Dienstag, 12. Juni 1917

     

Anzeige im General-Anzeiger vom 12. Juni 1917Das Nachmittagsheim für Verwundete, das die schönen Räume des Hauses Koblenzer Straße 90 verlassen mußte, hat im Hause Lennéstraße 65 durch das freundliche Entgegenkommen der katholischen Studentenverbindung Frisia eine neue Zuflucht gefunden und wird am heutigen Dienstag wieder eröffnet. Das Verwundetenheim wurde im August 1915 durch den innigsten Wunsch der Bonner Frauenvereine ins Leben gerufen, den genesenden Kriegern eine Stätte zu geben, an der sie etwas von dem finden sollten, was ein edles deutsches Haus zu bieten hat am Anregung, geistiger und körperlicher Erholung. Mit besonderem Dank muß auch hier der unvergeßlichen Frau Gudden als Leiterin gedacht werden. Die Damen alle, die in unermüdlicher, vorbildlicher Pflichttreue hier mütterlich walten, Kaffee und Gebäck mit ihren jungen Helferinnen verteilen und für jeden Besucher ein teilnehmendes Herz haben, sind mit ihrer Tätigkeit niemals öffentlich hervorgetreten; dafür aber ist ein schönes Band des Vertrauens und der Dankbarkeit geflochten worden, das über den Krieg hinaus in die Zukunft wirken wird. Neben der stets gebotenen Unterhaltung an Spiel und Lesestoff fehlte es kaum in der Woche an irgend einer größeren Veranstaltung, die die Anteilnahme und Liebe aller Kreise an unseren lieben Feldgrauen verriet: Militärkonzerte, Kinderreigen, Gedichtvorträge, Vorträge von Professoren neben heiteren und komischen Darbietungen, Theateraufführungen und schöne Chorwerke brachten Genüsse edelster und erfreulichster Art, unter denen auch die Beteiligung aus dem Kameradenkreis nicht fehlte. Alles dies machte das Nachmittagsheim zu einer Stätte der alles erfassenden, mitschwingenden Volksseele in unvergesslicher großer Zeit. 38.000 Besucher, darunter viele Stammgäste, sind in den 21 Monaten durch das Heim gegangen, 130 Veranstaltungen weist die Chronik mit ihrem reichen Inhalt auf. Nun zieht der alte Geist in die neuen Räume. Möchte auch dort ein reger Besuch alle mütterliche Liebe lohnen, Freude und Frohsinn die Schwere der Zeit lindern und weiterhin Balsam in die Wunden des Leibes und der Seele gießen, dann bleibt das Nachmittagsheim für unsere genesenden Krieger wie bisher die Stätte allgemeiner Zuneigung. H.K.

(Bonner Zeitung, Rubrik „Städtische Nachrichten“)

     

Die Handwerker des Kreises Bonn-Land werden wiederholt darauf hingewiesen, daß die Rheinische Genossenschaft zur Förderung von Handwerk und Gewerbe, in Köln, Ubierring 15, deren Mitglied der Kreis ist, eine Vermittlungsstelle für den Absatz von infolge des Krieges überflüssig gewordenen Handwerksmaschinen eingerichtet hat. Die Vermittlung erfolgt völlig unentgeltlich mit dem Ziele, namentlich Kriegerfrauen einen günstigen Verkauf der herrenlos gewordenen Anlagen zu sichern. Die Vermittlungsstelle kann ihre Aufgabe nur dann erfüllen, wenn ihr möglichst alle freigewordenen Maschinen bekannt gegeben werden. Den Beteiligten wird empfohlen, von dem Anerbieten der Genossenschaft ausgiebig Gebrauch zu machen. [...]

Anzeige im General-Anzeiger vom 12. Juni 1917Anzeige im General-Anzeiger vom 12. Juni 1917Kinos. Das neue Programm der Lichtspiele bringt den neuesten Film von Henny Porten: „Christa Hartungen“ sowie den amtlichen Kriegsfilm „Ein Schlachttag in der Champagne“, der u. a. auch Luftkampfszenen zeigt. Außerdem wird noch ein Drama und ein Lustspiel vorgeführt. [...]

Das Asyl für Obdachlose in Bonn, welches sich in Friedenszeiten eines sehr guten Zuspruchs der Heimatlosen erfreute, steht heute meist öd und verlassen da. Die gastliche Stätte, die einst häufig hundert und mehr Obdachlose in einer Nacht beherbergte, wird jetzt selten von einem müden Wanderer aufgesucht. Der Krieg hat auch hier einen Wandel geschaffen. Manche der ehemaligen „Stammgäste“ tragen des Königs Rock, andere haben eingesehen, daß es doch zweckmäßiger ist, sich ihren Unterhalt mit ehrlicher Arbeit zu verdienen, als wandernd die Lande zu durchziehen. Die augenblicklich sehr günstigen Arbeitsbedingungen mögen hierzu erheblich beitragen. Allerdings ist es Sommer, und man darf wohl bestimmt vermuten, daß mancher der Leute, die einst das Asyl gerne aufsuchten, bei Mutter Grün übernachtet. Aber auch im vergangenen Winter, der sich durch äußerst strenge Kälte auszeichnete, wurde nicht annähernd der Prozentsatz der Obdachlosen in Friedenszeiten erreicht.

(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)

     

Anzeige im General-Anzeiger vom 12. Juni 1917Abspenstigmachen von Arbeitern. In der letzten Zeit häufen sich die Klagen über das Abspenstigmachen von Arbeitern. Es wird hier wiederholt dringend vor jedem unerlaubten Werbemittel zum Anlocken von Arbeitern gewarnt. Gegen jede Uebertretung der in diese Richtung ergangenen Erlasse und Verfügungen des stellv. Generalkommandos, wird, soweit sie zur Kenntnis der Kriegsamtstelle gelangen, mit der ganzen Härte der Strafbestimmungen vorgegangen werden. Die Kriegsamtstelle ersucht daher alle in Betracht kommenden Stellen, derartige durchaus den Zeitumständen und dem Geist des Hilfsdienstgesetzes zuwider laufende Handlungen unverzüglich der Kriegsamtstelle Coblenz, Abt. H. A. zur Anzeige zu bringen. Die Verfügung des stellv. Generalkommandos 8 A.-K. vom 26.1.17 Abt. V. W. Nr. 6983 verbietet u. a. Anzeigen in Zeitungen und Zeitschriften unter Chiffre oder Deckadresse, soweit sie a) der Anwerbung gewerblicher, männlicher oder weiblicher Arbeitskräfte, einschließlich der Werkmeister und Vorarbeiter dienen, b) Stellengesuche männlicher und weiblicher Arbeitskräfte enthalten. Ferner untersagt diese Verfügung Anzeigen jeder Art, in denen a) ein Hinweis auf höhere Löhne oder besondere Vergünstigung enthalten ist, b) eine Zusage auf Befreiung oder Zurückstellung vom Heeresdienst durch Stellung eines entsprechenden Antrages des Arbeitgebers gegeben wird, c) von Arbeitsuchenden Zurückstellung vom Heeresdienst angestrebt wird. Außerdem sind verboten Anzeigen, in denen Arbeit im neutralen oder feindlichem Ausland angeboten oder gesucht wird und Anzeigen, die einen direkten oder indirekten Hinweis auf das Gesetz über den vaterländischen Hilfsdienst enthalten, soweit sie nicht vom Kriegsamt oder den Kriegsamtstellen ausgehen oder genehmigt werden. [...] Wer den vorstehenden Bestimmungen zuwider handelt oder zu ihrer Uebertretung auffordert oder anreizt, wird auf Grund des § 9 des Gesetzes über den Belagerungszustand vom 4.6.1851 mit Gefängnis bis zu einem Jahr bestraft. [... ] Außerdem wird dringend vor der wirtschaftlichen Schädigung, die eine derartige nur dem Augenblick Rechnung tragende Lohntreiberei hervorzurufen geeignet ist, gewarnt. Die Kriegsamtstelle ist überzeugt, daß dieser Hinweis genügt, um Arbeitgeber von solch schädlichem Vergehen abzuhalten und sie auf die vielen gesetzlichen Wege der Arbeiter-Beschaffung zu verweisen.

(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)