Freitag, 26. Oktober 1917
Kartoffeln.
Die Anträge auf die Einkellerung von Kartoffeln sind noch immer erst sehr spärlich beim Lebensmittelamt, Abteilung III eingegangen. Kaum hat sich ein Viertel derjenigen Familien, die wirtschaftlich und nach der Beschaffenheit ihrer Keller wohl in der Lage wären, die Einkellerung zu übernehmen, gemeldet. Das Lebensmittelamt warnt daher diese Familien in einer Bekanntmachung dringend davor, die Einkellerung zu versäumen.
Die Aufhäufung von Kartoffelvorräten durch die Stadt ist nur begrenzt. Es können nur rund 150.000 Zentner eingemietet oder eingekellert werden, während der vorgesehene Bedarf für die Winter- und Frühjahrsmonate etwa 300.000 Zentner beträgt.
Die Kartoffeln, die zum Einkellern kommen, sind gute und dauerhafte Ware. Wer sich jetzt also im Vertrauen auf die Versorgung durch die Stadt keine Vorräte verschafft, obgleich er dazu durchaus in der Lage ist, könnte seine Nachlässigkeit in den kartoffelarmen Monaten im kommenden Frühjahr bitter bereuen. […]
Bekleidungsamt.
Das Tischtuchverbot für Gastwirtschaften und ähnliche Betriebe ist mit dem 1. Oktober in Kraft getreten, wird aber vielfach nicht in der vorgeschriebenen Weise durchgeführt. […] Die Verordnung wird unnachsichtig durchgeführt. […]
Die Ablieferung getragener Kleidungsstücke, Wäsche und Schuhwaren ist heute geradezu zu einer vaterländischen Pflicht geworden, weil unsere Bestände an Web-, Wirk-, Strick- und Schuhwaren für die Bedürfnisse der bürgerlichen Bevölkerung auf das äußerste gestreckt werden müssen. Es ist deshalb notwendig, daß alle Gegenstände, die jetzt in den Familien entbehrlich sind, der allgemeinen Bewirtschaftung zugeführt werden, damit vor allem die minderbemittelte Bevölkerung mit warmer Kleidung im kommenden Winter ausgestattet werden kann. […]
(Bonner Zeitung, Rubrik „Nachrichten des Lebensmittelamts der Stadt Bonn.“)
Ein erweiterter Geschäftsverkehr auf die Dauer von 10 Stunden ist am nächsten Sonntag, dem letzten vor Allerheiligen, freigegeben. Die Ladengeschäfte dürfen – mit Ausnahme der Hauptgottesdienst-Stunden von 9½ bis 11½ Uhr – für den Verkauf geöffnet bleiben.
Gute Rotkohl-Ernte. Man schreibt uns auf Endenich: Hier hat man in letzter Zeit mit der Ernte des Rotkohls begonnen. Es sind in diesem Jahr weit größere Flächen damit bepflanzt als sonst. Während an anderen Orten vielfach geklagt wird, daß gerade der Rotkohl nur kleine oder gar keine Köpfe gebildet hat, steht er in der hiesigen Gemarkung recht schön. Ausgedehnte Felder finden sich hier, auf denen auch nicht eine einzige fehlgegangene Pflanze zu finden wäre. Die Nachfrage nach diesem „Sonntagsgemüse“ ist andauernd eine rege. Es wird weniger davon zum Markt gebracht, aber tagtäglich werden größere Mengen von Privatleuten und Gemüsehändlern aufgekauft. Auch der Rotkohl wird jetzt hier nach dem Gewicht verkauft und nicht mehr aufs Stück, wie früher. Da aber in diesem Jahre Köpfe von 4 und 5 Pfund hier den Durchschnitt bilden, können die Züchter auch mit dem Höchstpreise wohl zufrieden sein.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Schließung der Fortbildungsschule. Sollte der von Herrn Stadtverordneten Schmitz gestellte Antrag nunmehr Anklang finden, so wäre es von den gesamten Bonner Handwerkern nur zu begrüßen, leider ja etwas verspätet, aber doch jetzt zur richtigen Zeit, da zur Aufrechterhaltung der Volksversorgung im Handwerkerstande nur noch die wenigen Meister selbst, und die Lehrlinge derselben zur Verfügung stehen. Es wird der verehrl. Verwaltung nicht unbekannt sein, daß notwendige Reparatur- und Erhaltungsarbeiten wochenlang hinausgeschoben werden, wegen Mangel an Arbeitskräften derartige Schäden und der Einwirkungen in dieser Zeit zum Schaden der Bürgerschaft größer und kostspieliger werden. Häufig kommt es vor, daß der Meister einen dringenden Auftrag nicht ausführen kann, weil der Lehrling zur Schule ist, und zu dieser Arbeit unbedingt vier Hände haben muß, die er selbst aber nicht hat. Die Folge ist, daß die Arbeit aufgeschoben werden muß und die Arbeitskraft des Meisters schließlich ebenfalls in dieser Zeit unausgenützt bleibt. Genau dasselbe ist es, wenn ein Lehrling eines älteren Jahrganges zur Schule muß, der einen Arbeitsauftrag auszuführen hat, bei dem ein jüngerer helfend eingreifen muß. Während dieser Zeit steht der jüngere Lehrling unausgenützt in der Werkstatt.
Das sind nur einige Beispiele. Ein Handwerker, welcher damit zu tun hat, könnte hundert solche anführen.
Da der unselige Krieg leider viele unseres Handwerkerstandes dahingerafft und ein großer Teil durch Verwundungen u. s. w. seinen Berufen entzogen wird, so ist es erste Pflicht, dem Lehrling die nötigen Fachkenntnisse beizubringen, um sich später als tüchtiger Handwerksgeselle oder Meister durchs Leben bringen zu können.
In Bonn und anderen Städten gibt es eine große Menge von Meistern, welche den Genuß einer Fortbildungsschule nicht hatten, denen nur eine einfache, aber gründliche Volksschulbildung zuteil wurde, sich trotzdem aber zu tüchtigen Meistern und Führern im Handwerkerstande heraufgearbeitet haben. Sollte dieses heute nicht mehr möglich sein und dieses alles nur vom Besuch der Fortbildungsschule abhängen?
Was die moralische Seite angeht, so nehme ich an, daß wohl jeder Meister, dem Lehrlinge anvertraut werden, auch die Fähigkeit dafür hat, diese als ordentliche Menschen heranzubilden. – Jeder auf seinem Platze. Ein Innungsobermeister.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Sprechsaal“)
Naturwissenschaftliche Lichtbildvorträge für die Bonner Kriegshilfe im Hofgartenmuseum. Den ersten, gut besuchten Vortrag hielt am gestrigen Mittwoch Prof. Pohlig über Riesen und Zwerge des Tierreiches: einem Riesen – fast der ganzen Welt, – stehen wir jetzt im furchtbaren Krieg gegenüber. Doch wie einst Klein-David den großen Goliath, Jung-Siegfried den argen Lindwurm erschlug, so sicher muß jetzt Jung-Deutschland siegen. Zahllose Vorbilder dieser Art finden wir im Tierreich. […]
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)