Dienstag, 2. Mai 1916

     

Deutsch-Evangelischer Frauenbund. Die Ortsgruppe Bonn des Deutsch-Evangelischen Frauenbundes hat gestern nachmittag ihre 14. Hauptversammlung abgehalten. Die Vorsitzende, Frau Schumm-Walter, eröffnete die Versammlung mit dem Wahlspruch des Bundes: Mit Gott für Deutschlands Recht und unseres Volkes Wohlfahrt. Sie wies auf die mannigfachen Gebiete der Kriegsliebestätigkeit hin, an denen der Bund mitgeholfen habe, und betonte, daß neben dieser unmittelbaren Fürsorgetätigkeit noch die mittelbare der Frauenbewegungsarbeit gehen müsse; wenn schon jetzt mehr selbständig denkende Frauen gewesen wären, wären so manche Torheit im Haushalt und die neue Frauenmode nicht möglich gewesen. Frau Schumm gedachte mit herzlichen Worten der verstorbenen Mitglieder sowie derjenigen, die ihre Lieben dem Vaterlande haben opfern müssen. Nach dem Geschäftsbericht, der von Frl. Reinbrecht erstattet wurde, beträgt die Mitgliederzahl 268. (...)
   Es folgten dann die Berichte aus den verschiedenen Kriegsarbeitsgebieten, an denen die Ortsgruppe beteiligt ist. Frl. Weegmann berichtete über die Blindenfürsorge, die sich in erster Linie auf die erblindeten Soldaten erstreckt hat. Im Laufe der Zeit sind die blinden Soldaten immer eifriger daran gegangen, die Blindenschrift zu erlernen. 14 haben sie im verflossenen Jahre erlernt. Es wird auch Unterricht im Maschinenschreiben erteilt. Die weitaus meisten Krieger haben wieder neuen Lebensmut geschöpft und erlernen mit gutem Erfolg eine nutzbringende Tätigkeit. (...) Ueber das Nachmittagsheim für Verwundete, Koblenzer Straße 90, berichtete Frau Seel u. a., daß das Heim seit seiner Eröffnung am 15. August v. J. von über 18.000 Verwundeten besucht worden sei. Viele seien monatelang täglich im Heim erschienen, bisher sei nicht der geringste Mißton vorgekommen. Den Besuchern des Heims wird abwechslungsreiche Unterhaltung ernster und heiterer Art geboten. Frl. Reinbrecht teilte über die Tätigkeit des Ausschusses für hauswirtschaftliche Kriegshilfe eine Reihe von Einzelheiten mit. Es sind elf Kriegskochlehrgänge mit 250 Teilnehmerinnen und zwei diätische Kochlehrgänge veranstaltet worden. Eine Kriegskochkunstausstellung, die von rund 1200 Personen besucht worden ist, soll in diesem Jahre wiederholt werden. Vom 4. Sept. v. J. bis 31. März hat der der Ausschuß 1305 Zentner Marmelade für 49.193 M. verkauft, zunächst in dem städtischen Laden an der Sternstraße, dann in den Universitätsräumen Am Hof, wo auch die Beratungsstelle untergebracht werden konnte. Das Grundkapital für die umfangreiche geschäftliche Tätigkeit des Ausschusses waren 2000 M., die die Stadt hergeliehen hatte. Alle Arbeiten werden ehrenamtlich geleistet, die Räume in der Universität werden dem Ausschuß auch kostenlos zur Verfügung gestellt, infolgedessen können die Lebensmittel vom Ausschuß zu verhältnismäßig billigen Preisen abgegeben werden. Zehn bis zwölf Damen des Ausschusses arbeiten, gleichfalls ehrenamtlich, täglich bei dem städtischen Kartoffelverkauf mit. Die Stadtverwaltung wehrte sich anfangs gegen die Mitarbeit von Vertreterinnen des Ausschusses in dem zuständigen städtischen Ausschuß, zuerst zu den Vorarbeiten für die Vereinfachung der Wirtshauskost und dann bei den verschiedenen Gelegenheiten wurden auch Frauen zu Rate gezogen, jetzt gehören Mitglieder des Ausschusses für hauswirtschaftliche Kriegshilfe auch der städtischen Preisprüfungsstelle an. Auf eine Eingabe an das Kriegsministerium hat der Ausschuß die Antwort erhalten, für eine würdigere Frauenmode im kommenden Herbst und Winter seien die nötigen Maßnahmen getroffen worden. Frau Schumm verlas ein Schreiben von Frau Geheimrat Krüger, die eine Beratungsstelle für Frauenkleidung anregt. Pastor D. Weber dankte den Damen des Ausschusses für ihre aufopfernde ehrenamtliche Arbeit, mit der sie die amtliche Tätigkeit in sehr erfreulicher Weise ergänzt hätten. Der Redner übte scharfe Kritik an den behördlichen Maßnahmen für die Lebensmittelversorgung, eine Besserung sei nur von einer durchgreifenden militärischen Regelung der Lebensmittelfrage zu erwarten. Frl. Reinbecht teilte noch mit, es sei beabsichtigt, eine Schulspeisung für unterernährte Kinde reinzurichten, und zwar sollten 50 Kinder in Suppenküchen und 50 Kinde in Familien gespeist werden. (...)

(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)

      

Städtische r Speckverkauf. Wir weisen nochmals darauf hin, daß die Karten –Ausgabe für den Speckverkauf bei der städtischen Verkaufsstelle in der Maxstraße stattfindet Dienstags und Freitags nachmittags von 3 – 5 Uhr.

(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)

Godesberg, 1. Mai. Das übliche Maiansingen auf dem Godesberg, das alljährlich unter großer Teilnahme der Bonner Studentenschaft und der hiesigen Gesangvereine begangen wurde, ist in diesem Jahre vom Männer-Gesangverein Cäcilia durch den Gesang von Vaterlandsliedern in würdiger Weise veranstaltet worden. Im vergangenen Jahre war das Maiansingen zu erstenmal ausgefallen.

(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Von Nah und Fern.“)

Zum Butterverkauf von der Stadt. Im Namen vieler Frauen erlaube ich mir hiermit die höfliche Anfrage, warum Ihre Zeitung die Verordnungen über Lebensmittelverkauf, hauptsächlich Butter etc., erst Mittwochs bringt. Die meisten Ihrer Abonnenten erhalten die Ausgabe erst gegen 11 Uhr morgens gebracht. Dann ist der Kampf für einen Teil der Brotbücher schon geschlagen, ehe man die Bestimmungen weiß. P. Sch.

(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Sprechsaal“)

    

Die städtische Rheinbadeanstalt ist von Dienstag den 2. Mai d. J. ab zur Benutzung für warme Wannenbäder geöffnet.

(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)