Samstag, 28. Oktober 1916

     

Das Palasttheater hat in dieser Woche die „Fledermaus“ aufs Programm gesetzt. Nur wenige Kleinbühnen dürften das Wagnis unternehmen, mit so geringen Mitteln diese reizendste Straußoperette aufzuführen. Dennoch ging die Vorstellung recht flott und temperamentvoll vor sich und fand ein dankbares Publikum, das der frischen Adele, die Paula Franke, und dem schwerenöterischen Gabriel von Eisenstein, den Ludwig Braun innehatte, sogar Blumengaben zollte. [...]

(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)

     

Anzeige im General-Anzeiger vom 28. Oktober 1916Zwei Kaninchen-Diebe, sowie ein Mädchen, das bei den Diebstählen Schmiere gestanden hatte, wurde gestern von der Kriminal-Polizei festgenommen und dem Gericht zugeführt. Bis jetzt konnten den Dreien mehrere Diebstähle nachgewiesen werden. Die gestohlenen Kaninchen wurden in der Wohnung des Mädchens zubereitet und verspeist. In Ermangelung von Fett begnügte man sich mit Suppenwürfeln. Unter den Festgenommenen befindet sich auch ein einbeiniger Kriegsinvalide, der trotz dieses Fehlers mit großer Geschicklichkeit über die Einfriedungen hinwegsetzte und die Diebstähle ausführte.

Holländisches Speisefett“. Die Strafkammer hatte bekanntlich in der vorigen Woche 27 Personen, die wegen Verkaufs von holländischem Speisefett unter Anklage gestellt waren, freigesprochen. Die Staatsanwaltschaft hat nunmehr gegen 23 freisprechende Urteile Revision beim Reichsgericht eingelegt. Die übrigen vier sind rechtskräftig geworden.

(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)

Beuel, 27. Okt. Vor einigen Nächten sind Diebe in das Lebensmittellager in der kath. Mädchenschule eingedrungen und haben Eßwaren im Werte von etwa 100 Mark entwendet.

Grau-Rheindorf, 26. Okt. Einem hiesigen Landwirte wurde gestern über Mittag die mit Weizen vollgefüllte Sämaschine, die auf dem zu bestellenden Felde zurückgelassen worden war, fast vollständig entleert. Die gestohlene Menge Saatgut wird auf etwa 50 Pfund von dem betreffenden Bauersmann angegeben.

(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Von Nah und Fern.“)

    

Eine schwere Strafe wegen Uebertretung der Bundesratsverordnungen verhängte die Strafkammer gegen die Frau eines Bäckermeisters aus Bonn. Die Frau ist wegen derartiger Uebertretungen bereits sechsmal vorbestraft. Bei einer Revision waren in der Bäckerei verschiedene Brote gefunden worden, die bis zu 80 Gramm zu leicht waren. Der Revisor bekundete, dies habe nur daran gelegen, weil zu wenig Teig für die Brote genommen worden sie in der Absicht zu verschleiern. Der Staatsanwalt beantragte eine Geldstrafe von 1000 Mark, da es sich hier um ein typisches Beispiel von Gewinnsucht handele. Der Verteidiger griff besonders diese Aeußerung des Staatsanwaltes und die Ansicht des als Sachverständigen vernommenen städtischen Revisors scharf an. Die Sachverständigenkenntnis des Revisors wurde von dem Verteidiger mit dem Hinweis auf die Unzufriedenheit der Bäcker mit dem Revisor entschieden in Zweifel gestellt. Das Gericht kam zu der Ansicht, daß die Angeklagte zu bestrafen sei und erkannte auf eine Geldstrafe von 500 Mark.

(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)