Freitag, 4. August 1916

      

Kirchliche Gedenkfeier. Am Sonntag, 6. August, wird nach einer Verfügung des Evangelischen Oberkirchenrats in allen evangelischen Kirchen der Wiederkehr der Tage, in denen vor zwei Jahren der Krieg über uns hereinbrach, gedacht werden. Rückwärts und vorwärts und aufwärts werden die Gedanken in diesen gottesdienstlichen Gemeindefeiern gelenkt werden. Wer lebt unter uns, den die Erinnerung in diesen Tagen nicht rückwärts trägt zu jenen Tagen wunderbarer vaterländischer Begeisterung am Anfange des Krieges, rückwärts zu den vielen wunderbaren Bewahrungen des Vaterlandes während der verflossenen zwei Kriegsjahre! Aber zugleich geht vorwärts und aufwärts der Blick, und die Herzen geloben, fest zu stehen in wankellosem Vertrauen und opferwilliger Bruderliebe bis zum endlichen Siege.

(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)

      

Die Chronik der Universität, herausgegeben vom zeitigen Herrn Geh.- Rat Rektor Anschütz für das Rechnungsjahr 1915, ist soeben erschienen. Sie sagt, daß der Betrieb der Universität in ungestörtem Gange geblieben sei. In manchen Vorlesungen überwogen die Studentinnen bei weitem und trugen so ihr Teil dazu bei, daß der akademische Unterricht allseitig aufrecht erhalten werden konnte. [...]
   Der am Hof gelegene Gebäudeteil der Universität war schon vor Ausbruch des Krieges größtenteils geräumt worden, da dort der kurz vor Kriegsbeginn genehmigte Erweiterungsbau in Angriff genommen werden sollte. Mit Zustimmung des Ministers fanden dort städtische Einrichtungen Unterkunft, die die Versorgung der Bürgerschaft mit Nahrungsmitteln bezwecken.
   Die Zahl der in das Heer eingereihten Studenten hat sich bis zum Schluß des Wintersemesters 1915-16 auf 3316=82 Prozent von 4061 hier immatrikulierten Studierenden erhöht. Es waren darunter 86 Prozent evangel. Theologen, 82 Prozent katholische Theologen, 80 Prozent Juristen, 86 Prozent Mediziner und 79 Prozent Philosophen. Außerdem sind im Verlauf der 20 Kriegsmonate über 100 Dozenten, Assistenten und über 23 Beamte der Universität, sowie über 20 Dozenten und Assistenten und über 10 Beamte der Landwirtschaftlichen Akademie dem Heere oder dem Sanitätsdienst eingegliedert worden. Die noch hier verbliebenen Studierenden zeichnete ein rühmlicher, zielbewußter Fleiß aus. Die Zahl der gefallenen Kommilitonen beträgt 257, darunter 34 Studierende der Landwirtschaftlichen Akademie Bonn-Poppelsdorf. [...]
   Mit dem Um- und Erweiterungsbau des Universitäts-Hauptgebäudes ist wegen des Krieges noch nicht begonnen worden. [...]

Arndt-Eiche. Das Lyzeum Drammer nagelte gestern zum zweiten Mal an der Arndt-Eiche. Am Anfang dieses Jahres wurde in der Schule damit begonnen, ein „Eisernes Kreuz“ mit Silber und Eisen zu beschlagen. Die Kinder kamen freudig und brachten gern ihre Spargroschen, um silberne und eiserne Nägel einschlagen zu können. So brachten die Schülerinnen in ihrem Gebeeifer bald recht viel zusammen, daß aus einem Teilerlös des Kreuzes die erste feierliche Nagelung an der Arndt-Eiche am 1. April d. Js. erfolgen konnte. Es wurde ein Feld im Flügel des Adlers genagelt. Und gestern sahen wir die Schülerinnen des Lyzeums zum zweiten Mal festlich gekleidet zur Arndt-Eiche gehen. Heute steht das „Eiserne Kreuz“ fertig genagelt, und der Erlös gab noch zwei goldene Nägel, die jetzt in das Holz der Arndt-Eiche eingeschlagen wurden. Für ewige Zeiten ist dies ein neuer Beweis, wie die treudeutschen Kinder nicht nur mit dem Herz, nein, auch mit der Tat dem Vaterlande das gaben, was sie geben konnten. Und so lange das Lyzeum bestehen wird, zeugt vom deutschen Kindersinn das benagelte „Eiserne Kreuz“, welches immer in der Schule bleiben wird: den Kindern stets ein Erinnern an Deutschlands schwere Zeit.

(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)

Beuel, 3. Aug. Die Zunahme der Kartoffel- und Gemüseanfuhr hat auch in unserer Gemeinde bewirkt, daß die Volksküchen wenig und zum Teil gar keinen Zuspruch mehr haben. – In Schwarz-Rheindorf wurden einer armen Witwe vor einigen Tagen nachts eine prächtige Henne mit einer Anzahl Küchlein gestohlen und an Ort und Stelle abgeschlachtet. Die Diebe haben nur die Köpfe zurückgelassen.

(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Von Nah und Fern.“)

   

Kriegsküche in Kessenich. Der Leiter dieser Küche bittet uns, mitzuteilen: Die Nachfrage nach Mittagessen aus der neureröffneten Kriegsküche zu Kessenich ist so gewachsen, daß nicht annähernd alle Tagesgäste, die erst nach Versorgung der Wochenkarteninhaber, wenn noch Essen übrig ist, an die Reihe kommen, auf ein Essen rechnen können. Diese unständigen Besucher mögen sich doch klar machen, daß nur derjenige sein Mittagessen pünktlich erhält, der sich eine Wochenkarte gelöst hat. Denn nur hierdurch ist es den Kriegsküchen möglich, für eine bestimmte Zahl Personen Mittagessen zu kochen. Immerhin können einige Mittagessen mehr gekocht werden, aber nicht hunderte, die unter Umständen übrig bleiben und dann verderben könnten. Also löse jeder vorher seine Wochenkarte, die schon von Freitag ab, von 11 bis 12 Uhr, für die kommende Woche zu kaufen sind und pünktlich wird er sein Essen erhalten, ohne sich vor- oder nachher drängen zu müssen.

(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)