Mittwoch, 24. Mai 1916
Beratung für zeitgemäße Kleidung. Man schreibt uns: Viele Frauen haben in unserer ernsten Zeit den Willen, sich so zu kleiden, daß es mit dem vaterländischen Gefühl und einer gewissen Sparsamkeit und Einfachheit übereinstimmt, aber es fehlt ihnen der gute und verständige Rat. Nach Rücksprache mit dem Verein für Verbesserung der Frauenkleidung und der Hauswirtschaftlichen Kriegshilfe soll versucht werden, eine Beratungsstelle zweimal wöchentlich in einem bequem gelegenen Raum zu eröffnen, der am Martinsplatz 6 von Hrn. J. Reeb in freundlicher Weise zur Verfügung gestellt wird. Ratschläge erteilen dort eine Dame von gutem Geschmack und sozialer Bildung, sowie eine geschickte, anerkannte Damenschneiderin. Der Rat wird mit 30 Pfg. bezahlt. Es wird Rat erteilt für Form und Farbe der Kleidung, für Anwendung und Wiederinstandsetzung getragener Kleidung, in Blusenschnitten und Besatzartikeln, in Kleidung für schwierige Figuren usw. Die Pariser Mode wird ausgeschaltet und die Wiener herangezogen. Hausschneiderinnen werden tunlichst empfohlen. Die Praxis muß ergeben, ob ein Bedürfnis für solche Beratung vorliegt. In der Hauptsache soll sie bescheidenen, sparsamen Hausfrauen dienen, aber auch allen, die sonst Rat wünschen. Die erste Beratung findet am Samstag von 9 bis 12 Uhr statt.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Der Nachrichtendienst für Ernährungsfragen übermittelt uns durch das WTB folgende Darstellung:
Mittelstandsküchen, Volksküchen und Gulaschkanonen.
Die Notwendigkeit, die vorhandenen Lebensmittel gleichmäßig einzuteilen und zu verteilen, hat zu der Erkenntnis geführt, daß diese Einteilung praktischer und erfolgreicher ist, wenn sie in Form von fertigen Speisen und nicht von unbereiteten Nahrungsmitteln erfolgt.
Die Ersparnis, die durch gemeinsame Küchenführung erfolgt, ist doppelt: Bessere Verwertung der Nahrungsstoffe und Ausnützung der Nahrungsstoffmengen, andererseits Ersparnis und Freiwerden von Arbeitskräften, die bisher gebunden waren, für andere Zwecke.
Ein Pionier der gemeinsamen Speisung war die Gulaschkanone. Ihr Erfolg war so groß, daß sie den Ansprüchen bald nicht mehr genügen konnte. An ihre Stelle trat der Vorschlag und in zunehmendem Unfange die Einrichtung von Volks- und Mittelstandsküchen, in denen nicht nur Speisen zum sofortigen Verzehr, sondern auch zum Verbrauch im Haushalt verabreicht werden.
Die ernährungspolitischen und ökonomischen Vorteile, die das Bestehen der Gemeinschaftsküchen ermöglicht, machen ihre Einführung in allen Städten wünschenswert. Die Gemeinden müssen an die Lösung dieser dringenden Aufgabe herangehen und sie entweder mit den bestehenden Wohlfahrtsvereinen oder selbständig in die Hand nehmen. Es kommt alles darauf an, praktische Ernährungspolitik zu betreiben. Sie allein verheißt den Erfolg, den die Kriegswirtschaft, ihre Verhältnisse und Einflüsse erforderlich machen.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Für erblindete Krieger wurden der Stadt Bonn von einem in Newyork wohnenden Herrn Kaufmann Ferdinand Kaiser, Sohn der Herrn Stadtverordneten Kaiser, 3000 Mark überwiesen, die er bei den in Newyork lebenden Deutschen gesammelt hat. Außerdem hat er weitere 3000 Mark eingezahlt, die einer bestehenden allgemeinen Stiftung für Kriegsblinde überwiesen werden sollen.
Kriegsbeschädigtenfürsorge. Der in Düsseldorf verstorbene Amtsanwalt Ernst Donner hat der Stadt Bonn 1000 Mk. vermacht zur Unterstützung von geborenen Bonner Kriegsbeschädigten.
Der Fortbildungsanstalt wurde von der Bonner Fahnenfabrik eine künstlerisch handgestickte Fahne geschenkt.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Der rheinisch-westfälische Gauverband für Deutsche Frauenkleidung und Frauenkultur und dessen angeschlossenen Vereine in Aachen, Bonn, Dortmund, Düsseldorf, Elberfeld, Barmen, Essen, Hagen, Köln, Witten fordert die Frauen Rheinlands und Westfalens auf, sich seinen Bestrebungen anzuschließen. Es handelt sich um eine Gemeinschaft von Frauen, die schon seit längeren Jahren solche Modeerscheinungen bekämpft, die sich mit der Vernunft und dem körperlichen Wohlbefinden der Frauen nicht vereinbaren lassen. Es gilt nicht der Mode an sich und einem gemäßigten Wechsel der Mode entgegenzuarbeiten, sondern die Frau soll mehr als bisher Einfluß auf die Gestaltung der Mode gewinnen. Wenn die große Masse der Frauen in Zukunft gemeinsam unpassende Modeerscheinungen ablehnt, wird die Modeindustrie dem Rechnung tragen und mit der Zeit nur mehr das auf den Markt bringen, was für die deutsche Frau geeignet ist.
Seit Jahrzehnten ist die Frau der Spielball der Modeindustrie. Nur durch ein geschlossenes und gemeinsames Vorgehen kann erreicht werden, daß die Mode das werden, was sie sein sollte: Die Kunst die Frau geschmackvoll und passend zu kleiden.
Zuschriften wolle man richten an den Gauverband, Köln, Rheingasse 8.
(Volksmund, Rubrik „Bonner Angelegenheiten“)