Montag, 24. Januar 1916

    

Bonner Stadttheater. Am Mittwoch geht zur Feier von Kaisergeburtstag Lessings „Minna von Barnhelm“ in Szene. Die Vorstellung findet in Reihe B statt. In Reihe A gelangt am Freitag das Kölner Volksschauspiel „Heimgesunge“ zur Aufführung.

(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)

   

Anzeige im General-Anzeiger vom 24. Januar 1916Eine große Handwerkerversammlung tagte gestern nachmittag im Hähnchen, der Reichstagsabgeordnete Chrysant und der Vorsitzende der Kölner Handwerkskammer, Obermeister Figge, beiwohnten. Obermeister Dalchow begrüßte die zahlreich Erschienenen, gedachte der fern im Feindesland streitenden Handwerker, und der Toten, die so manche Lücke in der Versammlung erklärten, ehrte die Gefallenen und kam dann kurz auf die Arndt-Eiche in Eisen zu sprechen. Seine Worte klangen aus in ein freudig aufgenommenes Hoch auf den Landesherrn und unser tapferes Heer.
   Herr Wallenfang legte dann den Zweck der Arndt-Eiche klar. Auch für das Handwerk gelte es, zu zeigen, daß es in Dankbarkeit der Kämpfer draußen und der Not der Zurückgebliebenen gedenke. Vorgesehen zur Nagelung ist eines der vier Brustschilder, es soll in der Mitte die Aufschrift tragen „Das Bonner Handwerk“. Rundum innerhalb des Namens des Schildes schlägt dann jedes Handwerk einen eigenen Nagel mit seinem Namen ein.
   Reichstagsabgeordneter Chrysant legte dann näher auseinander, weshalb nicht das organisierte Handwerk und die Innungen auf dem Schild genannt sind, sondern allgemein das Bonner Handwerk. Es gelte alle Handwerker für die schöne Sache, auch die abseits der Organisation stehenden, zu begeistern, doch will er die Handwerkskammer Köln auch auf dem Schild verewigt sehen. Obermeister Figge hielt den Standpunkt für richtig, will ihn in der Kammer vertreten und hofft ihn durchzuführen. Schlossermeister Kofferath stimmte dem bei und erwähnte, daß auch viele Bonner in Köln den „Boor“ benagelt hätten. Dann traten die Vertreter der einzelnen Handwerker auf und es gingen die Zusicherungen zum Vorsitzenden, Schmiede, Schlosser, Metzger, Bäcker alle mit mehrfachen Hundert; andere folgten und auch nicht organisierte, abseits stehende Meister gaben gute Kunde. Jedenfalls wird das Bonner Handwerk mit einem namhaften Beitrag sich beteiligen.
   Der Vorsitzende der Handwerkskammer, Herr Figge, sprach seine Freude über die stattliche Versammlung und seine Genugtuung über den Burgfrieden aus, der diese einzigartige Versammlung beseelte. Einigkeit und Zusammenschluß müsse die Parole für das Handwerk sein. Seit 15 Jahren walte die neue Handwerkergesetzgebung, die das Handwerk vom Meister bis zum Lehrling von Grund auf reformierte. Die Erfahrungen in dieser Zeit wären gute; das Handwerk habe sich gewaltig gehoben und bei allen Ständen an Ansehen gewonnen. Redner geht dann näher auf den Zeitpunkt ein, als der Krieg Volk und Land und besonders das Handwerk überraschte. Da hätte Aufklärung und Beruhigung unter die Handwerker getragen werden Anzeigen im General-Anzeiger vom 24. Januar 1916müssen. Bei den dann einsetzenden Kriegslieferungen habe es sich leider gezeigt, daß das Handwerk nicht auf der Höhe war. Er habe viel gesehen, Erlaubtes und Unerlaubtes, und habe aus seiner Erfahrung mithelfen können, daß den Drohnen das Handwerk gelegt wurde. In hochinteressanter Weise sprach Redner dann über Gespräche, die das Handwerk betrafen, mit höchsten und hohen Stellen. Darauf seien die Erfolge gekommen; für 3 – 400.000 Mark sei[n]en Aufträge unter die Handwerker des Kammerbezirks vergeben worden. (...) In Zukunft sei es für auf Heereslieferungen reflektierende Handwerker notwendig, sich genossenschaftlich zu organisieren. Nur eine Genossenschaft können die Verpflichtungen übernehmen, eintretende Fehlschläge abwehren und der Militärverwaltung die verlangte Sicherheit bieten. Auf den Segen einer Genossenschaft in interessanten Einzelbeispielen eingehend, fordert Redner von allen Handwerkern genossenschaftlichen Zusammenschluß, um dem Handwerk dauernde und gewinnbringende Arbeit zu sichern.
   Auf die Unterbringung der Kriegsbeschädigten kommend, fordert Redner volle Unterstützung dieser Tapferen, die ihre Gesundheit für das Deutschtum geopfert. Neben den Kriegsbeschädigten kommen aber auch die Meister zurück, die Geschäft und Handwerk aufgeben mußten, die nichts mehr vorfänden, was ihre Existenz ausmachte. Ernste Sorge müsse alle bewegen, um diesen Leuten wieder zu ihrer Existenz zu verhelfen, um weiter alles wieder nach Friedensschluß ins alte Geleise zu bringen. Aufwärts müsse das Handwerk streben, Achtung sich in jeder Beziehung verschaffen. „Wer Achtung genießt, hat Brod“.
   Reichstagsabgeordneter Chrysant gedenkt der großen unvergänglichen Verdienste des alten Praktikers, des immer so freudig in die Zukunft blickenden Kammervorsitzenden Frigge. Redner geht auf die Heeres- und Staatslieferungen ein und kann die Versicherung abgeben, daß das Handwerk für diese Lieferungen in Zukunft gebührend berücksichtigt werde. Auch Herr Chrysant hält es für unbedingt erforderlich, innerhalb der Innungen Genossenschaften zu bilden, um Lieferungen zu erhalten und auszuführen. Die Genossenschaft ebene alle Wege und sichere den Erfolg; sie allein bringe wirtschaftliche Erfolge und dieser kitte und einige besser wie alles andere.
   Obermeister Dalchow bemerkte zum Schluß, daß die Bonner Schneider-Innung allein 50.000 Mark Löhne an Arbeiten für die Heeresverwaltung im letzten Jahre ausgezahlt habe.

Anzeige im General-Anzeiger vom 24. Januar 1916Zu dem Unglücksfall, der sich, wie bereits in der Sonntagsnummer berichtet, am Samstag abend am Alten Zoll ereignete, wird uns noch mitgeteilt, daß der verunglückte Fuhrmann Christian Neitzert erst seit zwei Tagen in dem Fuhrgeschäft von Joh. Winterscheid in Beuel beschäftigt war. Der Verunglückte war 42 Jahre alt, unverheiratet und erst vor wenigen Tagen zugereist.
   Das Pferd, das so schwer verletzt wurde, daß es getötet werden mußte, hatten einen Wert von 2500 Mark; es war nicht versichert.
   Gestern wurde die Unfallstelle den ganzen Tag über von der Bürgerschaft aufgesucht. Von der großen Heftigkeit, mit der das Pferd gegen die steinerne Brüstung anrannte, kann man sich eine Vorstellung machen, wenn man sieht, daß die massive Steinbrüstung mehr als 3 Meter breit herausgerissen und in die Tiefe geschleudert wurde. Merkwürdigerweise hat das Fuhrwerk, das mit Briketts beladen war, wenig gelitten.
   Der Russe, der neben dem Fuhrmann auf dem Bock saß und noch rechtzeitig vor dem Absturz des Wagens absprang, hat nur geringfügige Arm- und Beinverletzungen davongetragen.

Verkehr mit Brotgetreide und Mehl. Wie der Vorsitzende des Kreisausschusses in der heutigen Nummer unseres Blattes bekanntmacht, dürfen die im Landkreise Bonn anerkannten und fürs ganze Jahr zugelassenen Selbstversorger in der Zeit vom 1. Februar bis 15. August 1916 nur noch 9 Kilogramm Brotgetreide oder 7,2 Kilogramm Mehl für den Monat und für den Kopf der Wirtschaftsangehörigen verwenden. Dieser Bestand ist sofort auszusondern und getrennt aufzubewahren, während der übrige Vorrat alsbald an die Läger des Kommunalverbandes abzuliefern ist.

(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)