Samstag, 23. Juni 1917

      

Brotmarken sind in der letzten Zeit mehrfach Kindern weggenommen worden, erst vorgestern wieder in der Rathausgasse einem sechsjährigen Mädchen, das zum Einkauf eines Brotes geschickt worden war. Eine Frau hielt das Kind an, bewunderte scheinbar seine Geldbörse und nahm dabei das Geld und die Brotmarke heraus, ohne daß das Kind es gewahr wurde. Die Eltern mögen ihre einkaufenden Kinder genau anweisen, nicht fremden Leuten zu vertrauen.

Zehn Kaninchen und 16 Stück Federvieh hatte vorigen Herbst ein beurlaubter Unteroffizier, der später auch fahnenflüchtig geworden ist, bei vier Einbruchdiebstählen in Beuel und Umgegend gestohlen. Er wurde gestern von der Strafkammer zu drei Jahren Gefängnis verurteilt. Ein Schuhmacher aus Beuel, der sich zwei Kaninchen hatte schenken lassen, erhielt wegen Hehlerei drei Monate Gefängnis, seine Schwester, die die beiden Kaninchen gebraten hatte, eine Woche.

(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)

      

Beigeordneter Piehl über unsere Ernährung. Der Einladung unserer Stadtverwaltung zu einem hauswirtschaftlichen Vortrag waren unsere Hausfrauen so zahlreich gefolgt, daß der große Festsaal des Bürger-Vereins die Besucherinnen kaum fassen konnte. Herr Baurat Piehl begrüßte die Hausfrauen mit herzlichen Worten und betonte, daß gar viele Frauen den Ernst der Zeit leider noch immer nicht erkannt hätten, und es nicht verständen, sich auch in der Ernährungsfrage dem großen Ganzen unterzuordnen. Die Großzügigkeit unserer Ernährungswirtschaft werde durch jede Sonderversorgung untergraben; zudem werde dadurch Unzufriedenheit in den weniger bemittelten Kreisen erweckt. Schleichhandel und Preiswucher müßten unbedingt von den Hausfrauen bekämpft werden. Auch müßten unsere Hausfrauen die städtische Verwaltung in der Durchführung der Höchstpreise unterstützen. Namentlich müsse dies auf dem Wochenmarkt geschehen, wo gegenwärtig die größten Unzuträglichkeiten herrschten. Beigeordneter Piehl betonte ausdrücklich, unsere Hausfrauen hätten die Pflicht, der Behörde jede Uebertretung der Höchstpreise zur Kenntnis zu bringen. Es könne dies ohne Scheu geschehen, da ihr Name bei dem anhängig werdenden Strafverfahren nicht genannt werde.
   Frau Winterschuldirektor Caspers aus Kempen gab eine sehr anschauliche Darstellung über zeitgemäßes Kochen und die Verwertung von Gemüse und Obst. Natürlich können wir über einen derartigen Vortrag, der von unseren Hausfrauen angehört werden muß, um in seinen Einzelheiten praktisch nachgeachtet zu werden, an dieser Stelle nicht näher berichten. Die anwesenden Hausfrauen dankten der trefflichen Rednerin durch lebhaften Beifall. Auch wurde von Bonner Hausfrauen mancherlei zur Kenntnis gebracht, was für die Kriegswirtschaft am Herd von Wert ist.
   Im Verlaufe der Erörterungen wurde auch ausdrücklich anerkannt, daß unsere Lebensmittelversorgung in Bonn gut geregelt sei, ganz besonders im Verhältnis zu den Verpflegungszuständen in gar manchen anderen Gemeinden.

Plakate oder sonstige Ankündigungsmittel für Schaustellungen jeder Art, ferner Reklamen in Bildform oder in auffälliger Schriftart, dürfen außer an öffentlichen Anschlagsäulen nur vor denjenigen Gebäuden, in denen die Schaustellungen stattfinden, angeschlagen oder angebracht werden. Die Anzeigen dieser Unternehmungen in den Zeitungen dürfen keinerlei bildliche Darstellungen enthalten. Ferner ist das Anschlagen, Auslegen, Aushängen oder Ausstellen von Karten und Plänen von Stadt-, Eisenbahn-, Hafen- und Fabrikanlagen an allen öffentlichen Orten verboten.

(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)