Dienstag, 30. Oktober 1917
Zu Ehren der gefallenen Krieger veranstaltet der Kreis-Krieger-Verband am übermorgigen Allerheiligentage wieder eine Garnisons-Totenfeier an den Kriegsgräbern auf dem Nordfriedhofe. Die Feier beginnt um 3½ Uhr.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Städtische Nachrichten“)
Das Liebfrauen-Lyzeum zeichnete, um den Geburtstagswunsch Sr. Exzellenz des Herrn General-Feldmarschalls von Hindenburg zu erfüllen, bis zu jenem Tage annähernd eine halbe Million auf die 7. Kriegsanleihe. Dank dem regen Eifer der Schülerinnen steigerte sich die Summe auf 920.330 Mark. Ein von der Schule an den General-Feldmarschall gesandtes Telegramm wurde gestern beantwortet wie folgt:
„Den Schülerinnen für die zweite schöne Geburtstagsfreude herzlichen Dank und Gruß. So ist es recht.
General-Feldmarschall von Hindenburg.“
Von Flanderns Not, seinem Volk und seinen Frauen handelte ein Vortrag, den Frau Schreiber-Krieger vorgestern abend in der Lese vor einer zahlreichen Zuhörerschar hielt. Die Rednerin schilderte Flandern als ein dicht bevölkertes Land mit einer sehr arbeitsamen Bevölkerung. Die Kinder würden von der frühen Jugend an zur Arbeit herangezogen. Die Schulpflicht bestehe nicht. Der Kinderschutz sei gesetzlich, werde aber nicht eingehalten. Die Löhne seien ungeheuer niedrig. Die Männer seien meist auswärts beschäftigt und ihr Lohn sei ebenfalls sehr niedrig. Die Trunksucht sei sehr groß und die Anzahl der Schankwirtschaften ungeheuer, durchschnittlich auf fünf Einwohner komme eine Wirtschaft. Das Volk sei sehr begabt und habe eine große Vergangenheit, und bedeutende Kunstgeschichte. Die Flamen seien an Zahl überwiegend in Belgien (4.000.000 Wallonen ständen 6½ Millionen Flamen gegenüber), aber die Flamen seien in politischer Hinsicht stets unterdrückt worden. Die Verwaltungstrennung nach wallonischer und flämischer Bevölkerung sei von den Wallonen zuerst verlangt worden, natürlich in ihrem Interesse, um die flämische Bevölkerung noch mehr unterdrücken zu können. Die Wallonen hätten geglaubt, Belgien ganz unter das französische Joch bringen zu können. Heute seien die belgischen Soldaten zu 80 Prozent Flamen. Die flämische Sprache sei in Belgien verschrien. Wer eine flämische Eingabe einreiche, sei verfehmt und bekomme keine Antwort. Geistliche, die sich für die Erhaltung flämischer Art einsetzten, seien zurückgesetzt worden und hätten keine Aussicht auf Beförderung gehabt, überall seien die Französlinge vorgezogen worden. Man höre in Belgien vielfach die Ansicht äußern, es gebe keine flämischen Frauen, nur Dienstboten und Marktweiber. Die flämischen Frauen seien fleißig und geschickt. Ob Flandern Deutsch werde, sei noch fraglich, aber dem flämischen Volke müsse sein Recht werden, entweder jetzt oder nie. Die Flamen seien ein arbeitsliebendes und sehr bildungsbedürftiges Volk, das man auf Dauer nicht unterdrücken könne. Leider sei in Deutschland Flamland und flämisches Wesen zu wenig bekannt, aber es sei der Mühe wert, es näher kennen zu lernen.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Universität. Kürzlich tagte in Leverkusen der Verwaltungsrat der vor einiger Zeit gegründeten Gesellschaft von Freunden und Förderern der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität unter Vorsitz des Geheimrats Prof. Dr. Duisberg mit Hinzuziehung hervorragender Vertreter der Industrie und des Handels aus dem Rheinland. Der Verwaltungsrat nahm mit großer Befriedigung davon Kenntnis, daß der seinerzeit in Bonn gelegte Grundstock sich bedeutend erhöht und jetzt den Betrag von einer Million Mark erreicht hat. Der Gedanke, Industrie und Wissenschaft näher zu bringen, hat also im Rheinland lebhaften Widerhall gefunden. Es darf daher schon jetzt die Hoffnung gehegt werden, daß durch die lebhaft einsetzende Werbearbeit aller Beteiligten der Universität Bonn zu ihrem hundertjährigen Geburtstag reiche Mittel zur Unterstützung jeder wissenschaftlichen Arbeit zur Verfügung stehen werden. Die Werbetätigkeit wird durch Orts- und Bezirksausschüsse in der Rheinprovinz ausgeübt.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)