Donnerstag, 21. September 1916

     

Anzeige im General-Anzeiger vom 21. September 1916Turnen in Schule und Heer. Wenn wir in der heutigen eisernen Zeit häufig auf die Tatsache stoßen, daß der Krieg neue Werte im Volksleben hervorgebracht hat, so steht auch andererseits fest, daß sich Unwertungen mit voller Gewalt Bahn gebrochen haben und sich alte hohe Werte im goldenen Glanze unübertroffener Wirksamkeit zeigten. Die gilt in allererster Linie von der deutschen Turnerei. In Jugendwehren und Jugendkompanien wird die für die Fortbildung zum Heeresdienst schlecht angebrachte Soldatenspielerei von den maßgebenden Kriegsministerien mit allem Nachdruck bekämpft und das Wehrturnen in Geräte- und volkstümlichen Uebungen in den Vordergrund gerückt. Auch in Schule und Heer soll die im Laufe des Feldzuges im hohen Maße erzielte Wertschätzung der deutschen Turnerei zum Wohle des gesamten Volkstums nutzbar gemacht werden. So hat der Kultusminister in seiner neuen Verfügung verordnet, daß die Schüler der höheren Lehranstalten, welche die Seeoffizierlaufbahn einzuschlagen beabsichtigen, rechtzeitig darauf aufmerksam zu machen sind, daß sie sich nicht nur einer Eintrittsprüfung in Mathematik, Physik, Englisch, Französisch und Zeichnen zu unterziehen, sondern auch den Nachweis turnerischer Ausbildung zu erbringen haben. Es wird weiter gesagt, daß es nicht zu empfehlen sei, Schüler, weil sie an den Uebungen der Jugendwehr teilnehmen, vom Turnen in der Schule zu befreien, es sei denn, daß diese Uebungen sich nicht auf Geländeübungen und Uebungsmärsche beschränken, sondern auch Turnübungen einbegreifen. In den höheren Schulen sei in den letzten Jahren mehrfach statt des Turnens das Spiel und der Sport in den Vordergrund getreten. Eine Folge davon sei es gewesen, daß es beim Eintritt in den Heeresdienst vielen zwar nicht an körperlicher Gewandtheit, wohl aber an dem Maße von Muskelkraft gefehlt habe, das nicht nur für den Seesoldaten, sondern auch für das Landheer unbedingt erforderlich sei. Im Einvernehmen mit dem Turnlehrer sind die Direktoren der höheren Lehranstalten gehalten, das Erforderliche zu unternehmen.

Zwetschen. Das städtische Lebensmittelamt teilt mit, daß die Zwetschen-Lieferungen infolge der Beschlagnahme eingestellt werden mußten, da keine Zufuhren mehr stattgefunden haben. Sollten weitere Sendungen eintreffen, so wird dies bekannt gegeben.

(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)

    

Versorgung mit Marmelade. Man schreibt uns: Die in der letzten Zeit an vielen Orten hervortretende Knappheit an Marmelade dürfte in naher Zeit gehoben sein. Unter Aufsicht der Kriegsgesellschaft für Obstkonserven und Marmeladen beginnen jetzt die deutschen Fabriken für Obstdauerware mit der Herstellung von Marmeladen und Obstkonserven. Es werden mithin demnächst die Marmeladen aus der neuen Obsternte im Kleinhandel zu beziehen sein.

(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)

    

Die rauchigen Nichtraucherabteile. In letzter Zeit wird bei den Eisenbahndirektionen wiederholt lebhaft Klage geführt, daß in den Nichtraucherabteilen gerauchtund vom Zugpersonal hiergegen nicht eingeschritten wird. Nach wiederholt eingegangenen Verfügungen sind die Fahrpersonale strengstens angewiesen worden, darauf zu halten, daß die Nichtraucherabteile vom rauchenden Reisenden unter keinen Umständen benützt werden. Reisende, die gegen das Rauchverbot verstoßen, sollen unnachsichtlich zur Anzeige gebracht werden.

Im Metropoltheater wird in dieser Woche das prachtvolle Filmwerk „Ernst ist das Leben und heiter die Kunst“ gegeben. Das Werk hat eine äußerst gespannte Handlung, ist auf das beste ausgestattet und zeigt auch in schauspielerischer Hinsicht eine seltene vollendete Kunst. Es bannt mit großem Geschick die Aufmerksamkeit der Besucher und befriedigt ihn sehr. Daneben sorgen einige heitere Stücke für gute Abwechselung und das Neueste vom Krieg im Bild findet auch volle Anerkennung, sodaß die Leitung mit der Spielfolge eine sehr gute Auswahl bietet.

Verwundetenfürsorge. Man schreibt uns: Im Laufe des Weltkrieges hat es sich, wie überhaupt im ganzen deutschen Vaterlande, so ganz besonders bei uns hier am Rhein zu einer schönen Sitte und Gewohnheit herausgebildet, sowohl unseren frisch ausgebildeten Soldaten, ehe sie ins Feld rücken, den deutschen Rhein mit all seinen unvergleichlichen Schönheiten zu zeigen, als auch unsere Verwundeten in die herrlichen Berge an den Ufern des deutschesten aller Ströme, für den sie geblutet und gelitten haben, zu führen. Wir sind fest davon überzeugt, daß unsere braven Feldgrauen sich noch in späten Friedensjahren mit dankbarer Freude an die schönen Ausflüge und Dampferfahrten erinnern werden, die ihnen durch den Opfersinn rheinischer Patrioten ermöglicht wurden, und daß unsere wackeren Verwundeten, die aus allen Gauen aus Alldeutschland zu uns hier an den Rhein kommen und hier rheinische Gastfreundschaft und Gemütlichkeit kennen und schätzen gelernt haben, in der Heimat gerne und immer wieder vom deutschen Rhein und rheinischem Leben erzählen werden. Wie so oft auf meinen Wanderungen begegneten mir noch in den ersten Septembertagen verschiedene Lazarette aus Köln, Bonn und anderen rheinischen Orten, die vom Siebengebirge kamen, per Schiff oder per Eisenbahn, mit frischem Mut voll neuer Eindrücke zu ihren Lazaretten heimkehrten. Die allbekannten und noch immer gern gehörten Soldaten- und Volkslieder singend und – wenn sie von der Rheininsel Grafenwerth, wohl unstreitig einem der beliebtesten Ziele solcher Ausflüge, kommen, mit Blumen im Knopfloch, und die sorgenden Schwestern mit Blumensträußen in der Hand – so kehren unsere Feldgrauen zu ihren Lazaretten zurück. Stets beseelt mich beim Anblick dieser wackeren Scharen der lebhafte Wunsch, daß sich noch oft und zahlreich rheinische Patrioten finden möchten, um auch im Herbst, der ebenfalls seine eigenen Reize hat, solche Ausflüge zu ermöglichen, die doch unstreitig neu belebend und erfrischend auf das Gemüt unserer Feldgrauen wirken, denen wir Daheimgebliebenen so unendlich viel zu danken haben.

(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)