Mittwoch, 5. Juli 1916

    

Anzeige im General-Anzeiger vom 5. Juli 1916Die bevorstehende allgemeine Bestandsaufnahme. Die Beratungen über eine allgemeine Bestandsaufnahme, die einige Mitglieder des Beirats des Kriegsernährungsamtes mit Vertretern der großen Kommunen und Verbrauchergruppen sowie Fachstatistikern dieser Tage im Kriegsernährungsamt gehabt haben, führten zu folgenden Ergebnissen: Die Erhebung soll sich erstrecken auf Fleisch, Fleischwaren, Fleischkonserven und gemischte Konserven, ferner auf Eier. Allgemein war man der Ansicht, daß in Privathaushalten nur die besonders wichtigen Nahrungsmittel zu erfassen seien, in der Gewerbe- und Handelsbetrieben, in den Kommunen, Einkaufs- und Kriegsgesellschaften aber eine möglichst eingehende Aufnahme der einzelnen Lebensmittel erfolgen soll. Ueber die Frage, ob gewisse Mindestmengen allgemein oder nur im Privathaushalt von der Meldepflicht befreit bleiben sollten, kam die Mehrheit zu der Ansicht, daß, wenn überhaupt eine Bestandsaufnahme erfolge, sie jede Menge von Vorräten erfassen müßte, um sonst leicht entstehende Fehlerquellen zu vermeiden und ein genaues, statistisch brauchbares Material zu beschaffen. Bezüglich des Zeitpunktes der Erhebung entschied man sich für Ende August – Anfang September, da zu dieser Zeit ohnehin eine landwirtschaftliche Erhebung vorgesehen ist. Natürlich ist nicht beabsichtigt – und das kann zur Beruhigung der Vorratbesitzer gesagt werden -, die Vorräte zu beschlagnahmen, höchstens wird man da, wo in sinnloser Weise und zu gewinnsüchtigen Zwecken gehamstert worden ist, oder Vorräte leicht verderblicher Waren gestapelt sind, die Vorräte in gewissem Umfang der Allgemeinheit zur Verfügung stellen. Dagegen wird man wohl bei der in Aussicht genommenen Verteilung neuer Vorräte den Haushaltungen ihre Vorratsmengen in Anrechnung bringen müssen. Es wird bei der Bestandsaufnahme vorgesorgt werden, daß jeder die Vorratsmengen, die er nicht braucht oder die verderben könnten, dem Kommunalverband in bestimmten Teilmengen, die er selbst festsetzen kann, abliefert und sie so der Allgemeinheit nutzbar macht. Die Beratungen und ihr Ergebnis dienen als Grundlage für die späteren endgültigen Beratungen und Entscheidungen des Vorstandes des Kriegsernährungsamtes.

(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)

    

Der Ordensschwindler aus Siegburg wurde hier von der Polizei in der Uniform eines Feldwebels festgenommen. Er trug das Eiserne Kreuz Erster und Zweiter Klasse, den türkischen Halbmond sowie verschiedene hohe Kriegsauszeichnungen. Der Verhaftete war Anfang des Krieges als Freiwilliger eingetreten und hatte sich in verschiedenen Lazaretten aufgehalten. Er gestand zu, daß er die Auszeichnungen gekauft habe, u. a. den türkischen Halbmond für 27 Mark. Da sich Anzeichen ergaben, daß der Verhaftete für seine Taten nicht zurechnungsfähig ist, wurde er vom Gericht wieder auf freien Fuß gesetzt.

Für Eifelwanderer. Das stellvertretende Generalkommando des 8. Armeekorps hat den Vertrieb des vom Eifelverein herausgegebenen Verzeichnisses der Sommerfrischen und der Kur- und Badeorte in der Eifel, ferner des Vulkanwegführers Andernach-Gerolstein und 180 Tageswanderungen freigegeben.

Mangel an Gemüsesetzlingen. Zum ersten Male haben in diesem Jahr Großgrundbesitzer im Landkreise Bonn mit rheinischen Sauerkraut- und Konservenfabriken Abschlüsse auf die Lieferung von Weiß- und Rotkohl, Wirsing und Blumenkohl und Blattgemüse gemacht. Für Weißkraut sollen bei erstklassiger Ware 3 bis 3,50 M., für Rotkraut 4 M. pro Zentner, für die übrigen Gemüsearten entsprechend höhere Preise bezahlt werden. Auch für die Lieferung von Möhren und Erdkohlrabien wurden schon zeitig im Frühjahr Preise vereinbart. Da zur Kohlpflanzung etwa 8000 Setzlinge für einen preußischen Morgen erforderlich sind, so kamen viele Züchter zur jetzigen Pflanzzeit in Verlegenheit. Es fehlte fast überall an den nötigen Setzlingen und wiewohl man schon 1,50 M. für 100 Stück zahlte, weiß man sie nicht in der erforderlichen Zahl herbeizuschaffen, sodaß ein Teil für die Kohlpflanzung bestimmten Flächen anderweitig bestellt werden muß. Einzelne Gutsbesitzer haben sich verpflichtet, acht bis zehn Morgen Kohl zu bauen.

(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)

      

Zwei weitere Kriegsküchen, eine in der Eintracht, und die zweite in dem Gasthaus Vianden in Poppelsdorf wurden gestern vormittag eröffnet. Wir hatten Gelegenheit, die Küche in der Eintracht in Augenschein zu nehmen. Die Einrichtung ist aufs praktischte durchgeführt. Der Küchenraum selbst ist sehr geräumig, äußerst sauber, luftig und hell. Es stehen vier große Kochkessel für je 500 Portionen bereit. Der Eingang sowie der Ausgang sind so eingerichtet, daß kaum ein größerer Andrang zu befürchten ist. Am heutigen Eröffnungstage war die Küche noch nicht so überaus stark in Anspruch genommen worden, da aber in der Küche in der Ellerstraße mehr Anmeldungen vorlagen als Portionen hergestellt werden konnten, wurde ein Teil der Gäste von dort der Küche in der Eintracht überwiesen. Das heutige Gericht, Weiße Bohnensuppe, war sehr gut zubereitet und mundete bestens. Wir können der Bürgerschaft nur dringend empfehlen in immer stärkerem Maße an der Gemeinschaftsspeisung teilzunehmen, die großen Vorteile derselben werden alsbald in jeder Haushaltung wahrgenommen werden.

Das Soldatenheim im Gesellenhause bot seinen zahlreichen Besuchern an den beiden letzten Sonntagen wieder einige recht angenehme Stunden. Die Unterhaltung war an beiden Tagen in der Hauptsache musikalischer und gesanglicher Art. Fräulein Gördes, die Herren Borgmeyer und Kölper, deren Sangeskunst wir schon oft zu würdigen Gelegenheit hatten, boten einige Proben ihres Könnens und ernteten reichen Beifall, desgleichen Herr Linsel mit seinen Geigensolis. Am letzten Sonntag wurde den Soldaten ein sogenannter Künstlerabend geboten, dessen Programm im gesanglichen Teile der Bonner Männer-Gesangverein Apollo, Konzertsängerin Frau W. Schmitt und im musikalischen Teil Herr Musikdirektor W. Heinemann und Tochter Frl. Elfriede Heinemann in bester Weise bestritten, während Frl. Fey einige sehr gute Rezitationen darbot. An beiden Sonntagen bildete ein von Mitgliedern des Gesellenvereins flott gespieltes Theaterstück den Schluß der Darbietungen.

(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)