Samstag, 13. Februar 1915 

 

Anzeige im General-Anzeiger vom 13. Februar 1915Kriegsartikel. Ein guter Beobachter des Bonner Geschäftslebens schreibt uns zu dem Kapitel Kriegsartikel. (...) Gemeint sind jene Waren unserer Geschäfte, die seit dem Kriege ihre Schaufenster füllen, die für das Leben im Felde mehr oder weniger nützlich, zweckmäßig und angenehm sind. Kriegsartikel. Für alles und jedes ist da gesorgt; für den inneren und äußeren Menschen, für Geist und Körper, für Hunger und Durst, gegen Hitze und Kälte, elektrische Wärmer für Hand und Leib, Laternen jeder Art für dunkle Stunden, Bücher, Papier, Schreibzeug, Tabak, Seifen in jeder Form, Salben und Pulver gegen Schmutz und kleines Getier. Am großartigsten ließ der anrückende Winter den Krieg in Wolle arbeiten. Leibbinden und Pulswärmer, Kopfhüllen, seit der Großmutterzeit vergessen, lagen plötzlich zu niedlichen Bergen in den Geschäften. Dem normalen Menschen eines gemäßigten Klimas unverständliche Schützer, Kniewärmer lagen neben Ohrenklappen und mächtigen Fausthandschuhen und Fingerlingen. Unterhosen, Unterjacken, Strümpfe, Socken, Beinlängen, Schals waren in ihrer Zahl nicht zu übersehen, so stapelten sie sich hinter Spiegelfenstern. Kein Wunder, daß die Wolle „anzog“.
  
Nicht minder zogen Baumwolle und Seide, die nicht nur für Hemden und Unterzeug, sondern auch für wasserdichte Westen und Ueberwürfe verwendet werden. Die Seide ist als Wärmeschutzmittel besonders beliebt. Weniger in den Auslagen unserer Kaufleute als im Großhandel stand das Leder im Brennpunkte der Kriegsartikel. Derart, daß dem Vater einer zahlreichen Trabentenschar über die Sohlenrechnungen unserer Schumacher die Haare zu Berge stehen müssen. Andererseits stiegen nicht minder die Seufzer aller derer zum Himmel, die in dieser Kriegszeit in Leder arbeiten müssen.
   Neben dem Großangebot und sicheren Massenkauf der gegen Kälte und Nässe bestimmten Artikel stehen ebenbürtig die Kriegsartikel, die verzehrt werden, die unseren Kriegern als nützliche und angenehme Beikost willkommen sind. Wurst und Schokolade, Speck und Husten-Bonbons, Lachs und Printen, Pfeffernüsse und Oelsardinen, Wecken und Dürrobst, alle sind Kriegsartikel, alles ist als Kriegspaket versendbar. Dazu kommt das flüssige Element, Rum für den kalten Stand im Schützengraben; Magenbitter für verdorbenen Magen; echter alter Korn zum Speckfrühstück und Roten zum Glühwein.
  Anzeige im General-Anzeiger vom 13. Februar 1915 Wer sonst nie raucht, Pfeife oder Zigarre, Zigarette, hat es getan, tut es totsicher als Soldat, genau wie jeder Matrose als Matrose priemt. Der Krieg brachte den Tabakhandel auf den Schwung, wie keine Zeit vorher. Was an Rauchzeug alles angepriesen, was alles gekauft wurde, geht über den Hutrand. Dazu gehörten die verschiedenen Zündapparate, die trocken und mit Benzin Feuer gaben; sogar des Schäfers Feuerzeug, der alterwürdige Stahl, Stein und Schwamm kamen wieder zur Geltung. Soldatenbedürfnisse! Erfordernisse der Front! – Alle Geschäfte führen sie; alle führen sie in erster Linie, auffällig, patriotisch aufgeputzt. Kein Ding was am Soldaten hängt, was ihm angenehm, den harten Dienst zu erleichtern, böse Stunden versüßen, Trost zu spenden vermag, das nicht die Findigkeit unserer Kaufleute auf den Markt gebracht hätte.
   Seit sechs Monaten wütet der Krieg, seit sechs Monaten hat man dies stets alles vor Augen und immer noch, noch heute wandert man mit Interesse an den Auslagen unserer Geschäftsleute vorbei, bewundert man immer wieder von neuem die Anpassungsfähigkeit des Kaufmannes an Zeit und Umstände.

Warnung vor einer Lügenfabrik. In Amsterdam Nieuwezijds-Voorburgwal befindet sich die Annoncen-Expedition von A. de la Mav, dessen Inhaber de la Mav zugleich der Direktor des Reuter-Bureaus für Holland ist. Dieses Bureau ist der Hauptherd für alle Lügenberichte, die von unseren Gegnern zum Nachteile Deutschlands verbreitet werden. Diese Annoncen-Expedition wird viel von Deutschen benutzt, um in holländischen Blättern zu inserieren. Es liegt im deutschen Interesse, daß dieses Bureau mit seiner deutschfeindlichen Richtung nicht durch deutsche Annoncen-Aufträge unterstützt wird.

(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)

 

Bonner Wehrbund. Am Sonntag Nachmittag findet ein Gepäcksübungsmarsch nach Witterschlick statt mit Entwicklungen gegen den markierten Feind. Jeder Teilnehmer hat eine Belastung von 14 Pfund auf den Rücken zu nehmen. Die verschiedenen Abteilungen vereinigen sich um drei Uhr nachmittags von der Endenicher Schule zu dieser Uebung.

„Die Geächteten“. Die Viktoria-Lichtspiele in der Gangolfstraße führen heute, morgen und übermorgen einen neuen großen historischen Film, der den Titel trägt: „Die Geächteten“. Es ist eine Filmbearbeitung des bekannten Romans von Walter Scott: Ivanhoe, eine ganz hervorragende, szenisch unübertroffene Leistung der Kinokunst.

Lichtbildervortrag. Heute abend, 8¼ hält Herr Gymnasialdirektor Dr.Genniges in dem Lichtbilder-Vortragszyklus der Ortsgruppe Bonn des Deutschen Wehrvereins in der Aula des Kgl. Gymnasiums Koblenzerstraße 51/53 einen Lichtbildervortrag über „Pompeji“. Der Reinertrag soll dem Roten Kreuz überwiesen werden.

 (Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)