Anzeige im General-Anzeiger vom 11. Februar 1915Die Entwicklung unserer Stadt hat dies mit sich gebracht. Straßenzüge Kilometer lang, Straßennetze von großem Umfange sind in die alte Feldmark, in Garten- und Wiesenland gelegt worden. Die alten Bauern und Gärtner gaben ihren Besitz an Spekulanten, die nun das Gelände auf Wertzuwachs liegen lassen. Im Süden unserer Stadt, begrenzt etwa durch Lotharstraße, Rheinweg, Eisenbahn, Weberstraße und Argelanderstraße liegt in großen Flächen viel früheres Kulturland landwirtschaftlich unbenutzt. Nach oberflächlicher Schätzung liegen hier gut und gerne 100 Morgen brach. Da sind Riesengrundstücke, die mit 100 Meter Breite vom Bonnertalweg bis zur Luisenstraße gehen. Innerhalb dieses Gebietes ist kein Straßenzug ohne seine wüste Brache, ohne mit Schutthaufen überlagerte Baustellen. Da liegt Ecke Marienstraße und Weberstraße ein Eckgrundstück, auf dem fünf Familien ihren gesamten Gemüsebedarf nebst den Frühkartoffeln ziehen könnten. Die Scharnhorststraße liegt mitten durch eine Schafweide, die fast eine bäuerliche Familie ernähren könnte, sicher einen Gemüsegärtner. Die Schule an der Schumannstraße sieht auf eine fürchterliche Wildnis herab. Neben ihr zieht ein großes Grundstück von der Schumannstraße bis zum Bonnertalweg, das, mit Kohl bebaut, seinen Mann ernährte. So sieht es in allen diesen Straßen aus, und weiterhin über die gezogenen Linien noch hinaus. Die Coburgerstraße ist durch eine Brache von mindestens 8–10 Morgen geführt. Auf ihr üben zur Abwechslung unsere Soldaten. Das Villenviertel der Siebengebirgsstraße ist von brachliegenden Flächen und Schuttfeldern umkränzt, über dem Trajekteinschnitt und sogar in der Gronau-Mulde grinsen die grauen Oedländer. Das ist in großen Umrissen der Süden.
   Anzeige im General-Anzeiger vom 11. Februar 1915Im Westen ist es besser bestellt; aber auch hier, an der Kaufmannstraße, hinter dem Sportplatz an der Richard Wagnerstraße, an der Endenicherstraße, Karlstraße und Brücke liegen eine Anzahl gärtnerisch und landwirtschaftlich nicht benutzter Grundstücke. Im Süden sind es vor allem das große Ziegelfeld am Dransdorferwege und weiter nach dem Rheine zu zwischen Römer- und Rheindorferstraße die Ziegelfelder an der neuen Artilleriekaserne, die ertraglos, öd und wüst inmitten gut bepflanzter Felder liegen.
   Die Gemarkung von Alt-Kessenich, die von Poppelsdorf-Endenich und dem Bonner Norden ist in hoher gärtnerischer Kultur; kein Streifchen Boden ist hier unbenutzt. Das hängt mit der betriebsamen Bevölkerung zusammen, und dann sind diese Bezirke mehr von der Bauspekulation verschont geblieben.
   Hiervon abgesehen, ist es nicht recht verständlich, weshalb im besten Bezirke von Bonn, im Schumannstraßenviertel, so viele und so wüste Oedstellen sind. Das hier züchterische Erfolge möglich sind, lehren die unter Kultur befindlichen Nachbargrundstücke. Es ist eine Lust, zu sehen, was der fleißige Gärtner hier alles herausholt. Es tritt deshalb besonders stark hervor, weil nebenan Disteln, Brennesseln und anderes Teufelszeug üppig gedeihen und stinkende Schutthaufen sich nicht selten breit machen.
   Zwischen Blücher- und Luisenstraße liegt an der Argelanderstraße ein schmaler Streifen wüstes Oedland, den man, eine Tafel besagt es, auf der städtischen Sparkasse kaufen kann. Man vergleiche mit diesem Unrat das Fleckchen Garten auf der anderen Seite der Argelanderstraße, was ein fleißiger Bonner Bürger diesem sogar jetzt zur Winterzeit entnehmen kann, und man hat die Lehre.
   Das liegt ein mächtig großes Grundstück südlich von der Trajektunterführung an der Koblenerstraße gegenüber Mehlems Bahnhof seit Jahren brach. Das Herz tut einem weh, wenn man diese Verschwendung von Land sieht, wenn man bedenkt, wie fleißige Hände hier der Natur Nahrungsmittel für viele viele Menschen abringen könnten.
   Dem Oedland in Bonn ist ein scharfer Feind erstanden: die städtische Gartenbauverwaltung läßt urbar machen, was sie nur kriegen kann. An der Elisabethkirche, an der Siebengebirgsstraße, am Wittelsbacherring, gegenüber dem Baumschulwäldchen, an der Anzeige in der Deutschen Reichs-Zeitung vom 11.2.1915Bornheimerstraße, am Melbweg, am Bonner Wasserhochbehälter, die Wiesen an der Erholungsstätte in Grau-Rheindorf, am Spielplatz der Kölnerstraße sind schon viele Morgen aus städtischem Besitz gerodet. Dazu kommt noch eine große Anzahl Grundstücke, die von Privaten der Verwaltung zur Urbarmachung und Verwendung überwiesen worden sind. Die Verwaltung schreckt vor nichts zurück; selbst Spielplätze (Jugendbund Ernst Moritz Arndt, Germanenstraße), Basaltlagerplätze und Schutthalden nimmt sie in Arbeit und bereitet den Boden vor, rodet, düngt, säht auch noch vielfach.
   Das ist ein löbliches Beginnen, das seine Früchte tragen wird. Wer machts nach?

(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)

 

Stenographie. Der Stolze’sche Stenographenverein Bonn gegr. 1879 – Einigungssystem Stolze-Schey – beginnt am Dienstag den 16. ds. , abends 8½ Uhr im Gebäude der Städt. Fortbildungsschule Bornheimer Straße 9, 1. Stock, Saal Nr. 11, einen Stenographie-Anfänger-Kursus. Verwundete Kriegsteilnehmer, die durch die Art ihrer Verwundung gezwungen sein werden, ihren Beruf zu wechseln und Beschäftigung im Bureaudienst zu nehmen, können, falls sie die Genehmigung des Arztes bezw. der Lazarett-Verwaltung hierzu erhalten, an dem Kursus honorarfrei teilnehmen. (...)

 (Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)