Samstag, 8. Januar 1916

    

Prüfung der Brotbücher. Vom 15. Januar ab findet eine Prüfung der Brotbücher daraufhin statt, ob die Zahl der in den Haushaltungen anwesenden Personen mit der im Brotbuch angegebenen bezugsberechtigten Personen übereinstimmt. In letzter Zeit sind wiederholt Fälle zur Anzeige gelangt, bei denen für Personen, die keinen Anspruch mehr auf Brot- und Mehlbezug in Bonn hatten, unberechtigterweise Backwaren und Mehl entnommen worden sind. Um keine gerichtliche Bestrafung zu gewärtigen, ist es daher ratsam, daß jeder Haushaltsvorstand sein Brotbuch daraufhin nachsieht, ob etwa durch Einberufungen, Sterbefälle oder dergl. Veränderungen in seinem Haushalt eingetreten sind, und erforderlichenfalls sein Brotbuch zur Eintragung der Veränderungen auf dem städtischen Mehlamt vorlegt.

(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)

 

Anzeige im General-Anzeiger vom 8. Januar 1916Mehr als die Höchstpreise für Kartoffeln hatte eine Kolonialwarenhändlerin aus Beuel sich bezahlen lassen. Deshalb angeklagt, behauptete sie gestern vor der Strafkammer, sie verkaufe sonst keine Kartoffeln, sondern habe nur Kindern auf deren dringendes Anhalten von ihren selbstgekauften Kartoffeln 10 Pfund überlassen. Sie habe für 10 Pfund 45 Pfg. bezahlen müssen, so daß der geforderte Preis von 55 Pfg. für 10 Pfd. nicht zu hoch sei. Die Angeklagte war bereits einmal bestraft, weil sie die Verordnung über den Verkauf von Brot übertreten hatte. Der Staatsanwalt beantragte eine Geldstrafe von 100 Mk. Das Gericht erkannte aber auf eine Geldstrafe von 30 Mk. Die Angeklagte erhielt indes die Mahnung mit auf den Weg sie möge solche Uebertretungen unterlassen, weil sie demnächst schwerer bestraft werden würde.

Des schweren Diebstahls, des Vergehens gegen das Feld- und Forstpolizeigesetz und des Bettelns war ein noch nicht 18jähriger Lehrbursche aus Bonn gestern vor der Strafkammer angeklagt. Er gab zu an einem Hause gebettelt zu haben. Auch habe er aus einem Garten etliche Aepfel an sich genommen. Von dem schweren Diebstahl wisse er aber nichts. Die Strafkammer nahm nur das Betteln als erwiesen an und verurteilte den jugendlichen Uebeltäter zu einer Haftstrafe von drei Tagen, die durch die erlittene Untersuchungshaft für verbüßt erklärt wurde.

Im Hofgarten in der Nähe des Wetterhäuschens, wurde am Donnerstag abend ein junges Mädchen, das von Siegburg kam, von drei jungen Menschen im Alter von 16 und 17 Jahren aus Köln-Ehrenfeld angehalten. Einer von ihnen schlug das Mädchen auf den Arm, so daß es seine Tasche fallen ließ. Er griff die Tasche auf und entlief mit den übrigen in der Richtung nach der Kaiserstraße zu. Das Mädchen verfolgte die jungen Burschen und es gelang ihm im Verein mit mehreren anderen, einen von ihnen in der Kaiserstraße zu stellen und zur Polizeiwache zu bringen.

(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)

Anzeige im General-Anzeiger vom 8. Januar 1916Godesberg, 8. Jan. Der Verkehrsverein wird demnächst ernstliche Schritte vornehmen für die Abstellung eines großen Uebelstandes an der Haltestelle Godesberg I (Plittersdorferstraße) der elektrischen Straßenbahn Bonn-Godesberg-Mehlem. Diese Haltestelle ermangelt nämlich noch immer einer Wartehalle, die gerade dort, wie kaum anderswo, so dringlich notwendig ist. Godesberg I gehört zu den verkehrsreichsten Haltestellen, oft sind mehr als 40 Fahrgäste dort, die auf das Eintreffen der Elektrischen warten. Diese Ortslage ist ganz besonders stark jeder Unbill der Witterung ausgesetzt und nicht im geringsten gegen Nord- und Ostwinde gedeckt. Die Fahrgäste sind jedoch gezwungen, ihre Wartezeit im Freien zu verbringen. In früheren Jahren war von der Bahndirektion in der Gastwirtschaft von Jungbluth ein Warteraum eingerichtet, und auch heute noch zeigt ein Schild groß einladend „zum Warteraum der Straßenbahn“. Allein seit mehreren Jahren ist dieses alles vollständig illusorisch geworden und das bisher an der Eingangstür zum Wirtslokale prangende große Schild „Warteraum“ ist kürzlich auch verschwunden. Eingetretene Unzuträglichkeiten zwischen der Bahnverwaltung und dem Wirtschaftsinhaber haben das Verhältnis vor mehreren Jahren aufgelöst. Das reisende Publikum ist somit auf die Straße gesetzt. Nicht einmal ein Unterstellen im Vorflur des Wirtshause wird von dem Inhaber geduldet. Die dort vor Regen, Sturm oder Kälte Schutzsuchenden werden hinausgewiesen mit der Weisung, daß „ihr Warteraum auf der Straße“ sei. Schon den vorigen Winter hindurch wurde diese Praxis ausgeübt. Die Unhaltbarkeit eines solchen Zustandes ist wohlverständlich und ebenso die dringliche Notwendigkeit, daß obengenannte Organe für deren Abhülfe nunmehr ernstlich einschreiten müssen.

(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Von Nah und Fern.“)

   

Straßenraub. Gestern abend gegen 8 ½ Uhr wurde einem Mädchen, das sich auf dem Heimwege befand, von einem Burschen das Handtäschchen aus dem Arme geschlagen und geraubt. Zwei andere Burschen, die Aufpasser spielten, liefen mit dem Räuber davon. Einer von diesen wurde gestern abend noch verhaftet. Er ist erst 16 Jahre alt. Die beiden anderen Burschen stammen aus Köln. Sie stehen in Verdacht, vor einigen Tagen auch auf der Koblenzerstraße einen Straßenraub ausgeführt zu haben.

(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)