Dienstag, 25. Januar 1916
Kaisergeburtstag. Am Donnerstag, 27. Januar, sind für die Glieder der evangelischen Kirchengemeinde Bonn Festgottesdienste in der Kirche am Kaiserplatz und in der Kirche in Poppelsdorf. Beide Festgottesdienste beginnen um 10 Uhr. Für die ganze Monarchie ist eine Kirchenkollekte angeordnet, deren Ertrag dem Kaiser zum Besten der Kriegswohlfahrtspflege übergeben werden soll. Die Gottesdienstordnung wird gedruckt den Kirchenbesuchern am Eingang überreicht werden.
Besondere Festgottesdienste finden ferner, gleichfalls um 10 Uhr beginnend, in der Münsterkirche und in der altkatholischen Kirche sowie um 10¼ in der Synagoge statt. An diesen Festgottesdiensten beteiligen sich die Garnison, die Verwundeten der hiesigen Lazarette, die Behörden und die Vereine des Kreis-Krieger-Verbandes mit ihren Fahnen.
Der Kreis-Krieger-Verband Bonn-Stadt wird sich nach den Gottesdiensten im Gasthof zum Kronprinzen sammeln und denn gegen 1 Uhr zur feierlichen Benagelung der Arndt-Eiche auf den Münsterplatz marschieren.
In den Schulen fällt der Unterricht am Kaisergeburtstag selbstverständlich aus. In den Volksschulen wird der Geburtstag des Kaisers klassenweise gefeiert, die höheren Schulen versammeln ihre Klassen zu gemeinsamen Feiern, die beim Königlichen Gymnasium Mittwoch nachmittag 3 Uhr in der Aula der Anstalt, beim Städtischen Gymnasium und Realgymnasium Mittwoch nachmittag 5¼ Uhr in der Aula des Gymnasiums, bei der Städtischen Realschule Mittwoch nachmittag 3 Uhr in der Aula des Städtischen Gymnasiums stattfinden.
Die Universität begeht, wie alljährlich, den Geburtstag des Kaisers um 12 Uhr mit einem Festakt in der Aula, bei dem Herr Professor Becker, der Vertreter der orientalischen Sprachen und Geschichte, die Festrede halten wird.
Von Kommersen, Festessen usw. wird heuer natürlich abgesehen. Stattdessen werden, dem eigenen Wunsche des Kaisers entsprechend, von Einzelpersonen und Vereinen „Gaben der Liebe zur Linderung der durch den Krieg geschlagenen Wunden“ dargebracht werden. Gelegenheit dazu bieten die Bonner Volksspende und die „Arndt-Eiche in Eisen“. Die Bonner Volksspende, die den hiesigen Vaterländischen Vereinigungen die für ihre Wirksamkeit so dringend nötigen Geldmittel zuführen muß, wird zum Geburtstage des Kaisers eine besondere Sammlung abhalten, und an der Arndt-Eiche sollen mit der Benagelung die für die Bonner Kriegswitwen und -waisen bestimmten Summen aufgebracht werden.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Arndt-Eiche. Die Bonner Metzger-Innung hat für die Arndt-Eiche 300 Mk. bewilligt.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Unsere Schuljugend vor der Arndt-Eiche. Recht sinnig und eindrucksvoll verlief die Festfeier, die von den sämtlichen Oberklassen der Bonner Volksschulen gestern nachmittag unter großem Zudrang der Bevölkerung von nah und fern auf dem Münsterplatz veranstaltet wurde. Sie war ein würdiger Auftakt zu der Nagelung an der Arndt-Eiche, durch sämtliche Schulkinder des Stadtbezirks, die mit dem heutigen Montag ihren Anfang nimmt und sich hinziehen wird bis gegen Ostern. Von allen Seiten zogen kurz vor 4 Uhr die einzelnen Klassen unter dem Geleite ihrer Schulfahnen heran und vereinten sich vor dem Kriegsmal in bestimmter Ordnung zu einem Gesamtbilde, das unter der Gunst des Himmels in freundlichem Sonnenlichte und durch die formenreiche Umgebung des Münsterplatzes höchst malerisch wirkte. Wohl an 2000 Knaben und Mädchen scharten sich um den eisernen Vater Arndt, um vor diesem großen Freunde der deutschen Jugend das Gelöbnis der Treue zu Kaiser und Vaterland abzulegen und kundzutun, wie auch sie recht eifrig teilnehmen wollen an dem Liebeswerke vaterstädtischer Kriegsspende. Unter Lehrer Habbigs umsichtiger Leitung erklangen die vaterländischen Lieder sehr wirkungsvoll; es war ein rechter Genuß, so viele hundert frische Kinderstimmen in einheitlichen mehrstimmigen Weisen vereint zu hören. Mächtig wirkte vor allen das altniederländische Dankgebet, das in Wort und Weise so weihevoll und wuchtig der ernsten Kriegszeit sich anpaßt. In angenehmem Wechsel mit diesen Liederspenden brachten mehrere Schüler und Schülerinnen der evangelischen Karlschule, der Heerstraßenschule und der Münsterschule tiefempfundene Dichtungen zum Vortrag, die gleichfalls von Arndts begeisterter Vaterlandstreue durchweht waren. Was die Festfeier bezwecke und das Kriegsmal bedeute, das legte Schulrat Dr. Baedorf mit markigen Worten in seiner Festrede klar. Im Hinblick auf das bevorstehende Geburtstagsfest Sr. Majestät führten seine Darlegungen die aufmerksame Jugend über zu einer begeisterten Huldigung für den Kaiser und sein tapferes Heer, die uns nach bisherigen schweren Kämpfen zum glücklichen Endsiege und damit zur dauernden Friedenswohlfahrt geleiten möchten. Es traten nun von jeder Schule einzelne Knaben vor, die einen großen Eisennagel mit dem Namen der betreffenden Schule einschlugen, um den sich dann späterhin die kleineren Nägel der übrigen Kinder gruppieren werden. Die Vertreter der Vaterländischen Vereinigungen der Stadt Bonn, Rechtsanwalt Dr. Schumacher II und Stadtverordneter Baumeister Schmitt dankten dem Herrn Schulrat und der Lehrerschaft für die prächtig verlaufende Kundgebung der Schuljugend und ihrer regen Förderung der städtischen Kriegswohlfahrtspflege.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)