Freitag, 20. Oktober 1916

      

Goldankaufstelle Bonn-Stadt. Man schreibt uns: Das deutsche Volk hat seit Beginn des Krieges in erfreulichem Verständnis für die Notwendigkeit der dauernden Verstärkung des Goldschatzes der Reichsbank in unermüdlichem Eifer ohne jeden äußeren Zwang der Reichsbank direkt oder indirekt viele hunderte Millionen in Goldmünzen zugeführt. Wenn unsere Feinde die Hoffnung, uns militärisch niederzuringen, längst aufgegeben haben, wenn alle Versuche, unsere eiserne Wehr zu durchbrechen, scheitern, eine Hoffnung erfüllt sie noch immer: daß unsere wirtschaftliche Kraft erlahme und daß sie uns dann einen Frieden nach ihrem Gefallen aufzwingen können. Unsere Feinde rechnen darauf, daß der immerwährende Rückstrom von Goldmünzen zur Reichsbank endlich aufhöre und die Reichsbank dadurch vor die Notwendigkeit gestellt wird, zur Bezahlung von Lebensmitteln im Ausland ihre Goldbestände anzugreifen und allmählich aufzuzehren. Alsdann würde die deutsche Volkswirtschaft von selbst zusammenbrechen. Da müssen weitere Quellen zur Verstärkung des Goldschatzes der Reichsbank erschlossen werden. Hierzu soll uns der Ankauf von Goldschmuck im ganzen deutschen Vaterlande helfen. Es ist eine selbstverständliche Pflicht gegen unsere Helden draußen, daß wir daheim kein Opfer scheuen, um zu dem Siege mitzuhelfen. Wer es ernst meint mit unserem Volk und die Vaterlandsliebe nicht nur im Munde führt, der zögere nicht, seine Goldsachen sofort der hiesigen Goldankaufstelle zu überlassen. Bisher sind gegen bare Bezahlung des Goldwertes ungefähr 50.000 Mark abgeliefert worden. Größer und größer wird der Kreis derjenigen Mitbürger, die ihren pflichtschuldigen Besuch bei uns abstatteten. Aber es fehlt noch mancher. Sicher nicht aus Absicht, denn es gibt in Bonn wohl niemand, der sich nicht den Erfordernissen der Zeit bewußt und danach zu handeln bereit wäre. Aber aus Gleichgültigkeit ist mancher noch nicht erschienen. Ein großer Teil unserer Mitbürger weiß noch nicht, daß es hier eine Goldankaufstelle gibt, oder sie sind nicht von dem Zweck und der Wichtigkeit unterrichtet, Wie aber draußen einer den anderen anfeuert, so soll es auch zu Hause sein; deshalb ergeht an alle diejenigen, die bereits ihren Goldbesitz an de Goldankaufstelle abgegeben haben, die herzliche Bitte, alle noch fernstehenden auf die große Wichtigkeit der Goldbeschaffung hinzuweisen und zu sorgen, daß auch sie ihre Pflicht ungesäumt erfüllen.
Alles Gold dem Vaterlande!
Eine eiserne Zeit braucht keinen goldenen Schmuck!

Vorsicht bei Gesprächen. Es kann nicht nachdrücklich genug zur Vorsicht bei Gesprächen gemahnt werden. Trotz der vielfachen Hinweise in der Presse, trotz aller Anschläge werden immer noch unvorsichtige Gespräche in Eisenbahnwagen, in Gasthöfen, Wirtschaften und auf der Straße geführt. Eine ganz besondere Verantwortung nehmen die in Auslande reisenden Deutschen auf sich, da dort naturgemäß die Gefahr, daß unüberlegte Aeußerungen von feindlichen Agenten erlauscht und verwertet werden, viel größer ist als in der Heimat. In erster Linie ist Zurückhaltung bei Erörterung militärischer Dinge unbedingt zu fordern, aber auch bei Gesprächen über wirtschaftliche Angelegenheiten ist Vorsicht geboten; jedenfalls sind alle Aeußerungen zu vermeiden, welche Uebertreibungen enthalten oder zu falschen Vorstellungen führen könnten.

(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)

    

Wegen Verkaufs von holländischem Speisefett standen gestern 27 Angeklagte aus Bonn und aus der Oberbürgermeisterei Oberkassel vor der Strafkammer. Es handelt sich meistens um Kleinhändler. U. a. befanden sich ein Großhändler aus Bonn und ein Reisender unter den Angeklagten. Sie sagten, sie hätten Speisefett gekauft und verkauft, während die Anklage dahin geht, daß sie Butter verkauft und dabei die Höchstpreise übertreten, sowie die Verordnung über die Butterkarten nicht beachtet hätten. Nach der Untersuchung des Herrn Professors Kippenberger handelt es sich um Süßrahmbutter. Die Angeklagten beriefen sich auf ein Schreiben des Beigeordneten Piehl, das am 8. Mai im General-Anzeiger veröffentlicht wurde und worin es u. a, heißt: „Bei der großen Knappheit in Butter und Speisefetten ist jedes Heranschaffen solcher Waren durch die hiesigen Gewerbetreibenden nur lebhaft zu begrüßen. Heute ist ein derartiger Einkauf nur mit großen Schwierigkeiten verbunden. Das muß der Käufer auch bedenken. Andererseits ist es vaterländische Pflicht jedes Bürgers, alle Mißstände in den Gewerbebetrieben in behördlichen Stellen zur Anzeige zu bringen.“ Einer der Verteidiger, Justizrat Dr. Schumacher II, führte aus, er verstehe nicht, wie man die Leute, die im Vertrauen auf die Erklärung des Beigeordneten Piehl Speisefett eingeführt hätten, bestrafen wolle. Heute sei es noch überall zu 6,70 Mk. pro Pfund zu haben. Nach Siegburg werde es in Wagen mit der Bezeichnung „Munition“ eingeführt. Die Strafkammer erkannte nach kurzer Beratung auf Freisprechung. Ob das, was die Angeklagten verkauft hätten, wirklich Butter oder Speisefett gewesen sei, sei gleichgültig. Sie müßten straffrei bleiben mit Rücksicht auf die Erklärung des Beigeordneten Piehl im General-Anzeiger. Am nächsten Donnerstag wird sich wiederum eine große Anzahl Verkäufer holländischen Speisefetts, darunter auch die Lieferanten von auswärts, vor der Strafkammer zu verantworten haben.

(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)

     

Universitäts-Kriegsküche. Durch Anschlag am Schwarzen Brett macht der Rektor heute Folgendes bekannt: Die Stadt Bonn wird in den Räumen unterhalb dem Auditorium XVIII – Eingang am Hof gegenüber dem A. Schaffhausen’schen Bankverein – für die Angehörigen der Universität eine Kriegsküche einrichten, die Anfang November in Betrieb genommen werden soll. Neben der Küche wird ein Raum eingerichtet werden, in dem das Mittagessen eingenommen werden kann. Das Essgeschirr stellt die Stadt. Bis die Küche fertig gestellt ist, bitte ich die Angehörigen der Universität, sich in den schon bestehenden Kriegs-Küchen – Sandkaule, Poppelsdorf, Kessenich, Ellerstraße –anzumelden.

(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)