Freitag, 14. April 1916

   

Nachprüfung und Numerierung der Brotbücher – Verbesserung des Butterverkaufs – billigere Lebensmittelpreise für Wenigerbemittelte.
Wie aus einer Bekanntmachung des Oberbürgermeisters, die morgen in unserer Zeitung veröffentlicht wird, hervorgeht, findet in der Zeit von Sonntag, 16., bis Samstag, 22. April, im Mehlamt eine Nachprüfung der sämtlichen Brotbücher statt. Bei dieser Prüfung werden die Brotbücher mit einem Nummerstempel versehen. Vom 23. April ab haben nur noch die mit dem Nummerstempel versehenen Brotbücher Gültigkeit. Alle anderen Brotbücher sind ungültig. In der Bekanntmachung wird jedem Straffreiheit zugesichert, der während der Prüfungszeit bisher unterlassene Veränderungen der im Brotbuch angegebenen Personenzahl, sei es durch Sterbefälle, Einberufungen zum Heeresdienst oder Verzug von Bonn, zur Richtigstellung der Brotbücher angibt. Nach dem 22. April wird jedoch gegen alle diejenigen, die die Angaben zur Richtigstellung unterlassen, das Strafverfahren eingeleitet werden.
   Diese Nachprüfung der Brotbücher verfolgt verschiedene Zwecke. Sie dient einmal zur Durchführung einer regelrechten Brotversorgung für alle. Es soll damit erreicht werden, daß jeder das ihm zustehende Brot auch erhält, daß aber andererseits auch keiner mehr Brot bekommt, wie ihm wirklich zusteht.
   Die Numerierung der Brotbücher soll ferner dazu dienen, das unliebsame Gedränge beim Butterkauf zu vermeiden. Wegen der Butterverteilung sind von allen Seiten viele Vorschläge gemacht worden, die sich jedoch ohne genaue Kenntnis des ganzen geschäftlichen Verkehrs mit der Butter und Margarine nicht verwerten lassen. Eine Regelung soll in der Weise eingerichtet werden, daß die Brotbücher abwechselnd mit den Nummern 1 bis 4 versehen werden. Ist dieses Verfahren durchgeführt, so wird bestimmt werden, daß alle Inhaber der Brotbücher, die die Nr. 1 tragen, in der ersten Woche Mittwochs, die Inhaber der Brotbücher Nr. 2 Donnerstags, die mit Nr. 3 Freitags und zuletzt die mit Nr. 4 versehenen Brotbücher Samstags ihre Butter oder Margarine einkaufen können. In der darauffolgenden Woche wird Mittwochs nur an Brotbücher Nr. 2, Donnerstags Nr. 3, Freitags Nr. 4, Samstags Nr. 1 und in der dritten Woche anfangend Mittwochs mit Nr. 3, Donnerstags mit Nr. 4, Freitags mit Nr. 1 und Samstags mit Nr. 2 usw. in jeder Woche Butter verkauft werden.
   Das bisher geduldete Verfahren, daß die Brotbücher vorher den Buttergeschäften übergeben werden dürfen, fällt damit natürlich fort. Auf diese Weise hofft man eine gerechte Verteilung der Butter und Margarine durchzuführen und auch den bisherigen Andrang vor den Buttergeschäften zu vermeiden. Auch bei anderen städtischen Verkäufen von Fleisch, Eiern oder sonstigen Lebensmitteln, wird sich dadurch mit Leichtigkeit unnötiger Andrang vermeiden lassen und doch dafür gesorgt werden können, daß jeder befriedigt wird.
   Die Bekanntmachung sieht auch noch eine weitere Einrichtung vor. Sie will die Einrichtung treffen, daß an Hausstände, deren Jahreseinkommen nicht mehr wie 3000 Mark beträgt, die in städtischen Verkaufsstellen zum Verkauf gelangenden Lebensmittel zu einem billigeren Preise abgegeben werden., als wie an Hausstände, die ein Einkommen von mehr wie 3000 Mark haben. Wer sich diese Wohltat sichern will, nehme seinen Steuerzettel oder sonst einen Nachweis mit, z. B. eine Bescheinigung des Arbeitgebers, aus dem sein Einkommen hervorgeht, und stelle bei der Prüfung der Brotbücher gleichzeitig den Antrag, daß ein Vermerk ins Brotbuch eingetragen wird. Man will hierdurch der ärmeren Bevölkerung in der teuren Zeit entgegenkommen, da es den Bessergestellten doch immerhin noch möglich ist, die Lebensmittel, deren sie bedürfen, in den einschlägigen Geschäften, die unter der Last des Kriegs auch schwer zu leiden haben, einzukaufen.

(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)

     

Für treugeleistete Dienste. Die Kaiserin hat dem Fräulein Maria Münchhalfen, Köchin bei Familie August Hirsch, Venusbergweg 46, die Bronzene Denkmünze für treugeleistete 30jährige Dienste verliehen.

Schließung zweier Brotverkaufsstellen. Der Oberbürgermeister hat die Schließung der Brotverkaufsstellen der Ehefrau Karl Faßbender, Bornheimerstraße 29 und der Witwe M. Setzer, Lisztstraße 1, vom 17. d. M. ab wegen Nichtbefolgung der bezüglichen Bundesratsverordnung angeordnet.

Städtischer Verkauf von eingemachten Bohnen. In der Verkaufsstelle an der Maxstraße werden jetzt auch Salzschneidebohnen und Salzbrechbohnen für 55 Pfg. das Pfund verkauft. An einen Hausstand werden höchstens 3 Pfund abgegeben.

(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)

     

Gegen die heutige Frauenmode.
Von der Bonner Hauswirtschaftlichen Kriegshilfe
erhalten wir eine Zuschrift, in der sie mit Genugtuung und lebhafter innerer Zustimmung die von der Kölner Nationalen Frauen-Gemeinschaft an den dortigen Gouverneur gerichteten Eingabe gegen die heutige Frauenmode begrüßt und dazu noch weiter ausführt:
   „Auch hier in Bonn herrscht in gewissen Kreisen eine ebenso erstaunliche wie betrübliche Gleichgültigkeit in der Mode gegen die ernste vaterländische Lage. Es ist geboten, daß sie nicht die Oberhand bekommt. Alle Deutschen Frauen, welche wert sein wollen, diese große Zeit mit zu tragen, müssen ihre Kleidung so würdig und sparsam einrichten, wie es geboten ist. Aber auch die Männer sollten diese Bestrebung unterstützen und nicht, wie es zuweilen vorkommt, den Schwung der neuen Mode und ihre Trägerinnen preisen. So berechtigt eine anziehende hübsche Kleidung ist, so wenig paßt in unsere Tage ein auffallendes, verschwenderisches Gebaren, wie es der weite Rock und der hohe Stiefel darstellt. Die deutschen Frauen von Kopf und Herz müssen einig sein in dem Bestreben: „Deutsch unsere Sitte und Kleidung, los von Paris.“

Kanonendonner. In den letzten Tagen dringen trotz widrigen Windes die mächtigen Schläge der um Verdun stehenden Geschütze an unsere Ohren. Wohl die meisten denken gar nicht daran, daß das Geschütz, von dem der Schall zu uns herübergetragen wird, eine ganze Weile vorher abgefeuert worden ist. Bekanntlich beträgt die Geschwindigkeit des Schalles 330 Meter, das heißt, wird in 330 Meter Entfernung ein Schuß abgefeuert, so hört man denselben erst nach 1 Sekunde; aus 1 km. Entfernung demnach in 3 Sekunden. Von hier bis Verdun sind jedoch rund 200 km. Der Schall braucht also 200 x 3 Sekunden = 600 Sekunden oder 10 Minuten. Ein jeder Schuß, den man hört, ist also 10 Minuten vorher abgeschossen worden.

(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)