Freitag, 31. März 1916
Zur Stoffbeschlagnahme. Wie von amtlicher Stelle mitgeteilt wird, versuchen Händler, Kleider und andere Stoffe aufzukaufen, die nicht unter die Beschlagnahme fallen. Vielfach bieten sie Kleinhändlern hohe Preise, um dadurch die Waren an sich zu bringen. Daher wird noch mal ausdrücklich darauf hingewiesen, daß der Kleinhändler die freigegebenen Vorräte nur unmittelbar an die Verbraucher in Mengen unter einem halben Stück bzw. einem halben Dutzend veräußern darf, und zwar nur zu einem Verkaufspreise, der den zuletzt vor dem 1. Februar erzielten Preis nicht übersteigt. Kleinhändler, die entgegen diesen Vorschriften Waren an aufkaufende Händler abgeben, haben die sofortige Enteignung und Beschlagnahme der freien Warenvorräte zu gewärtigen, sie laufen auch Gefahr, aufgrund der gesetzlichen Bestimmungen bestraft zu werden. Andererseits müssen es die Kleinhändler als ihre Pflicht betrachten, beim Auftauchen derartiger Aufkäufer die zuständige Polizeibehörde unverzüglich davon zu benachrichtigen.
Das Städtische Orchester gibt nächsten Sonntag, nachmittags 4 Uhr, noch ein Abschiedskonzert in der Stadthalle, dessen Ertrag den Mitgliedern des Orchesters, auch den im Felde stehenden, zugute kommen soll.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Der Provinzialverband der Schuhhändler von Rheinland und Westfalen hat in seiner letzten Hauptversammlung folgenden Beschluß gefaßt: Der Verband will denjenigen Mitgliedern, die im Felde stehen und deren Existenz erschwert oder teilweise vernichtet ist, zur Wiederaufrichtung der Existenz verhelfen und größere Kapitalien bereitstellen. Schon in der ersten Sitzung wurden zu diesem Zwecke 5000 Mk. gezeichnet, und man erhofft noch namhafte Beträge, so daß man wirklich etwas Ersprießliches zu leisten imstande ist.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Katzensteuer. Sie haben im Donnerstags-Blatt gemeldet, daß die Finanzkommission der Godesberger Gemeindeverordneten die beantragte Katzensteuer abgelehnt hat mit der Begründung: „Man dürfe den Frauen ihre liebsten Gespielen nicht ohne Not besteuern.“ – Ist denn die Frauenwelt Godesbergs so gelangweilt, daß sie in dieser schweren Zeit nichts besseres zu tun hat, als mit Katzen zu spielen? Kann sie sich statt dessen nicht eigener oder fremder Kinder annehmen und diesen die Milch zukommen lassen, welche die Katzen naschen? Kann sie nicht - falls alle anderen Fähigkeiten mangeln – mit Puppen spielen? Hat sie denn gar kein Mitleid mit unseren lieblichen, so überaus nützlichen Singvögeln, die massenhaft von Katzen ermordet werden? Dann könnte die Godesberger Frauenwelt uns wahrhaftig leid tun! – Aber wir schätzen sie nicht so niedrig ein. Daß jedoch Männer die Anlehnung der Steuer so begründen, macht wirklich keinen erhebenden Eindruck. Man pflegt doch sonst Rat und Gutachten von Sachverständigen zu hören über strittige Fragen. Warum achtet man nicht auf das Urteil des Herrn Förster Esser, der sicher befähigt und berufen ist, eine entscheidende Ansicht zu äußern?
Honnef, 31. März. Prof. Dr. W.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Sprechsaal“)
Vortrag über Kriegsgefangenenlager. Auf Veranlassung der städtischen Zentralstelle für Auskunftserteilung, Abteilung Ermittlung von Kriegsgefangenen und Vermißten hielt gestern abend in der Aula des städtischen Gymnasiums Herr Pfarrer Lic. Rosenkranz einen Vortrag über die Kriegsgefangenenlager, die er als Pfarrer der Deutschen Kirche in Liverpool von Dezember 1914 bis Ende Juni 1915 besucht hatte. Er schilderte die Art, wie unsere Landsleute dort untergebracht sind, und die Eindrücke, die er von der Behandlungsweise der englischen Behörden empfangen. Namentlich gab er Aufschluß über die Mittel und Wege, unsere Kriegsgefangenen in England zu beschäftigen; teils mit Handarbeiten, teils mit Unterrichtsstunden, und erzählte von geselligen und gottesdienstlichen Veranstaltungen, die er drüben in den Gefangenenlagern miterlebt hatte. – An den Vortrag schloß sich eine kurze Besprechung, in der besonders aus den Kreisen der Angehörigen unserer gefangenen Landsleute Fragen an den Vortragenden gestellt wurden.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)