Dienstag, 23. Oktober 1917
Der Liberale Bürgerverein hat gestern abend seine Hauptversammlung abgehalten. Der Vorsitzende, Stadtverordneter Dr. Krantz, eröffnete sie mit der Mahnung, auch während und trotz des Krieges den öffentlichen Angelegenheiten rege Anteilnahme entgegenzubringen. Etwaige Mißstände könnten nur durch öffentliche Betätigung gebessert werden. Nur dadurch, daß man für die Aufgaben der Zeit Verständnis gewinne, könne man auch zum wirklichen Burgfrieden beitragen. Die geeignete Stätte zur öffentlichen Betätigung sei für die große liberale Gemeinde in Bonn der Liberale Bürgerverein. […] Der Jahresbericht wurde von der Versammlung sehr beifällig aufgenommen. Der Vorsitzende, Dr. Krantz, unterstrich noch besonders die betonte Notwendigkeit, für die Bonner Zeitung zu werben. In der Bonner Zeitung können am besten die Meinungen des Liberalen Bürgervereins zum Ausdruck kommen und Einfluß gewinnen. Es sei also eine liberale Pflicht allerersten Ranges, die Bonner Zeitung selbst zu halten und für sie nach Kräften zu werben.
An der Hauptversammlung des Liberalen Bürgervereins schloß sich die vorgesehene Versammlung der liberalen Stadtverordnetenwähler. Der Vorsitzende, Dr. Krantz, bemerkte einleitend, die diesjährigen Stadtverordnetenwahlen würden wieder im Zeichen des Burgfriedens stehen. In Uebereinstimmung mit der Zentrumspartei solle den beiden Rathausfraktionen ihr Besitzstand erhalten bleiben. Die Versammlung erklärte sich damit einverstanden und verzichtete infolgedessen darauf, für die dritte Abteilung Kandidaten aufzustellen. […]
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Spart mit dem Wasserverbrauch! Das städt. Wasserwerk teilt uns mit (s. auch die Bekanntmachung im Anzeigenteil), daß der Wasserverbrauch der Stadt seit dem vergangenen Winter eine außerordentliche, immer zunehmende Höhe angenommen hat. Es kann dies nur darauf zurückgeführt werden, daß in vielen Haushaltungen eine Verschwendung mit dem Wasser getrieben wird. Aus Mangel an Installationsmaterial und Handwerkern werden vielfach Undichtigkeiten der Leitungen, Hähne, Klosetts usw. nicht rechtzeitig behoben. Hier muß Wandel geschaffen werden, da sonst der Betrieb des Wasserwerks gefährdet wird. Wasser ist wohl zur Genüge vorhanden, aber Kohlen, Oel und sonstiges Material zum Betriebe der Pumpenanlagen in genügender Menge zu beschaffen, stößt auf Schwierigkeiten. Bei Schadhaftsein der Leitungen und deren Armaturen sorge man, ganz oder zeitweise für Absperrung der betreffenden Teile. Achte jeder darauf, daß sparsamst mit dem Wasser umgegangen wird. Gegen die Hausbesitzer, die die Vergeudung des Wassers nicht verhindern, muß vom Wasserwerk eingeschritten werden.
Warum schließt man nicht die Fortbildungsschule? Wiederholt konnte man in letzter Zeit im Gen.-Anz. lesen, daß von den verschiedensten Seiten und aus den verschiedensten Gründen die Schließung der Fortbildungsschule angeregt wurde. Einmal, weil man zur Verringerung der hohen Mietsunkosten die Räume städtischerseits für Lagerzwecke verwenden wollte; meistens aber waren die Antragsteller Handwerksmeister und Gewerbetreibende, denen der Unterrichtstag in jeder Woche, zum dem sie ihre Lehrlinge schicken müssen, eine große Betriebsstörung bedeutet, denn da sie heute ausschließlich auf die Hülfe der Lehrlinge angewiesen sind, ist so ein junger Mann jetzt schwerer zu entbehren wie früher ein älterer Facharbeiter. Ueber die Nützlichkeit eines gediegenen Fortbildungsschul-Unterrichts braucht man ja kein Wort mehr zu verlieren, aber das Hemd sitzt uns schließlich näher wie der Rock und in einer Zeit, in der man Studenten und höhere Schüler auffordert, in Munitionsfabriken und landwirtschaftlichen Betrieben zu arbeiten und wo viele ländliche Volksschulen sogar ganz geschlossen sind, weil man die Kinder zur Arbeit braucht oder die Lehrer eingezogen sind, dürfte es schwer fallen, die Notwendigkeit eines Unterrichts zu begünden, den unsere heutigen Handwerksmeister unbeschadet ihrer Tüchtigkeit noch ganz entbehren mußten. Man kann der Frage auch vom Standpunkt der Kohlenersparnis aus nähertreten. Und dann noch eines: In der Begründung eines diesbezügl. Antrags des Handels- und Gewerbevereins heißt es, daß die Lehrlinge heute nirgends besser aufgehoben seien als bei ihren Meistern. Damit sollte gewiß angedeutet werden, daß die jungen Leute bei ihren Zusammenkünften an der Fortbildungsschule nicht bloß Gutes lernen und das ist ein Kapitel, über das jeder Meister heute ein Liedchen singen kann. Ein Gewerbetreibender.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Sprechsaal“)
Fett, Butter und Mehl wollte ein 28jähriger Invalide aus Mayen beschaffen können, wenn man ihm das nötige Geld dafür gäbe. Die Vertrauensseligen, die darauf eingingen, warten vergebens auf die Waren. Der Mann ist gestern in Bonn festgenommen worden. Er gesteht ein, in fünf solchen Fällen zusammen 1650 Mark erschwindelt und das Geld in Köln verjubelt zu haben.
Zur Förderung der Bonner Kriegshilfe (Bahnhofshilfe) laden die „naturwissenschaftlichen Lichtbildvorträge“ ein, welche diesen Winter in erweitertem Rahmen, jeden Monat einmal Mittwochs im Kunstmuseum (Hofgartenstraße) stattfinden sollen. Ausgezeichnete Redner unserer Universität haben dazu ihre freundliche Mitwirkung zugesagt: Professor Fittung gedenkt Pflanzenbilder aus Tropenurwald und Wüste, Geheimrat Philippson Bilder und Skizzen aus dem Orient, Professor Pohlig Darstellungen von Riesen und Zwergen des Tierreiches, Professor Schiefferdecker Bilder von Menschen und Tieren der Vorgeschichte, und Geheimrat Steinmann Ansichten der Alpen im Eiszeitalter vorzuführen. Da zudem der ganze Reinertrag des Unternehmen wieder der Kriegshilfe unserer Stadt zufließen soll, kann die vaterländische Sache diesmal eines noch erheblich gesteigerten Erfolges gewiß sein. Näheres ist aus dem bei Röhrscheid und an dem Tor der Universität aushängenden kleinen Programm ersichtlich; der erste Vortrag findet schon am nächsten Mittwoch (24. cr.) 5 Uhr statt.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Lengesdorf: Einsame Spaziergänger bemerkten in einem Gebüsch einen vollständig und schön ausgebauten Unterstand, der einen Vorrat Kartoffeln und auch eine Feuerung enthielt. Auf die Kunde von dieser Neuigkeit, begaben sich heute früh morgens der Feldhüter Nettekoven mit dem Feldgendarmen und einigen handfesten Leuten dahin und nahmen in dem Unterstand zwei Deserteure fest. Dieselben wurden sofort nach dem Bürgermeisteramt in Duisdorf geführt und nach kurzem Verhör nach Bonn gebracht.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Von Nah und Fern“)