Dienstag, 15. Februar 1916

    

Anzeige im General-Anzeiger vom 15. Februar 1916Das späte Eintreffen von Feldpostsendungen. Den militärischen Dienststellen gehen noch immer zahlreiche Beschwerden von Angehörigen im Felde stehender Soldaten darüber zu, daß die von ihnen abgesandten Päckchen und Pakete angeblich nicht in die Hände der Empfänger gelangen. Manche Beschwerden dieser Art sind in recht formlosen Ton gehalten und gehen, da solche Beschwerdeführer meist nicht den Mut haben, ihre Namen zu nennen, gewöhnlich „anonym“ ein. Den mit Namensunterschrift versehenen Beschwerden wird stets in sorgfältiger Weise nachgegangen, doch ergibt sich fast immer, daß die Sendungen unterdessen ordnungsgemäß eingetroffen sind. Bei den ohnehin stark belasteten Behörden entsteht durch solche voreilige Beschwerden nur nunnötige Schreibarbeit. Bevor jemand zu dem Mittel der Beschwerde greift, möge er bedenken, daß die Beförderung jeder Sendung, namentlich bei den wenigen Eisenbahnen im Osten, eine gewisse Zeit in Anspruch nehmen muß und ebenso die Rückbeförderung des den Empfang bestätigenden Briefes. Tatsächlich gehen verschwindend wenig Sendungen verloren.
   Bei dieser Gelegenheit sei auch noch auf folgendes hingewiesen: Da nicht zu vermeiden ist, daß einzelne Sendungen unter Umständen mehrere Wochen bis zum Eintreffen gebrauchen, ist die Verschickung leicht verderblicher Sachen unzweckmäßig. Unsere Soldaten im Felde erhalten manche Lebensmittel – z. B. Fettwaren – reichlicher als die meisten Daheimgebliebenen. Etliche Waren müssen in vollem Umfang der menschlichen Ernährung in der Heimat erhalten bleiben und dürfen keinesfalls durch Verderben verloren gehen. Daß wir mit Nahrungsmitteln durchhalten können und werden, sehen allmählich unsere Feinde ein. Dazu gehört aber auch, daß alle daheim und draußen verständig haushalten.

(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)

   

Arndt-Eiche.
Die Beamtinnen des Kaiserlichen Telegraphenamts und der Verband der mittleren Reichs-Post- und Telegraphenbeamten nahmen am Sonntag nachmittag in feierlicher Weise die Nagelung der Arndt-Eiche vor. In einer von warmem vaterländischen Geiste durchwehten Ansprache wies der erste Vorsitzende des Verbandes, Herr Telegraphensekretär Thias Koll, darauf hin, was die Arndt-Eiche zu uns spreche und schloß mit einem Hoch auf unsern Kaiser. Ein eigens zu der Feier von Herrn Obertelegraphen-Assistent Aloys Neumann, Köln verfaßter Prolog wurde von Herrn Obertelegraphen-Assistent Marschall recht wirkungsvoll vorgetragen. In der zweiten Strophe der packenden Dichtung heißt es:
Der Gott, der Eisen wachsen ließ,
Hat uns noch nie verlassen,
Drum woll’n wir Schwert und Schild und Spieß
Nur um so fester fassen.
Schon wirft ein Sturm und Wetterbraus
Alldeutschlands Feinde nieder,
Das klingt in alle Welt hinaus,
Wie Simrocks Heldenlieder.
   Recht ansprechend trug auch Fräulein Martha Teinze ein vaterländisches Gedicht vor, während der Berief’sche Männerchor stimmungsvolle Lieder vortrug. Nachdem der erste Vorsitzende der großen Verdienste der Beamtinnen des Kaiserlichen Telegraphenamtes auf dem Gebiet der Kriegswohlfahrtspflege gedacht hatte, forderte er alle Anwesenden auf, nicht nachzulassen in diesem Wirken, und stets das warme Herz für die Hinterbliebenen unserer Helden zu behalten.

Anzeige im General-Anzeiger vom 15. Februar 1916Butterkarten. Gestern ist bereits mit der Ausgabe der Antragformulare für die Butterkarten begonnen worden. Wer zum Bezug von Butter oder Margarine berechtigt ist, d. h. wer keine Butter oder Margarine von anderer Stelle bezieht, muß das Formular ausfüllen und bis zum 19. Februar dem städtischen Einkaufsamt abliefern. Das Antragformular wird im städtischen Mehlamt, Am Hof, im Einkaufsamt, Franziskanerstraße 8a (Toreingang), und bei den Polizeikommissariaten unentgeltlich abgegeben. Wichtig ist beim Ausfüllen des vorgedruckten Formulars, daß der Brotbuchbezirk und die Nummer des Brotbuchs richtig angegeben werden und ferner auch, daß die Anzahl der im Brotbuch angegebenen Personen mit den auf dem Antragsformular vermerkten bezugsberechtigten Personen übereinstimmt. Die Butterkarte selbst wird den Antragstellern nach dem 19. ds. durch die Post zugestellt. Mit dem Verkauf von Butter und Margarine durch Butterkarten wird bereits in der nächsten Woche begonnen werden.

Das Soldatenheim im Gesellenhause wurde auch am letzten Sonntag recht zahlreich besucht. Viele Soldaten erledigten im schönen, geräumigen Schreibzimmer die Korrespondenz mit den Lieben daheim; andere unterhielten sich im Lesezimmer mit Zeitungs- und Buchlektüre; eine dritte Gruppe nahm auf der Kegelbahn die Gelegenheit wahr, sich „gut Holz“ einzuheimsen. Von 4 Uhr ab war der große Vereinssaal fast vollständig gefüllt, und es wurde für die folgenden Stunden an Kurzweil gar viel geboten: Der Münsterchor wartete unter Leitung seines Dirigenten, Hrn. Veith, mit edlen gesanglichen Darbietungen, gemischten Chören und munteren Kinderliedern auf; Herr Borgmeier erfreute durch schöne Sololieder; die Rede des Herrn Klutmann über „Schill und seine Offiziere“ versetzte unsere Feldgrauen in begeisterte Stimmung; es folgten recht ergötzliche humoristische Einzelvorträge des Herrn Brodesse und von Soldaten; der lustige, gut gespielte Einakter „Er muß taub sein“ bildete den Abschluß der Veranstaltungen des Soldatenheim-Nachmittags, der auch für die Folge, soweit dies möglich ist, unsere verwundeten und übrigen Soldaten mit der Wärme und dem Schutze von Heimat und Haus umfangen möchte. – Die Restauration des Soldatenheims ist gut, und das, was sie an Getränken, Schnittchen, Kaffee, Zigarren in Bereitschaft hält, recht wohlfeil. – Den Arbeitsausschuß des Soldatenheims veranlassen unbegründete Gerüchte, die in der Stadt kreisen, an dieser Stelle offiziell und mit allem Nachdruck zu betonen, daß das Soldatenheim im Gesellenhause streng interkonfessionellen Charakter trägt, was auch bereits durch Anwesenheit und Ansprache des altkatholischen Pfarrers, Herrn Mülhaupt, bei der Eröffnung des Heimes in die Erscheinung getreten ist. Auf daher am nächsten Sonntag, ihr Soldaten jedweden Bekenntnisses, und recht zahlreich hinein ins Soldatenheim, Kölnstraße 17/19!

(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)

    

Warnung vor übereilter Berufswahl. Es wird zurzeit in den Kreisen des Handwerks und des Handels lebhaft darüber Klage geführt, daß unter dem Einfluß der Kriegsverhältnisse die Spezialberufe der Metallindustrie – Maschinen- und Motorenbau, Mechanik und Elektrotechnik – gegenüber den handwerksmäßigen und auch den kaufmännischen Berufen einseitig und ohne innere Berechtigung in auffälliger Weise bevorzugt werden. Zur Vermeidung von Enttäuschungen infolge übereilter Berufswahl sei nachdrücklich darauf hingewiesen, daß die augenblicklich beobachtete Vernachlässigung des Handels und vor allem des Handwerks schwerwiegende Folgen zeitigen kann. Bei dem Zulauf zur Metallindustrie werden ungeeignete Kräfte späterhin überhaupt kein Fortkommen finden und unter größten Schwierigkeiten zu einem anderen Beruf übergehen müssen. Infolge des übermäßigen Zudranges zu den Berufen der Metallindustrie droht aber auch dem tüchtigen Nachwuchs häufige Arbeitslosigkeit; ganz abgesehen davon, daß es im Gegensatz zu anderen Berufen schwer möglich sein wird, sich selbständig zu machen. Das Handwerk wird nach dem Kriege wieder einen goldenen Boden haben. Bei dem allgemeinen Streben nach Qualitätsarbeit wird in allen Berufen lebhafte Nachfrage nach gelernten, leistungsfähigen Kräften eintreten. Auch der deutsche Handel wird wieder gesunden und erstarken. Darum muß den Eltern eingeschärft werden: Laßt Euch bei der Berufswahl Eurer Söhne nicht von den einzelnen Gewerben zurzeit beobachteten günstigen Geschäftsgänge beeinflussen. Trefft Eure endgültige Entscheidung erst nach reiflicher Ueberlegung.

(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)