Donnerstag, 27. Januar 1916

     

Anzeige im General-Anzeiger vom 27. Januar 1916Kaisergeburtstagsfeiern. Das königliche Gymnasium vereinigte gestern nachmittag in der Aula der Anstalt seine Lehrer und Schüler zu einer Kaisergeburtstagsfeier, an der auch zahlreiche Angehörige der Schüler teilnahmen. Die Feier wurde eingeleitet mit Richard Wagners Kaisermarsch, der von dem Musikverein des Gymnasiums mit rhythmischem Schwung und guter Klangwirkung gespielt wurde. Es folgten Gedichtvorträge durch Schü­ler der verschiedenen Klassen. Die gewählten Gedichte waren sämtlich der gegenwärtigen großen Zeit angepaßt, die Vortragenden brachten die darin behandelten Stoffe recht klar zum Ausdruck. Auch der Schülerchor trat zweimal auf, er sang ein altniederländisches Ge­bet für das Vaterland und später Waltharis „Für Kaiser und Reich“. Die Festrede hielt dann Herr Oberlehrer Kentenich. Er wies darauf hin, daß man diesem Geburtstage des Kaisers, dem zweiten im Weltkrieg, mit viel größerer Gewißheit das stolze Bewußtsein haben dürfe: wir haben obgesiegt über eine Welt von Feinden, die uns erniedrigen, unsern Staat ver­nichten wollten. Eine deutsche Volkskraft habe sich in diesem Kriege geoffenbart, die nie­mand vorher geahnt hätte. Diese Volkskraft werde durch große Führer in die richtigen Bahnen geleitet, und der oberste Führer, nicht nur dem Range nach, sondern viel mehr auch der Tat nach, sei unser Kaiser. Der Kaiser habe nicht auf den Krieg hingearbeitet oder eine Weltherrschaft angestrebt, dennoch sei es sein Verdienst, daß die deutsche Wehrmacht ausgebaut wurde und dadurch so gewaltige Erfolge errungen werden konnten. Ferner habe der Kaiser das deutsche Wirtschaftsleben gefördert, die Lage der unteren Volksschichten gehoben, Wissenschaft, Kunst und Technik begünstigt und auch die Partei, und Bekenntnisgegensätze zu mildern verstanden. Zum Kaisergeburtstage wolle man ge­loben, nach dem Vorbilde und im Sinne des Kaisers jeden persönlichen Vorteil dem Wohl der Gesamtheit unterzuordnen und mit allen Kräften, selbst mit Einsetzung von Blut und Leben, an der Durchführung der großen Aufgaben Deutschlands mitzuwirken. Mit großer Begeisterung wurde das Kaiserhoch, daß die Rede abschloß, aufgenommen und dann zum Schluß der Feier die Nationalhymne gesungen.
   Das Städtische Gymnasium und Realgymnasium feierte gestern nachmittag 5¼ Uhr mit zahlreich erschienenen Gästen den Geburtstag unseres Kaisers in der Aula der Anstalt. Das Schülerorchester hatte in Webers Jubelouvertüre und Mendelssohn-Bartholdys „Kriegs­marsch der Priester aus Athalia“ eine glückliche Wahl getroffen und trug beide Stücke wir­kungsvoll vor. Der Chor hatte sich mit seinen Liedern dem Geist der Stunde an­gepaßt und fand selbst mit dem altvertrauten „Gebet nach der Schlacht“ und „Lützows wil­de Jagd“ be­geisterten Beifall. Die von den Schülern vorgetragenen Gedichte waren alle aus unserer großen Zeit herausgewachsen. Die Festrede hielt Herr Oberlehrer Professor Sommer über die Wurzel unserer Kraft. Aus Geschichte und Gegenwart bewies er, daß das Geheimnis unserer Stärke nicht in dem von unseren Feinden so vielgeschmähten Mili­tarismus oder in unserer Organisation liegt, sondern in der sittlichen Kraft unseres Volkes. Diese aber ist herausgewachsen aus dem Verhältnis von Staat und Gesellschaft, wie es die Hohenzol­lern in Preußen-Deutschland gestaltet haben.

(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)

    

Anzeige im General-Anzeiger vom 27. Januar 1916Kaisers Geburtstag.
Flaggenschmuck von den staatlichen und städtischen Gebäuden sowie von zahlreichen Häusern der Bürgerschaft künden äußerlich den hohen Festtag, den das deutsche Vaterland heute begeht. Mehr noch zeigt sich in allen Schichten der Bevölkerung, daß man mit Herz und Hand des Geburtstages unseres Kaisers und Königs gedenkt. Der hochherzige Wunsch des Kaisers, seinen Geburtstag dadurch zu feiern, daß wir unserer Krieger, der verwundet oder beschädigt aus dem Felde heimgekehrten Helden und ihrer Angehörigen gedenken, und die Mittel stärken, die erforderlich sind, um alle die von dem großen Weltringen unmittelbar oder mittelbar betroffen werden, vor leiblicher Not zu bewahren, ist auch in Bonn auf fruchtbaren Boden gefallen. Die Sammlungs-Ergebnisse werden dies zweifellos durch die Höhe der Summe bekunden. Wir können unserem Kaiser, der als einer der edelsten Friedensfürsten unserem Volke den Krieg mit allen seinen furchtbaren Wirkungen ersparen wollte, keine schönere Geburtstagsfreude bereiten, als daß wir alle am heutigen Tage ein besonderes finanzielles Opfer für alle Volksgenossen erbringen, die von den Kriegswirren am härtesten betroffen sind. Wir entsprechen damit nicht nur dem Wunsche, den unser Kaiser zu seinem Geburtstage ausgesprochen hat, sondern erfüllen damit auch einen Zoll der Dankbarkeit, den wir unserem Volk in Waffen und dem obersten Kriegsherrn schulden. [...]
   Wir Erwachsenen, die wir den weltbewegenden Ereignissen ernster gegenüberstehen, als unsere Kinder, wir wissen, daß zu Beginn des Krieges, wo die Grenzen unseres Vaterlandes von Feinden ringsum bedroht waren, das von dem eisernen Kanzler geschaffene Reich von dem eisernen Willen Wilhelms II. in Not und Tod verteidigt wurde, und seine unerschütterliche Tatkraft und sein scharfer Blick für die zu berufenden militärischen Führer die Sturmwellen der Riesenheere unserer Feinde zerschellen ließ.
   Wir danken dies dem Kaiser, indem wir auch hier im Rheinland, in unserem schönen Bonn, dem sich dank der raschen Entschlusskraft unseres Kaisers und der Umsicht seiner genialen Führer kein Feind nahen konnte, indem wir heute und für die weitere Dauer des Krieges jeder an seinem Teile dazu beitragen, daß die Einwirkungen des Krieges durch Wohlfahrtsbestrebungen aller Art nach Möglichkeit gemildert werden. [...]

(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)

   

Städtischer Butterverkauf. Am Freitag nachmittag um 3 Uhr beginnt der Verkauf ausländischer Butter im Hofe Franziskanerstraße 8 a (Eingang nur von der Rathausgasse aus). Das Pfund kostet wie bisher 2,80 Mark. Das Brotbuch gilt als Ausweis. Die abzugebende Menge richtet sich nach der Kopfzahl der Familie. (Siehe Anzeige)

Bügel-, Näh- und Servierkurse veranstaltet der Interkonfessionelle Hausfrauenbund auch in diesem Jahre wieder. Die Beteiligung an diesen Kursen, die sich schon früher großen Anklanges erfreuten, ist in der jetzigen Kriegszeit unbeschäftigten Frauen und Mädchen, sowie Dienstboten zur Weiterbildung ganz besonders zu empfehlen.

Der Ausschuß für hauswirtschaftliche Kriegshilfe wird seine allwöchentliche Kochkistenvorführung diesmal wegen des Festtages nicht Donnerstag, sondern Freitag, den 28. Januar, nachmittags 4-6 Uhr, in der Beratungsstelle am Hof abhalten. Bei der großen Bedeutung, die die Kochkiste in dieser lebensmittelknappen Zeit gewonnen hat, kann der Besuch dieser Vorführungen nicht warm genug empfohlen werden. Um die Kenntnis sparsamen und doch nahrhaften Kochens möglichst zu verbreiten, beabsichtigt der Ausschuß demnächst auch die fettlose Küche praktisch vorzuführen und hält stets gut ausprobierte Rezepte für Kriegsküche, vor allem für die noch viel zu wenig bekannten Eintopfgerichte, zur Verfügung. Es ist jedem anzuraten, von diesen Einrichtungen möglichst weitgehenden Gebrauch zu machen.

(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)