Freitag, 14. Januar 1916

     

Anzeige im General-Anzeiger vom 14. Januar 1916Die von den Beratungsstellen für Frauenberufe gestern nachmittag veranstaltete Versammlung von Schülerinnen der Oberklassen an den Bonner Lyzeen sowie ihrer Eltern und Lehrerinnen war sehr zahlreich besucht. Die erste Rednerin, Frl. Hendrichs aus Köln, besprach die Bedeutung einer geeigneten Berufswahl für unsere Töchter. Sie betonte, der Krieg habe bei den Frauen die Verantwortlichkeit gegenüber der Allgemeinheit vermehrt. Die Frauenarbeit, deren Notwendigkeit sich während des Kriegs mehr als je vorher gezeigt habe, werde auch nach dem Krieg nicht entbehrt werden können. Vorbedingung für alle Frauenarbeit, die ebenso wie die Arbeit der deutschen Männer Qualitätsarbeit sein solle, seien genügende Vorkenntnisse und gründliche Ausbildung. Jedes junge Mädchen, das einen Beruf ergreife, müsse sich daraufhin prüfen, ob es die für den Beruf erforderlichen geistigen und körperlichen Fähigkeiten sowie die notwendige Veranlagung besitze. Ein Mädchen, das sich nur drei Monate lang für einen Beruf vorbereitet habe, werde fast immer auf der untersten Stufe bleiben. Vor allem sollten auch die Kriegswitwen vermeiden, so ungenügende Ausbildung zur Grundlage eines Lebensberufes zu machen. Die Rednerin nannte dann eine Reihe von Berufen, die für die Schülerinnen von Lyzeen besonders in Betracht kommen, und besprach dabei kurz die erforderliche Ausbildung und die Zukunftsaussichten. Frl. Johanna Gottschalk machte sodann aufgrund ihrer Erfahrungen in der hiesigen Beratungsstelle für Frauenberufe Mitteilung über die Ausbildungsmöglichkeiten in Bonn und Umgebung. Der Ort dürfe nicht in erster Linie für die Wahl des Berufes maßgebend sein, vielmehr die geistige und körperliche Eignung und die Neigung. In die kaufmännischen Berufe würden nach dem Kriege sehr viele Kriegsbeschädigte eintreten, daher sollten die Frauen ihnen nicht allzu sehr zuströmen. Wenn aber der kaufmännische Beruf ergriffen werden solle, dann sei eine wenigstens zweijährige Ausbildung notwendig. Aus dem gleichen Grunde sollten die Frauen weniger als bisher in Beamtinnenstellen gehen. Mehr als bisher müßten dagegen die eigentlich weiblichen Berufe betont werden: Hauswirtschaft, Kinderpflege usw. Eine der ersten Aufgaben werde nach dem Krieg hoffentlich die Ausgestaltung eines weiblichen Dienstjahres sein, dann werde das Wort „Einjährigenreife“ auch für die Frauen einen Sinn haben. Als gewerbliche Berufe, die auch junge Mädchen aus gebildeten Kreisen durchaus nicht zu verschmähen brauchten, nannte Frl. Gottschalk vor allem den Schneiderinnenberuf, in dem es darauf ankomme, eine eigene deutsche Mode zu schaffen. Zum Schluß empfahl die Rednerin, die hiesigen Beratungsstellen für Frauen zu benutzen.

(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)

    

Anzeige im General-Anzeiger vom 14. Januar 1916Ueber Unterseeboote, Torpedos und Seeminen sprach gestern abend in den „populär-wissenschaftlichen Vorträgen“ im Bürgerverein Ingenieur Hurtig aus Berlin. Redner ging mit Hülfe von Lichtbildern diese Mittel des Kleinkrieges, wie er sie nannte, eingehend durch. Zuerst den Torpedo, den Fischtorpedo, der von dem österreichischen Kapitän Luppis und dem Engländer Whitehead erfunden, von Schwarzkopf in Berlin verbessert, auf die heutige Höhe ein selbsttätiges unterseeisches Geschoß darstelle. Sinnreiche Maschinen, mit Heißluc´ft betrieben, geben nun die Bewegung, noch sinnreichere Apparate die Tiefenrichtung. In seinem Kopf trägt er das Verderben an das feindliche Schiff. Die älteren Torpedos hatten nur eine Lauflänge von 400 Metern; die neuern erreichen den Gegner mit Sicherheit auf 2000 und mehr Meter Entfernung. Die Unterseeboote blicken auf eine noch längere Entwicklungszeit, wie die Fischtorpedos zurück; schon Fulton baute und ließ ein solches Schiff zu Wasser um 1806, erreichte aber nichts; der Deutsche Bauer sank mit einem selbst verfertigten Unterwasserboot in den sechziger Jahren auf den Grund des Kieler Hafens und bis zur heutigen Vollendung ist der Weg dieser Waffe ein schicksalsschwerer gewesen. Im Gegensatz zu anderen Nationen ist unsere Marine spät an den Bau von Unterseebooten herangetreten. Dann aber machte sie sich die vorliegenden Erfahrungen zu Nutze und baute Boote, die die anderer Mächte weit überragen. Sie baute richtige Tauchboote, die über und unter Wasser gleich gut manövrieren; die durch Anordnung der Wassersenkkästen um den eigentlichen Kern des Bootes herum und durch vorzügliche Maschinen und Apparate allen anderen Booten voraus sind. In neuerer Zeit haben unsere Boote neben bedeutender Größe Geschütze in Versenklafetten zu der Torpedowaffe erhalten. Zum Schluß erklärte Redner das Wesen der Seeminen, die früher nur passive Kampfmittel, heute auch als Streuminen an den Feind gebracht werden. Gemeinsam mit dem Torpedo bringen sie vernichtende Sprengmittel an den Feind. Der Torpedo aber trägt sie selbst mit eigener Kraft an den Gegner. Die Mine läßt ihre Kräfte erst wirken, wenn das feindliche Schiff sie überstreicht, anstößt, oder wenn beim Ueberfahren feindlicher Schiffe ihre Sprengstoffe durch Fernzündung zur Wirkung gebracht werden. Dankbarer Beifall lohnte dem Redner den mehrstündigen Vortrag.

Vorratserhebung von Kartoffeln sowie Zählung der Rindvieh- und Schweinebestände.In der heutigen Nummer unseres Blattes wird eine Bekanntmachung des Oberbürgermeisters veröffentlicht, wonach am 19 Januar d. J. für den Stadtkreis Bonn eine Erhebung der Kartoffelvorräte und eine Zählung des Rindviehs und der Schwein stattfindet.

(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)

    

Einführung von Butterkarten. Die bisherige Versorgung der Bevölkerung mit ausländischer Butter hat bekanntlich zu manchen Unliebsamkeiten geführt, an denen in den meisten Fällen die Käufer wohl selbst mit die Schuld trugen. Bei dem großen Gedränge vor den Geschäften entstanden, besonders in verkehrsreichen Straßen, öfters Störungen. An einem Geschäfte wurde die Spiegelscheibe eingedrückt. Um allen diesen unliebsamen Erscheinungen ein Ende zu bereiten, hat die Preisprüfungskommission, wie in der letzten Hauptversammlung des Handels- und Gewerbevereins mitgeteilt wurde, die Einführung von Butterkarten in Erwägung gezogen. Bei dieser Einrichtung wird nicht nur die ausländische Butter, wie bisher, sondern auch sämtliche nach Bonn kommende Butter verteilt werden. Bei der Zuweisung der Menge wird natürlich Rücksicht genommen auf die Kopfzahl der einzelnen Haushaltungen.

(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)