Samstag, 12. Februar 1916

    

Anzeige im General-Anzeiger vom 12. Februar 1916Der Bonner Lazarettzug hat auf seiner 26. Fahrt in Laon, Marle, Hirson und Chauny 217 Verwundete geladen und in Düren 50, Euskirchen 50 sowie in Bonn 117 Verwundete ausgeladen. Zurzeit steht er abfahrtbereit in Godesberg. An Liebesgaben sind wie immer erwünscht: Zigarren, Zigaretten, Rotwein, Kognak, wollene Decken, Pantoffeln, besonders aber Kopfkissenbezüge, Größe 50 zu 60. Alles ist abzugeben Bahnhofstraße 40. [...]

Soldatenheim. Am morgigen Sonntag wird im Soldatenheim, Gesellenhaus, Kölnstraße 17/19, Herr Klutmann einen Vortrag halten. Mitglieder der Bonner Liedertafel werden einige Chöre zu Gehör bringen, Herr Borgmeyer wird mit Sologesängen aufwarten, Herr Brodesser wird durch komische Vorträge für den nötigen Humor sorgen, und auf der Bühne wird ein lustiges Stück gespielt werden. Alle Soldaten haben dazu freien Eintritt und sind herzlichst eingeladen.

In einem Anfalle von Schwermut hat heute früh zwischen 7 und 8 Uhr ein Meister an seiner Arbeitsstätte, wo er 24 Jahre lang tätig und wegen seiner Tüchtigkeit geschätzt war, bedauerlicherweise Hand an sich gelegt.

(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)

     

Aus dem städtischen Specklager hatte ein Wächter, nachdem er sich mittels Nachschlüsseln Zutritt in die abgesperrten Vorratsräume verschafft hatte, Speck, Schinken, Schmalz usw. in erheblichen Mengen gestohlen. Er behauptete gestern vor der Strafkammer, er sei verführt worden. Der Staatsanwalt beantragte eine Gefängnisstrafe von fünf Monaten. Das Gericht ging über den Antrag hinaus und verurteilte den Angeklagten zu zehn Monaten Gefängnis, worauf ein Monat der erlittenen Untersuchungshaft in Anrechnung gebracht werden soll. Das Gericht erwog besonders die Verwerflichkeit des Diebstahls, den der Angeklagte an Gegenständen verübt habe, die zum allgemeinen Besten aufbewahrt würden.

Wegen Entziehung der Wehrpflicht war ein Bahnwärter aus Königswinter angeklagt, der vor längerer Zeit mit seiner Mutter nach Frankreich ausgewandert war. Die Strafkammer stellte fest, daß der Angeklagte noch deutscher Untertan sei und verurteilte ihn zu 6 Wochen Gefängnis, die durch die erlittene Untersuchungshaft für verbüß erklärt wurden. Als strafmildernd wurde angenommen, daß der Angeklagte bei der Musterung für untauglich zum Heeresdienst erklärt wurde.

(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)

    

Butterkarten. In der heutigen Nummer wird eine Verordnung des Herrn Oberbürgermeisters veröffentlicht, die eine Neuregelung des Verkehrs mit Butter und Margarine betrifft. Vielfach ist die irrige Meinung sowohl bei Geschäftsleuten wie auch bei Privaten vertreten, daß nunmehr alle Butter beschlagnahmt und von der Stadt in Besitz genommen werde. Dieses trifft jedoch nicht zu. Der Geschäftsinhaber, der Butter und Margarine verkauft, behält diese und darf sie auch an seine Kundschaft verkaufen, aber nur in der festgesetzten Menge und nur gegen Eintragung eines Vermerks in die Ausweiskarte. Wer Butter oder Margarine von auswärts bezieht, sei es durch Postsendung oder ummittelbar durch Händler vom Lande, darf dies auch weiter tun. Nur erhält er keine Ausweiskarte für Butter und Margarine. Es leigt im Interesse sowohl der Verbraucher wie auch der Stadt, daß diejenigen, welche Butter oder Margarine von auswärts erhalten können, sich weiter selber versorgen; denn hierdurch wird die Menge, die auf die Besitzer von Ausweiskarten verteilt werden kann, umso größer. Man hofft durch dieses Verfahren, bei dem von Donnerstag bis Sonntag in allen Geschäften Butter und Margarine verkauft werden kann, dem Gedränge, welches jetzt häufig bei Butterverkäufen entsteht, abzuhelfen und eine gerechtere Verteilung herbeizuführen. Von der Einsicht und der vaterländischen Gesinnung der Bürgerschaft wird erwartet, daß niemand von der Ausweiskarte Gebrauch macht, der Butter oder Margarine von auswärts bezieht oder noch genügend Butter im Hause hat.

(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)