Samstag, 4. August 1917

      

Anzeige im General-Anzeiger vom 4. August 1917Wegen der Wiedereroberung von Czernowitz, die der gestrige Tagesbericht unserer Heeresleitung meldet, läuteten gestern nachmittag in Bonn die Glocken aller Kirchen. Zahlreiche Häuser, vor allem auch die öffentlichen Gebäude, legten Fahnenschmuck an.

Unverantwortliches Treiben von Frauen und Jugendlichen. Unsere feldgrauen Brüder stehen in den schwersten und blutigsten Entscheidungskämpfen, die die Weltgeschichte gesehen hat. Eine herrliche und lebendige Mauer schützt und schirmt die Daheimgebliebenen. Unser Vaterland ist in treuester Hut. Die Feinde können ihm nichts anhaben. Aber im Innern des Lands stecken leider noch manche schlimmen Feinde. Das sind neben den Kleinmütigen die unvernünftigsten Elemente unter den Frauen und Jugendlichen, deren unverantwortliches Treiben bei Ausständen und Unruhen vom deutschen Volk einmütig aufs schärftste verurteilt wird. Nach § 89 des Strafgesetzbuches wird ein Deutscher, der während eines gegen das Deutsche Reich ausgebrochenen Krieges der Kriegsmacht des Deutschen Reiches vorsätzliche Nachteile zufügt, wegen Landesverrat bestraft. Wenn nicht mildernde Umstände zugebilligt werden, kann Zuchthausstrafe bis zu 10 Jahren verhängt werden. Zur Erfüllung des Tatbestandes des Landesverrates ist nicht erforderlich, daß bei dem Täter eine sogenannte feindliche Absicht vorliegt. Ob die Handlung ihm nur Gewinn bringen sollte oder ob sie politischen oder wirtschaftspolitischen Beweggründen entsprang, ist gleichgültig. Nicht der gewollte Endzweck, sondern allein der Umstand ist entscheidend, ob sie den Erfolg haben mußte, der deutschen Kriegsmacht Nachteile zuzufügen, und ob sich der Täter dessen bewußt sein mußte. Damit scheidet der Ausstand in den kriegswichtigen Betrieben während des Krieges als politisches Machtmittel unbedingt aus. Wer sich des Ausstandes trotzdem zur Erreichung bestimmter Zwecke bedient, begeht ein Verbrechen. Nach den öffentlich abgegebenen Erklärungen des Chefs des deutschen Generalstabes und des Chefs des Kriegsamtes kann es nicht mehr zweifelhaft sein, daß eine auch nur vorübergehende Arbeitseinstellung in der Rüstungsindustrie geeignet ist, im gegenwärtigen Kriege die Entscheidung über Sieg oder Niederlage des deutschen Heeres zu beeinflussen. Eine jede solche Arbeitseinstellung muß also der Kriegsmacht des Deutschen Reiches Nachteil zufügen, und wer sie aus irgend welchen Gründen anzettelt, begeht Landesverrat. Keine Frau und auch kein Jugendlicher in Deutschland wird sich des furchtbaren Vorwurfs des Landesverrats aussetzen wollen! Sie wären für immer geächtet. In erster Linie von denen, die draußen an der Schlachtfront täglich das Leben einsetzen für die Daheimgebliebenen, für die Frauen und die heranwachsenden Jugendlichen.

Wegen Vergehens gegen § 175 des Strafgesetzbuches wurden ein früherer Krankenwärter aus Bonn und ein Gemüsehändler aus Duisdorf gestern von der Strafkammer zu je sechs Monaten Gefängnis verurteilt.

(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)

     

Schwere Strafen für Felddiebstähle. Um dem in letzter Zeit in erschreckendem Maße zunehmenden Felddiebstahl noch wirksamer als bisher entgegenzutreten, hat der Gouverneur der Festung Köln eine Verordnung erlassen, der zufolge diejenigen, welche Garten- oder Feldfrüchte oder andere Bodenerzeugnisse aus Gärten oder Feldern entwenden oder auch nur zu entwenden versuchen, vor das außerordentliche Kriegsgericht gestellt werden und Strafen bis zu einem Jahre Gefängnis oder bis zu 1500 M. zu erwarten haben. Außerdem hat der Herr Gouverneur es sich vorbehalten, neben der gesetzlichen Strafe auch noch die Sicherheitshaft gegen den Täter zu verhängen. Der vollständige Inhalt dieser Verordnung ist in der heutigen Nummer unseres Blattes abgedruckt.

(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)