Mittwoch, 17. Oktober 1917

       

Anzeige im General-Anzeiger vom 17. Oktober 1917Verkauf von Ansichtspostkarten. Man schreibt uns: Zur Beruhigung aller, die von den Jungens Fliegerpostkarten gekauft haben, sowie derer, die sich darüber aufregen zu müssen glaubten, sei mitgeteilt, daß der Erlös in Höhe von 148,40 M., wie vorher in Aussicht genommen war, der Bonner Volksspende überwiesen wurde. Es wurden im ganzen 118 Karten verkauft, die von ihren überaus willigen Abnehmern mit 10 Pfg. bis 5 Mark (durchschnittlich 33 Pfg.) bezahlt wurden. Schon der Durchschnittspreis zeigt, daß sie nicht nur freudigen Herzens abgenommen wurden, sonders daß durch den „ungehörigen Handel“ einer guten Sache ein recht „gehöriges“ Sümmchen zugeführt wurde.

Der Bonner Kriegerverein hielt nach einigen Ferienmonaten letzten Samstag wieder eine Versammlung ab. Sie war zahlreich besucht und zeugte von der echt patriotischen Gesinnung der alten Kämpfer von 1866 und 1870/71. Kraftvoll erscholl bei der Eröffnung das Kaiserhoch, das der Vorsitzende, Herr Falk, ausbrachte. Es folgten einige schöne Lieder und Vorträge. Dann forderte Kamerad Becker mit warmen Worten zur Zeichnung der 7. Kriegsanleihe auf. Er betonte, daß Elsaß-Lothringen, das die alten Veteranen mit ihrem Gute und Blute erkämpft hätten und für das jetzt ihre Söhne und Enkel streiten, uns erhalten bleiben müsse. In die aufgelegte Liste wurden rund 1000 Mark gezeichnet. Ein Bravo den alten Veteranen!

(Bonner Zeitung, Rubrik „Städtische Nachrichten“)

      

Schützengrabendienst der deutschen Frau.
Das Kriegsamt Koblenz hatte gestern abend eine große Frauenversammlung einberufen, die, vorweg sei es gesagt, eine wirklich große war. Jeder Platz im weiten Bürgervereins-Saale war bis auf die Galerie besetzt von Frauen und Mädchen, die mit großem Interesse den Reden folgten und die von Herzen kommenden Beifall den Rednerinnen spendeten. Auch der Geist war groß. Ein Vertreter des Kriegsamtes Koblenz begrüßte die Erschienenen und legte kurz den Zweck der Veranstaltung dar: Freiwillige Frauenhilfe zu werben zur Besetzung der fortwährend entstehenden Lücken in den Munitions-Fabriken durch Herausziehen der Männer für den Frontdienst. Das Schicksal von Volk und Reich sei nunmehr in die Hände der Frauen gelegt; das Vaterland rufe alle, Frauen und Mädchen; nicht zurückstehen sollten sie mehr vor den Brüdern, Gatten und Vätern da draußen. Fräulein Weber, die Direktorin der Kölner sozialen Frauenschule, wandte sich dann an die Frauen der gebildeten Stände, an die Studentinnen und rief sie alle auf zur freiwilligen Arbeit, zur Arbeit in Troisdorf, in der Pulverfabrik. Eine Weihestunde für die deutsche Frau habe geschlagen; eine Probestunde der Kraft, wie sie im Völkerleben hin und wieder auftrete, sei da und fordere das höchste von der deutschen Frau. Der Geist von 1914 möge nun auch über die deutsche Frau kommen und sie alles hintan setzen lassen vor der Forderung der Stunde. In Troisdorf brauchten sie Arbeitskräfte. Keine Bedenken könne es geben für Mütter, wie Haustöchter und Studentinnen, dem Rufe zu folgen. Hart sei die Zeit, hart müsse die Frau sein. Da gelte kein Müdesein, keines Hauses Pflicht. Mehr wie die Studien, mehr als unsere Bequemlichkeit, mehr als das Leben sei das Vaterland. Hier gelte keine Philosophie der Bücher mehr, sondern die Philosophie der Tat. Alle möchten des Volkes Arbeitskleid, des Volkes Last mittragen, damit in Wahrheit ein neues soziales Deutschland erstehe. Die Stunde des Vaterlandes fordere die Hilfe der deutschen Frau; es sei die Stunde der Seele, die sie zu leuchtenden Opfern hebe, auch wenn die Stunde vielleicht schwarze Schleier bringe. „Deutschland ruft, Deutschland muß leben, wenn wir auch sterben.“ Mit feurigem Schwung hatte die Rednerin gesprochen; ernst entschlossen des Vaterlandes Not geschildert; nicht umsonst um Hilfe gerufen. Der begeisterte Beifall zeigte, daß der Ruf der beredten Dame nicht zwecklos verhallen wird.
    In der Aussprache schilderten einige Studentinnen, die seit acht Tagen in Troisdorf arbeiten, die Verhältnisse in der Pulverfabrik. Ihr Idealismus und ihre begeisterte Hingabe an das vaterländische Werk war nicht im geringsten abgeflaut und so wurden sie aus der Praxis heraus starke Werberinnen für den Hilfsdienst, für den Schützengrabendienst der deutschen Frau.
    Manchem lauen hilfsdienstpflichtigen Manne mögen während der Versammlung die Ohren geklungen haben.

Verzicht auf besondere Festkleider bei der Feier der ersten hl. Kommunion. Im kirchlichen Anzeiger für die Erzdiözese Köln befindet sich folgende Bekanntmachung des Erzbischöfl. Generalvikariats:
   
Von amtlicher Seite werden wir darauf aufmerksam gemacht, daß die lange Kriegsdauer und die Unterbindung jeglicher Rohstoffzufuhr peinlichste Sparsamkeit beim Verbrauch von Web-, Wirk- und Strickwaren zum dringenden Gebot macht. Insbesondere sollen Bezugsscheine für besondere Festkleider bei der Feier der ersten hl. Kommunion nicht mehr ausgestellt werden. Unter Bezugnahme auf unsere Verfügung vom 15. Februar ersuchen wir daher die Herren Pfarrer und Rektoren, die Eltern auf diese Sachlage aufmerksam zu machen und dieselben dringend zu ermahnen, daß sie von der Anschaffung besonderer Kleider für die Feier der ersten hl. Kommunion absehen und die Kinder in ihren gewöhnlichen Sonntagskleidern an den Tisch des Herrn treten lassen.

(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)

       

In zwölfter Stunde.
Es ist ein Geschenk des Himmels an die Menschheit, daß das ertragene Trübe und Harte sich in der Vergangenheit aufheitert und verschönt, daß das geleistete Gute und Edle sich mit den Jahren verklärt und zum Erhabenen gestaltet.
So wird auch diese Kriegszeit mit ihren Entbehrungen und Nöten, ihrem Kämpfen und Bluten, Leiden und Opfern für alle, die sie in ihrer ganzen Größe miterlebt, recht erfaßt und bestanden haben, in späteren Jahren ein kostbares Gedenken deutscher Pflichterfüllung, deutschen Heldentums und deutscher Größe hinterlassen. [...]
Ist es nun eine köstliche Gabe Gottes, daß die Zeit Böses und Gutes, je länger sie es in Händen hält, edler formt, so ist es ihr unabänderliches Gericht, daß sie Geschehens nicht ungeschehen, Unterlassenes nicht getan machen kann.
Und das bedenke jeder, der seine Pflicht beim Zeichnen der 7. Kriegsanleihe noch nicht nach Kräften erfüllt hat.
Die zwölfte Stunde hat geschlagen!
Noch ist es Zeit! Nicht lange mehr und Versäumtes kann nicht mehr nachgeholt werden!
Schuld bleibt Schuld!
Laß nicht Eigennutz uns das niederträchtige Wort aussprechen: „Auf mich kommt es nicht mehr an!“
Mit diesem schmählichen Worte bricht jede gemeinnützige Handlung, bricht der Staat und damit unser eigenes Wohlergehen zusammen. [...]
Folge der Stimme deines Gewissens! Sie ist die Stimme der Klugheit!
So wahr sich am 18. Oktober die letzte Zeichnungsstunde mit dem Schlage eins nicht eine Sekunde länger halten läßt, so wahr begeht der, der nicht seine verfügbaren Mittel dem Staate hingibt, ein Verbrechen am Staat, ein Verbrechen an unseren gefallenen und kämpfenden Helden.
Darüber soll sich jeder Deutsche klar sein. Worte sind nunmehr genug gefallen, noch ist es Zeit zu Taten.
Pflicht bleibt Pflicht und muß erfüllt sein!
Deutscher, bedenke, daß Deutschsein pflichttreu sein heißt!
Die zwölfte Stunde hat geschlagen!

(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)