Dienstag, 4. Januar 1916

    

Die Rechtsauskunftsstelle für Männer, die von Gerichtsassessor Dr. Küppers geleitet wird, berichtet über ihre Tätigkeit vom 1. Oktober 1914 bis 30. September 1915: Der Krieg ist auch auf die Tätigkeit der Rechtsauskunftsstelle nicht ohne Einfluß geblieben. Der erste Monat des Krieges wies die geringste Besucherzahl seit Jahren auf. Im weiteren Verlaufe des Krieges ist dann wieder eine Steigerung der Besucherzahl eingetreten, die jedoch nicht zu der vor dem Kriege bestandenen Höhe geführt hat. Es ist dies dadurch zu erklären, daß es sich um eine Rechtsauskunftsstelle für Männer handelt. Allerdings ist – besonders in den letzten Monaten – ein Zuwachs in der Inanspruchnahme der Rechtsauskunftsstelle durch Frauen, die an Stelle ihrer eingezogenen Männer vorsprachen, zu verzeichnen. Es nahmen die Rechtsauskunftsstelle für Männer und das seit dem 1. Januar 1915 mit ihr verbundene Mieteinigungsamt in Anspruch 408 (gegen 561 im Geschäftsjahr 1913/14) verschiedene Ratsuchende, denen in 662 (648) verschiedenen Sachen 808 (1014) Auskünfte erteilt wurden bezw. Hilfe gewährt wurde. Auch in der Art der behandelten Fälle hat sich der Einfluß des Krieges bemerkbar gemacht. An erster Stelle standen Mietangelegenheiten (178 einschließlich der Fälle des Mieteinigungsamtes gegen 129 des Vorjahres), bei denen meistens die Einberufung eines der Vertragsteile zum Heeresdienste eine Rolle spielte. Sodann nahmen die Militärsachen und Unterstützungssachen einen größeren Raum ein. Von den 362 Ratsuchenden der Rechtsauskunftsstelle (ohne Mieteinigungsamt) wohnten in Bonn 294, auswärts wohnten 68. Von den 716 erteilten Auskünften entfallen u. a. auf folgende Rechtsgebiete: Miete 132, Dienst- und Werkvertrag 21, sonstige Schuldverhältnisse 131, Sachenrecht 21, Eherecht 23, Recht der unehelichen Kinder 10, sonstiges Familienrecht 31, Erbrecht 56, Dienst- und Lehrvertrag 49, Zivilprozeß- und Konkursordnung 69, Strafrecht 27, Reichsvers.-Ordnung 39, Schwindelfirmen 13. In den meisten Fällen wurde durch Darlegung des Rechtsstandpunktes oder durch Rat zu gütlichem Nachgeben des Ratsuchenden oder der Gegenseite eine Einigung erzielt und der Rechtsweg vermieden. In elf Fällen wurde ein Vergleich schriftlich niedergelegt.
   Das Mieteinigungsamt hält einmal wöchentlich eine Sitzung ab. Bis zum 30. Sept. war das Mieteinigungsamt tätig in 46 verschiedenen Fällen, in denen etwa 92 Auskünfte erteilt wurden. In 18 Fällen wurde ein Vergleich erzielt, acht Fälle wurden auf andere Weise (durch Aufgeben des Anspruchs nach Belehrung usw.) erledigt, in sieben Fällen blieb der Ausgang unbekannt, vier Fälle sind noch nicht erledigt, in 14 Fällen wurde den Ratsuchenden anempfohlen, ein Gesuch um ein Mietzinsbeihilfe zu stellen bezw. wurde vom Mieteinigungsamt ein solches Gesuch angefertigt, das dann dem Ausschuß für Kriegshilfe bezw. der Stadt Bonn vorgelegt wurde. In 13 Fällen hatte das Gesuch den Erfolg, daß eine Unterstützung gewährt wurde.

Stadttheater. Die Aufführung von „Was ihr wollt“ beginnt erst um 7½ Uhr. Es ist die erste Vorstellung der zweiten Hälfte in Reihe B. Reihe A beginnt am Freitag mit Johannisfeuer.

Beschlagnahmte Fahrrad-Schläuche und Laufdecken. Mit dem 4. Januar tritt eine zweite Nachtragsverordnung zu der Bekanntmachung über Kautschuk (Gummi), Guttapercha, Balata und Asbest sowie von Halb- und Fertigfabrikaten unter Verwendung dieser Rohstoffe in Kraft. Hiernach sind Fahrraddecken und Fahrradschläuche mit Garantie, die bisher nur meldepflichtig waren, ebenfalls beschlagnahmt. Der Wortlaut dieser Nachtragsverordnung ist an den öffentlichen Anschlagstellen einzusehen.

(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)

     

Anzeige in der Deutschen Reichs-Zeitung vom 4. Januar 1916Vorfrühling. Die Einwirkung der schon seit einigen Wochen vorherrschenden warmen Luft macht sich draußen in Garten, Feld und Wald bereits bemerkbar. In geschützter Lage schwellen Blatt- und Blütenknospen an den Obstbäumen, den Beerensträuchern und Ziergehölzen vorzeitig an. Hin und wieder wurden in den Hecken die ersten Veilchen und auf der Wiese wie im Straßengraben die ersten Maßliebchen gepflückt. Schneeglöckchen, Crocus, Eisenhut und andere Zwiebelgewächse brechen schon aus dem Boden hervor. Am Leinenpfad des Rheinufers und in den Büschen zeigen sich die Weidenkätzchen und nur weinige warme Tage sind nötig, dann werden sich bei den Haselsträuchern die Blütenschwänzchen zeigen. – An besonders warmen Tagen der letzten Wochen spielten die Mücken in der Mittagssonne, und die Bienen verließen den Stock, um ihren Ausflug ins Freie zu unternehmen.

Höchstpreise für Gemüse. An die Festsetzung von Höchstpreisen für Gemüse hat sich in den Kreisen der Gemüsezüchter und Landwirte die Befürchtung geknüpft, der Anbau von Gemüse, insbesondere von Frühgemüse, möchte bei den inzwischen weiter gesteigerten Erzeugungskosten und Schwierigkeiten nicht mehr lohnend sein. Demgegenüber sei betont, daß die Höchstpreisfestsetzung vom 4. Dezember 1915 nur die Erzeugnisse der Ernte des Jahres 1915 umfaßt.

(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)

   

Sport. Gestern fand auf dem Richard-Wagnerplatz das Rückspiel des Bonner Turnvereins gegen Spielverein Gymnasium des Bonner Fußballvereins statt. Auch gestern konnte Bonner Turnverein nach schönem Spiel mit 5:2 siegen. Halbzeit stand das Spiel 3:1 für Turnverein.

(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)