Freitag, 25. Mai 1917

     

Aeußerste Vorsicht gegenüber Kriegsgefangenen. Unsere Feinde versuchen ihren schändlichen Aushungerungsplan auf einem neuen Wege zu verwirklichen. Die Kriegsgefangenen sollen unsere Landwirtschaft zu Grunde richten, sie sollen landwirtschaftliche Gebäude in Brand stecken, das Vieh vergiften, das Saatgut beschädigen und dadurch die nächste Ernte gefährden. Verdächtige Werkzeuge und Stoffe sind in der Gefangenenpost gefunden worden, darum ist äußerste Vorsicht geboten.

Mehr Achtung vor der vaterländischen Arbeit. Aus Arbeiter- und Arbeiterinnenkreisen und auch von anderen Stellen wird darüber geklagt, daß Frauen und Mädchen wegen der gelben Hautfarbe, die durch die Arbeit mit Pikrinsäure in den Pulverfabriken entstanden ist, vielfachem Spott und sogar Gehässigkeiten ausgesetzt sind. Vielleicht ist es auch auf diesen Umstand zurückzuführen, daß die Pulverfabriken, besonders in den Pikrinsäure-Preßbetrieben, sehr großen Arbeiter- und Arbeiterinnenmangel haben. Dabei ist es gerade augenblicklich von allergrößter Wichtigkeit für unseren Munitionsersatz, daß in den Pikrinsäure-Betrieben der Arbeitermangel nicht noch verschärft wird. Die gedankenlosen Spötter sollten sich bewußt werden, daß die gelbe Hautfarbe ein Merkmal wertvollster Kriegsarbeit und ein ehrendes Zeichen ist, daß sie selbst aber mit ihrem mehr oder weniger kränkenden Spott das Vaterland nur schädigen.

(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)

Es zeugt von einem sehr geringen Maße von Verständnis für die Pflichten der Dankbarkeit gegenüber den Witwen und Waisen unserer gefallenen Krieger, wenn „ein Familienvater“ in dem gestrigen „Eingesandt“ von der Nagelung an der Arndt-Eiche abrät. Gibt es wohl eine höhere Bezeugung von wahrer Vaterlandsliebe, als der Hinterbliebenen derer mit der Tat zu gedenken, die im Kriege für uns gelitten und ihr Leben für uns hingegeben haben? Wohl gibt es mancherlei Sammlungen für Wohlfahrtszwecke, die durch den Krieg unumgänglich sind, aber was bedeuten denn die „Belästigungen“ des Bürgers, der in seiner Ruhe nicht gestört sein möchte, gegenüber den unsäglichen Leiden der Kämpfer draußen im Felde und dem Unglücke ihrer Witwen und Waisen? Darum, Bonner Bürger, laßt Euch nicht miesmacherisch beeinflussen und verseht, wenn es noch nicht geschehen ist, die Arndt-Eiche mit einem Ehrennagel. Auch ein Familienvater.

(Bonner Zeitung, Rubrik „Eingesandt“)

    

Die elektrische Fähre Godesberg-Niederdollendorf G.m.b.H. muß wegen Mangels an Betriebsstoffen ihren Uebersetzverkehr einschränken. Deshalb sind die Abfahrzeiten (wie in der heutigen Bekanntmachung ersichtlich), halbstündlich festgesetzt worden, falls kein Verkehrshindernis, wie Schleppzüge usw. vorliegt.

Schulkinder bei den Feldarbeiten. In den letzten Tagen konnte man ganze Reihen von Schulkindern, mit einem kleinen Stecher versehen, die Getreidefelder, (Weizen- und Haferparzellen) durchschreiten sehen. Sie waren auf der Jagd nach den Disteln, die durch ihre starken Wucherungen und ihr schnelles Wachstum die benachbarten Getreidehalme nicht zur Entwicklung kommen lassen und dadurch die Ernte um eine Bedeutendes herabzumindern vermögen. Die Kinder benahmen sich recht geschickt; man konnte sie ohne Aufsicht ihre Arbeit verrichten lassen. Noch mehr aber werden die Kinder in Anspruch genommen beim Vereinzeln der Zuckerrüben, das in wenigen Tagen seinen Anfang nimmt. Da haben sich die Großgrundbesitzer die Mithilfe einer ganzen oberen Schulklasse gesichert. Unter Aufsicht der Lehrpersonen werden sie das Vereinzeln und Reinigen vornehmen und hofft man auf diese Weise, der vielen Arbeiten Herr zu werden.

(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)

     

Heldenfriedhof. Wer wie Einsender in letzter Zeit Gelegenheit hatte, den Bonner Ehrenfriedhof – Nordfriedhof – zu sehen, wird sehr enttäuscht gewesen sein beim Anblick der Gräber unserer gefallenen Brüder. Keine Spur von gärtnerischem Blumenschmuck. Nur spärliche Epheuranken bedecken den Grabhügel. Es kann der städtischen Gartenverwaltung doch nicht schwer fallen, die nötigen Zierpflanzen zu beschaffen. Sollte es an Arbeitskräften fehlen? Nein, da wird unsere opferfreudige Bonner Jungmannschaft mit Freuden eingreifen und unter fachmännischer Leitung die Gräber in einen der Toten würdigen Zustand setzen. Auch die vorhandenen Grabkreuze bedürfen eines neuen Anstriches. Die städtischen Anlagen in der Poppelsdorfer Allee, Hofgarten usw. prangen im Blumenschmucke, schöne weiße Bänke laden den Spaziergänger zum Sitzen ein. Unsere Brüder stehen draußen wie eine stählerne Mauer. Ihnen verdanken wir es, daß unser schönes Bonn vor Kriegsgreuel und Zerstörung bewahrt geblieben. Eine heilige Pflicht aber ist es, die Gräber der gefallenen Krieger zu pflegen und zu schmücken. Eile tut not. In den Pfingsttagen werden sicher viele auswärtige Angehörige ihre lieben Toten besuchen. Sollen sie es bereuen, die Ausschmückung der Gräber der Stadt Bonn anvertraut zu haben? Civis.

(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Stimmen aus dem Leserkreis“)