Samstag, 23. Januar 1915

 

Anzeige im General-Anzeiger vom 23. Januar 1915Studentenversammlung. Dem Aufrufe des Hrn. Rektors der hies. Universität waren die meisten Studenten gefolgt. Das Auditorium XVIII war bis zum letzten Platz gefüllt. Die erschienen Herren Geheimrat Brinkmann, Prof. der Theologie Clemen und Sanitätsrat Dr. Gudden wurden von dem Vorsitzenden der Studentenschaft begrüßt. Dann wurde Herrn Geheimrat Brinkmann das Wort erteilt. Er führte folgendes aus: „Burschen heraus!“ heißt es im Studentenliede. Auch jetzt soll dieses Wort die Losung sein und zwar zum Eintritt in den Wehrbund. Gleich beim Beginn des Wintersemesters ist der Wehrbund gegründet worden. Viele Studenten sind eingetreten. Andere fehlen noch. Der Wehrbund hält seine Uebungen in der städtischen Turnhalle ab. Aber auch draußen werden Marsch- und Gefechtsübungen abgehalten. Andere Universitäten sind dem hiesigen Beispiele gefolgt, so Frankfurt und Münster. Herr Geheimrat Brinkmann schloß: Kommilitonen, treten Sie ein in den Wehrbund, es kommt dem Vaterland zugute. – Dann ergriff noch kurz Herr Sanitätsrat Dr. Gudden das Wort. Besonders seien Herz und Fuß zu pflegen. Das Herz sei häufig nicht trainiert. Das könne gut im Wehrbunde erzielt werden. Auch der Fuß müsse gepflegt werden durch Marschübungen. Am Schlusse dankte der Vorsitzende der Studentenschaft den Rednern, deren Ausführungen mit Beifall aufgenommen wurden.

Anzeige im General-Anzeiger vom 23. Januar 1915Vaterländische Volksfeier. Unser Kaiser hat zwar gebeten, in dieser ernsten Zeit von allen Festlichkeiten, wie sie sonst zu seinem Geburtstag üblich sind, abzusehen, aber so wenig man ein Gewitter verbieten kann, so wenig wird es das deutsche Volk sich nehmen lassen, gerade in diesem Jahre nach Formen zu suchen, durch die es der Würde der Zeit gemäß ihrer Liebe für den obersten Kriegsherrn an seinem Geburtstage Ausdruck geben kann. In Köln ist eine große Feier von der Stadt selbst im großen Saal des Gürzenich in Aussicht genommen. In Bonn hat der Vorstand des Bonner Wehrbundes es in die Hand genommen, am Abend des Kaisergeburtstages im Saal des Bonner Bürgervereins eine Vaterländische Volksfeier zu veranstalten. Zu diesem Abend hat die Bonner Liedertafel unter der bewährten Leitung des Herrn Musikdirektors Werth und Herr Landgerichtsrat Buecheler mit seinem Quartett seine Mitwirkung zugesagt. Herr Geheimrat Brinkmann, der sich in den Kreisen des Wehrbundes durch seine herzerfrischenden Erzählungen aus früheren deutschen Kriegen so zahlreiche Freunde gewonnen hat, wird auch an diesem Abend die Hauptansprache halten. Um den ausdrücklichen Wünschen des Kaisers Rechnung zu tragen, wird von einem Restaurationsbetrieb während der Veranstaltung abgesehen. Zum Besuch der Feier, zu der ein Eintrittsgeld nicht erhoben wird, ist jeder Bonner Bürger mit seiner Familie herzlich eingeladen.

Kriegshilfstag. Der Herr Oberpräsident der Rheinprovinz hat die Haus- und Straßensammlungen anläßlich der an Kaisers Geburtstag und dem darauf folgenden Tage stattfindenden Kriegshilfstage genehmigt. Damit steht der Veranstaltung nichts mehr im Wege und die Vorbereitungen dafür sind in vollem Gange. 17 Ausschüsse haben sich in den einzelnen Stadtbezirken und auch für die Vororte Dottendorf, Endenich, Dransdorf und Grau-Rheindorf gebildet und eine große Zahl von Helferinnen haben sich diesen Ausschüssen bereits zur Verfügung gestellt. Es steht daher zu erwarten, daß bei der bewährten Organisation das Ergebnis des Hilfstages ein recht gutes sein dürfte. Viele, die durch die gebotenen Umstände verhindert werden, an Kaisers Geburtstag zu feiern, werden gerne das sonst für diese Feier verausgabte Scherflein zum Besten der Kriegshilfe beitragen.

Sanitätshunde. Den Besuchern des Venusberges bietet sich täglich die Gelegenheit, die interessanten Uebungen mit den in der Ausbildung begriffenen Sanitätshunden zu beobachten. Wenn man die Führer mit ihren Hunden in Reih und Glied anmarschieren sieht, so freut sich jeder Tierfreund über die schönen Hunde, die für den edlen Zweck zur Verfügung gestellt sind. Die Hunde – deutsche Schäferhunde, Dobermänner und Rottweiler – gehen schon so erzogen neben ihren Führern her, als befänden sie sich seit Monaten in der Ausbildung und trotzdem bemühen sich die Führer erst seit 14 Tagen unter der Anleitung des Dressurleiters Herrn Joh. Hölzken, den Tieren die nötige Dressur beizubringen. Eine mühsame Tätigkeit, die an die Selbstbeherrschung, Geduld und Ausdauer der Führer die Anzeige im General-Anzeiger vom 23. Januar 1915größte Anforderung stellt. Gestern fand durch den Leiter der Meldestelle Herrn Polizei-Kommissar Flaccus die erste Besichtigung der Hunde in den Gehorsamkeitsübungen statt. Es war erstaunlich, wie weit einige Führer ihre Hunde in der kurzen Zeit ihrer Ausbildung schon gebracht hatten. Herr Polizeikommissar Flaccus ermahnte die Führer, Tag und Nacht mit den Hunden zu arbeiten, damit diese recht bald ins Feld geschickt werden könnten. Trotzdem 1400 Sanitätshunde bereits im Felde seien, fehlten noch 400, die baldmöglichst folgen sollten. Nach der Besichtigung fand eine größere Marschübung statt. Auf dem Rückweg durch die Stadt wurde die Kolonne von dem Publikum mit großem Interesse verfolgt. Es wäre sehr zu wünschen, daß der Sanitätshundssache auch in bezug auf Unterstützung, mehr Interesse entgegengebracht würde, denn wieviel Gutes diese Hunde im Felde bereits geleistet haben, besagen die vielen Berichte der Geretteten, die fast täglich in den Zeitungen bekannt werden.

(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)

 

Anzeige im General-Anzeiger vom 23. Januar 1915Universität. Angesichts der Kriegslage wird die Universität von einer größeren Kaisergeburtstagsfeier absehen und nur eine würdige, schlichte Feier in der Aula der Universität abhalten. Die Festrede hält Universitätsprofessor Dr. Ulrich Wilcken. Wegen Raummangels werden die Korporationen ersucht, sich je nur durch einen Chargierten mit der Fahne vertreten zu lassen. Die Feier findet statt am 27. Januar, mittags 11 ½ Uhr. Der sonst übliche Studentenkommers in der Stadthalle fällt in diesem Jahr aus.

Reichswollwoche. „Deutsche Frauen! Seht in euren Schränken nach, was ihr entbehren könnt, um es denen zu widmen, die mit ihrem Blut uns alle beschützen! Sammelt aus Schränken und Truhen, was ihr an Entbehrlichem findet und haltet es bereit, wenn unsere Helfer an eure Türe klopfen.“ So hieß es in einem Aufruf an unsere Mitbürger, und, um es vorweg zu nehmen, die Sammlung ist von bestem Erfolg begleitet Anzeige im General-Anzeiger vom 23. Januar 1915gewesen. Um die Frauen auch noch weiter an den Hilfstag zu erinnern, veranstalteten die jugendlichen Helfer – der Jugendverein an St. Marien und unsere Pfadfinder – am gestrigen Tage Umzüge mit Trommeln und Pfeifen durch die verschiedenen Stadtteile. Etwa 30 hübsch geschmückte Wagen und viele Fahrräder folgten dem „Musikkorps“. Auf diese Weise waren die Frauen auf das Kommen der Einsammlerinnen vorbereitet, und sie fanden denn auch in den meisten Fällen die Gaben zum Abholen bereit. Den ganzen Tag über wurde fleißig gearbeitet, und am Abend lagen ganze Berge Wollsachen an den einzelnen Sammelstellen aufgestapelt. Neben gebrauchten Kleidungsstücken wurde auch vieles Neue hergegeben. Eine Firma am Markt stiftete allein 100 Decken und eine andere an der Remigiusstraße 85 Stück. Auch Wollstoffe zum Anfertigen der sehr begehrten Decken wurden eingesammelt, außerdem Handtücher, Teppiche und Läufer in großer Menge. Natürlich läßt sich heute noch nicht übersehen, was alles für unsere braven Truppen eingekommen ist, und es wird noch manchen Tag dauern, ehe alle die Sachen gesichtet und geordnet sind.
   Am heutigen Samstag wird bekanntlich noch eine Nachlese gehalten, und diejenigen, welche am gestrigen Tage keine Gelegenheit hatten, ihr Scherflein beizutragen, können dies heute noch nachholen.

(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)

 

Anzeige in der Deutschen Reichs-Zeitung vom 23. Januar 1915Die große Wollsammlung in Bonn scheint nach dem Erfolg des gestrigen ersten Tages ein ungeahnt großartiges Ergebnis fördern zu wollen. Die jungen Damen, die das Sammeln übernommen haben, kamen fast aus keinem Hause mit leeren Händen, und die Pfadfinder und Mitglieder der katholischen Jugendvereine, die schon am frühen Morgen mit fröhlichem Trommelschlag und Pfeifenklang ihre schwarz-weiß-rot geschmückten Wagen und Karren durch die Straßen führten, lieferten immer neue Wagenladungen Kleider und Decken beim Freiwilligen Hilfsausschuß ab. Man hat wieder einmal den Beweis dafür erhalten, daß die Gebefreudigkeit der Bonner Bürgerschaft nicht erlahmt, solange unsere tapferen Krieger und unsere notleidenden Brüder in Ostpreußen und Elsaß-Lothringen ihrer Hilfe bedürfen. Die Organisationen, d ie diese Sammlung leiten, hatten dieses Mal besonders um wollene Decken und Stoffe gebeten, die sich leicht zu wollenen Decken verarbeiten lassen. Die Bitte ist nicht vergebens gewesen. Einige Sammlerinnen erzählten uns, daß sie in ihrem Bezirk eine Anzahl ganz neue Decken erhalten haben, die die Geber eigens für die Sammlung der „Reichs-Woll-Woche“ gekauft hatten. In einem Hause der Kölnstraße nahm eine Dame den prachtvollen Teppich ihres Salons und legte ihn auf das Liebesgabenwägelchen. Und aus vielen Häusern trugen die Sammlerinnen wahre Berge an Damen- und Herren-Bekleidungsstücken jeder Art, neugestrickte Socken, Kopfwärmer, Leibbinden; dazu auch neue Vorräte an Tabak und Zigarren, Pfeifen und Stöcke für die Verwundeten, auch Musikinstrumente fehlten nicht.
   Heute ist der letzte Sammeltag. Wir brauchen nicht noch einmal an die offene Hand der Bonner zu appellieren. Jeder gibt, was er entbehren kann, und jeder gibt es freudig und gerne; denn es sit ja für die große Sache unseres Vaterlandes.

Von der Vaterlandsliebe unserer Volksschüler. Die Schüler und Schülerinnen der Remigiusschule sammelten in acht Tagen 585 Pfund Metalle für die Kriegshilfe.

(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)