Mittwoch, 29. August 1917

      

Bonner Lebensmittelversorgung. Die Kartoffelversorgung hat sich wesentlich gebessert. Auch in dieser Woche können wieder sieben Pfund auf den Kopf der Bevölkerung ausgegeben werden, und zwar werden fünf Pfund auf die Kartoffelkarte und zwei Pfund auf die Warenmarke 32 verabfolgt. Eine Bekanntmachung darüber wird noch veröffentlicht. Soweit sich bis jetzt übersehen läßt, werden auch für die nächsten Wochen sieben Pfund, unter Umständen sogar noch mehr Kartoffeln abgegeben werden. Die gute Kartoffelversorgung ist deshalb freudig zu begrüßen, weil nach wie vor Gemüseknappheit herrscht. Diese ist noch immer darauf zurückzuführen, daß die Höchstpreise überschritten werden. Die Reichsstelle für Gemüse und Obst ist jedoch in letzter Zeit sehr scharf gegen den Gemüsewucher vorgegangen, und es ist zu erwarten, daß wir noch vor der Anlieferung des Herbstgemüses endlich geordnete Zustände bekommen. Die Stadt Bonn hat große Abschlüsse in Kohl und anderen Herbstgemüsearten getätigt, so daß in den nächsten Wochen der Markt voraussichtlich gut beliefert werden kann.
   Die städtische Kleinverkaufsstelle, die sich jetzt im Hause der Armenverwaltung Franziskanerstr. 8a befindet, wird vom nächsten Montag ab nach dem Eckladen im Ritzdorffschen Hause Franziskanerstraße-Belderberg verlegt. Es sind dort größere Räumlichkeiten gemietet worden, so daß die Käufer besser und schneller abgefertigt werden können.
   Die Kriegsküchen haben in dieser Woche wieder rund 4.500 Teilnehmer.
   Die Belieferung der Stadt Bonn mit Fleisch ist in den letzten Wochen sehr schlecht gewesen, so daß nicht die vollen 250 Gramm auf den Kopf abgegeben werden konnten. Das Lebensmittelamt hat beim Viehhandelsverbande die nötigen Schritte getan, um diesem bedauerlichen Mangel abzuhelfen.

Im Metropol-Theater wird gegenwärtig u. a. der Film „Die Marokko-Deutschen in der Gewalt der Franzosen“ nach Aufzeichnungen des deutschen Vizekonsuls Gustav Fock aus Rabat vorgeführt, ein Film, der gerade in dieser Zeit, wo wir Deutsche von Versöhnungsfrieden und Internationalität schwätzen, zur Wiedererweckung deutschen Selbstbewußtseins im einzelnen dienlich sein könnte. Was zu Kriegsbeginn deutsche Frauen und Männer in den Händen der Franzosen – bekanntlich die international beglaubigten Vertreter höchster Kultur, Menschlichkeit und „Galanterie“ – gelitten haben, wird hier in einem kleinen Ausschnitt, der in Marokko spielt, mit erschütternder Wirkung dargestellt.

(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)

         

Die Obst- und Gemüsediebstähle in unserer Stadt mehren sich in fast unheimlichem Maße. Allenthalben hört man klagen. Nicht nur die Feldbestände und Obstgärten, sondern auch die Haus- und selbst die Vorgärten werden heimgesucht und Obst und Gemüse oft nicht pfund-, sondern sogar zentnerweise abgeschleppt. Dabei benehmen sich die Diebe, wenn sie irgendwie gestört oder abgefaßt werden, in unglaublich roher Weise und setzen sich der Festnahme oder Feststellung der Person nicht selten in gefahrdrohender Weise entgegen. So sollen u. a. die Diebe einem Gartenbesitzer im südlichen Stadtteil mit dem Revolver entgegengetreten sein. Wenn das so weitergeht, erscheint ein Selbstschutz der Besitzer untereinander geboten.

(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)

     

Schüler als Hilfsarbeiter in der Landwirtschaft. Die Landwirtschaft kann jetzt mehr als je alle Hilfskräfte brauchen. Als solche kommen vor allem auch Schüler in Frage. Nun ist aber mehrfach berichtet worden, daß Schüler, die gern bereit waren, bei den landwirtschaftlichen Arbeiten zu helfen, von ihren Eltern daran verhindert wurden, weil sie einerseits befürchteten, die Arbeit könnte für ihre Jungen zu schwer sein und diese könnten bei solcher Tätigkeit gesundheitlich Schaden nehmen, andererseits die Schüler könnten in ihren Bildungsanstalten zurückbleiben. Ersteres Bedenken läßt sich ohne weiteres widerlegen. Das Arbeiten in frischer Luft kann die jungen Körpger nur stählen und kräftiger machen. Die zweite Besorgnis aber wird behoben durch eine Verordnung des Kultusministeriums, daß Schüler, die im Winter ihre Schuldigkeit tun, bei der Versetzung in höhere Klassen nicht zu kurz kommen sollen, auch wenn sie nicht das volle vorgeschriebene Pensum beherrschen.

(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)