Freitag, 29. Dezember 1916

    

Neubau der Universitätsbibliothek. Dank einer im Hinblick auf das bevorstehende Universitätsjubiläum erfolgten hochherzigen Schenkung eines Ehepaares, das vorläufig nicht genannt werden will, ist gestern das rund 4500 Quadratmeter umfassende Besitztum der Erben Weyersberg in Bonn, Poppelsdorfer Allee 25 (neben dem Bürgerverein) um den Preis von 270.000 Mark an die Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität übergegangen. Sobald die Zeitverhältnisse es gestatten, soll darauf eine neue Universitätsbibliothek errichtet werden, da die Räume der alten, am Coblenzer Tor gelegenen infolge des großen Aufschwungs, den Universität und Bibliothek genommen haben, völlig unzureichend geworden sind.

Für die Kriegswitwen und –Waisen veranstalteten die hiesigen Vaterländischen Vereinigungen gestern nachmittag eine würdige Weihnachtsfeier in der Turnhalle des städtischen Lyzeums. Damen und Herren des Freiwilligen Hilfsausschusses für Truppen hatten dazu die Turnhalle mit mehreren Christbäumen und Tannengrün festlich geschmückt und auch an der Herrichtung des Gabentisches fleißig gearbeitet. Nach einem gemeinsam gesungenen Liede hielt Herr Dr. Krantz eine kurze Ansprache. Bei aller Würdigung der Trauer, die der Krieg in fast alle Familien getragen habe, sei die gegenwärtige Zeit doch keine Zeit des Duldens und Klagens, sondern eine Zeit des Schaffens und Arbeitens. Wir müssen der Trauer Herr werden und an die Zukunft unserer Kinder und Kindeskinder denken. Wie wir zuversichtlich auf den Sieg im Felde hoffen, so müßten wir auch daheim durchhalten und es hinausschreiben in Feld, daß wir freudig uns allen Entbehrungen fügen. Die Frauen sollten ihre Kinder zu tüchtigen deutschen Jungen und Mädchen erziehen, die Kinder aber sollten ihren Müttern dankbar sein und eingedenk der ernsten Zeit ihre jungen Kräfte regen, damit dereinst das Vaterland sich auch auf sie verlassen könne in Not und Gefahr. Alsdann spendeten Schwester Frl. Sauer und Frau Gentrup mehrere prächtige Lieder, bei denen sie von Herrn Kapellmeister Sauer am Harmonium begleitet wurden. Der Aufforderungen an die Kinder, Gedichte vorzutragen, folgte eine ganze Anzahl, und selbst ganz Kleine sagten ihre Verslein furchtlos und verständig auf. Bei der nun folgenden Bescherung wurden 173 Witwen mit Kleidungs- und Gebrauchsstücken im Werte von durchschnittlich 14 bis 15 Mark und 450 Kinder mit Kleidungsstücken oder Schuhen, Süßigkeiten und Spielzeug im durchschnittlichen Werte von etwa 10 Mark bedacht. An der Feier nahmen u. a. auch Oberbürgermeister Spiritus und mehrere Stadtverordnete sowie Geistliche beider Konfessionen teil.

(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)

    

Eine Weihnachtsfeier fand am 1. Weihnachtstage im Soldatenheim des Gesellenhauses statt. Der Leiter der Feier, Herr Klutmann, hatte es ausgezeichnet verstanden, eine schöne und abwechslungsvolle Vortragsreihe zusammen zu stellen. Musik- und Gesangvorträge, von Kindern vorgetragene Gedichte, lebende Bilder sowie ein Weihnachtsspiel „Frau Holle“ ließen die zahlreich erschienenen Feldgrauen für einige Zeit das rauhe Kriegshandwerk vergessen. Kaplan Rütters hatte für die Weihnachtsansprache die Friedensbestrebungen als Thema gewählt. Er sprach vom Frieden, vom wahren Völkerfrieden, den wir alle erhofften, wobei aber die notwendigen Garantien für die zukünftige Sicherheit unseres Vaterlandes gegeben werden müssen, und vom Herzensfrieden, den die Weihnachtsbotschaft uns verkündet und der uns alles, auch das Schwerste, leicht macht. Pfarrer Weber betonte in einer Ansprache vor allem die Pflicht des Durchhaltens, wozu die Religion erst die nötige Kraft gebe.

(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)

    

Ein Austausch von Neujahrswünschen. Es wird nochmals darauf hingewiesen, daß in der Zeit vom 29. Dezember bis einschließlich 2. Januar keine nicht amtlichen Briefsendungen über 50 Gr. nach dem Felde (Päckchen) angenommen werden. Im weiteren ist es mit Rücksicht auf die glatte Abwicklung des wichtigen Nachrichtenverkehrs nach dem Felde unbedingt erforderlich, daß der Austausch von Neujahrsglückwünschen zwischen der Heimat und dem Heer unterbleibt. Die Bevölkerung wird daher dringend gebeten, zum bevorstehenden Jahreswechsel von der Versendung solcher Glückwünsche an Angehörige, gute Freunde und Bekannte im Felde Abstand zu nehmen.

Keine unnötige Unruhe. Es wird geschrieben: Ueber den vaterländischen Hilfsdienst und seine Durchführung werden immer noch die merkwürdigsten Vorstellungen und Gerüchte verbreitet – von Leuten nämlich, die das Gesetz im Wortlaut nie gelesen haben. Leider finden solche Schwätzer vielfach Glauben und es entsteht unnötige Unruhe, ja – man sollte es nicht glauben, aber es ist so – manches Geschäft wurde schon deshalb billig verkauft, manch lieb gewordener Beruf unnötigerweise gewechselt. Deshalb sei es nochmals gesagt: Es ist nicht so, daß irgend eine volksfremde Behörde einen friedlichen Bürger, gleich ob er Gewerbetreibender, Arbeiter usw. ist, urplötzlich mit brutaler Gewalt beim Kragen faßt, um ihn in irgendeine Kriegsindustrie zu stecken, ohne Rücksicht auf Alter, Gesundheit, bisherige Tätigkeit usw. Das Gesetz will überhaupt solange als nur möglich den Zwang vermeiden. Alle persönlichen Verhältnisse werden nach Billigkeit berücksichtigt.

Kartoffelversorgung. Vom 1. Januar 1917 ab werden bis auf weiteres an jeden Berechtigten 4 Pfund Kartoffeln für den Kopf und die Woche ausgegeben. Schwerarbeiter erhalten auf die Kartoffelzusatzkarte weitere 3 Pfund Kartoffeln. Als Zusatz zu den Kartoffeln werden außerdem 6 Pfd. Steckrüben für den Kopf und die Woche auf Warenkarte Nr. 154 in allen Verkaufsstellen abgegeben. Schwerarbeiter erhalten außerdem auf die Zusatzwarenkarte Nr. 3 weitere 2 Pfund Steckrüben. Der Preis für Kartoffeln und Steckrüben beträgt 5,50 für den Zentner.

(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)