Mittwoch, 16. Mai 1917

 

Anzeige im General-Anzeiger vom 16. Mai 1917Arndt-Eiche in Eisen
Die Arndt-Eiche in Eisen, die voraussichtlich die längste Zeit auf dem Münsterplatz gestanden hat, ist in Wahrheit das allgemeine Kriegswahrzeichen der Bonner Bürgerschaft geworden. Groß und Klein, Hoch und Niedrig, Behörden, Privatpersonen, Gesellschaften und Vereine aller Art, alle haben sich an der Benagelung der Arndt-Eiche beteiligt. Da dürfte es angemessen erscheinen, einen Rückblick auf die Entwicklung unseres Kriegswahrzeichens zu tun, und dabei eine kurze Beschreibung der jetzigen Gestaltung zu tun.
    Am Sonntag, 19. Dezember 1915, wurde unter Teilnahme der sämtlichen Behörden, der Studentenschaft und zahlreicher Vereine das Denkmal feierlichst errichtet. Die vereinten Männer-Gesang-Vereine unserer Stadt sangen Beethovens „Die Himmel rühmen“ und E. M. Arndts „Was ist des Deutschen Vaterland“: Die Festrede hielt Herr Oberbürgermeister Spiritus, und der gemeinsame Gesang der Wacht am Rhein schloß die Feier. In drei Tagen war schon eine Einnahme von rund 3000 Mark zu verzeichnen, die von Tag zu Tag sich andauernd in schneller Folge erhöhte. Große Nachfrage war alsbald nach den prächtigen Eichenblättern, welche die Aeste des mächtigen Stammen zieren. Dieser selbst wurde von rund 11.000 Schulkindern unserer Bonner Volksschulen benagelt. Jede einzelne Schule ist auf dem Eichenstamm durch einen besonderen Nagel angegeben, um welchen die von den Schulkindern eingeschlagenen Nägel sich gruppieren. So kann sich die Schuljugend Bonns rühmen, tatkräftig zum Gelingen des vaterländischen Werks beigetragen zu haben, sie wird einstens nach Jahren und Jahrzehnten beim Anblick der Arndt-Eiche sich der schweren und großen Zeit des Weltkrieges erinnern!
    Mitte Februar 1916 belief sich die Einnahme der Arndt-Eiche bereits auf 36.000 Mark. Ende desselben Monats fand die feierliche Nagelung seitens des Lehrkörpers und der Studentenschaft unserer Universität statt. In der Folgezeit wurden an der Arndt-Eiche regelmäßig wöchentlich Militärkonzerte veranstaltet.
    Am 19. März 1916 vereinte das Bonner Handwerk festlich an der Arndt-Eiche zur Nagelung eines prächtigen Schildes. Da auch andere Körperschaften, Vereine und Privatpersonen großes Interesse den Zwecken der Arndt-Eiche, der Fürsorge von Witwen und Waisen von Bonner Kriegern zuwandten, stieg die Gesamteinnahme bis April 1916 auf 56.000 Mark. Rege Werbetätigkeit für die Arndt-Eiche bekundeten auch die Schülerinnen und Schüler der hiesigen höheren Schulen, Lyzeen und Gymnasien. Die Waisenkinder der Stadt nagelten wiederholt für größere Beträge, die in dankenswerter Weise von Wohltätern zur Verfügung gestellt wurden. Im Sommer 1916 wurde eine Gesamteinnahme von rund 70.000 Mark erreicht, die dann, wenn auch langsamer wie früher, wuchs, so daß am Jahrestag der Errichtung der Arndt-Eiche, 19. Dezember 1916, ein Gesamtbetrag von rund 80.000 Mark festgestellt werden konnte.
   Die Wintermonate 1916/17 brachte keine große Erhöhung der Einnahmen; immerhin beträgt die Gesamtsumme der Einnahmen zurzeit rund 100.000 Mark. Die Hoffnung, daß in nicht allzu langer Frist die Summe von 100.000 Mark erreicht wird, wird wohl erfüllt werden, damit das Denkmal würdig wird dessen, der einst das Wort gesprochen:
   „Der Rhein Deutschlands Strom,
   nicht Deutschlands Grenze!“

Alldeutscher Verband. Montag abend fand im Kronprinzenhof eine stark besuchte Veranstaltung der Bonner Gruppe des Alldeutschen Verbandes statt. Nachdem ein ehrender Nachruf auf den verstorbenen Herrn Paul von Emster, den langjährigen Vorsitzenden der Gruppe, gesprochen worden war, hielt Dr. R. F Günther einen Vortrag über „Deutschland oder England? Hindenburg oder Scheidemann?“ Er führte etwa aus: England ist unser grimmigster und hartnäckigster Feind, weil wir ihm an der Futternapf gekommen sind. Das kann ein Hund nicht vertragen. England ist nicht müde geworden, den Erdkreis gegen Deutschland aufzupeitschen, so lange es die Macht und das Ansehen hat. Nur unsere inneren und äußeren Machtmittel können das „glänzende Kriegsgeschäft“ zunichte machen. Ohne die flandrische Küste ist für Deutschland ein Hindenburgfriede undenkbar, gegen ihre Besitznahme aber wird sich England mit Händen und Füßen wehren, und da heißt es: Deutschland oder England! In Hindenburg wird uns der Retter erstehen, der England zu strafen wissen und uns den Hindenburgfrieden bringen wird. Wenn wir den wünschenswerten Frieden nicht bekommen, haben wir Kriegslasten von 100 bis 172 Milliarden, Wegnahme unserer Flotte, Vernichtung unseres Handels und der Industrie, Lahmlegung der Landwirtschaft usw. zu erwarten. Deshalb seien wir auf der Hut, wappnen wir uns gegen Gemeinheit und Niedrigkeit der Gesinnung um uns herum. Von Stolz und Selbstbewusstsein rede man unserem Volke so lange und so oft, bis es den Standpunkt des Alldeutschen Verbandes zu begreifen gelernt hat, dann wird es die Höhe erstreben, die ihm die Vorsehung zuerkannt hat. Nur dasjenige Volk kann Erfolg haben, das seine Lage in voller Klarheit erkennt und sie durch kluge Kraft und weisen Willen stärkt. Der Deutschgedanke muß überall herausgearbeitet werden. Nur so kann dem deutschen Volke geholfen werden. Was steht uns bevor bei einem faulen Frieden, den uns eine bisher nur staatszersetzende Partei bringen will? Unter einer ungeheuren Steuerlast wird Angefangenes nicht vollendet, edle Arbeiten, weitsichtige Unternehmungen, blühende Zukunftsaussichten werden zu Grabe getragen werden müssen, Armut an allen Ecken, armselige Verhältnisse an allen Enden. Wenn unsere Kolonien verloren gegangen, unser mühsam erworbener Besitz an Geld und Gut entwertet, unsere Schiffahrt eingeschränkt, wenn Landgebiete, die mit dem Blute deutscher Volksgenossen getränkt sind, nicht nur nicht erworben, sondern sogar deutsche Landgebiete aufgegeben worden wären, dann käme zu dem Niedergange noch der Spott und Hohn eines hochmütigen Gesindels um uns herum. Diese unsägliche Schmach wäre einfach unerträglich. Das deutsche Volk hätte in Wahrheit seine Ehre verloren! Das ist das Ideal eines Friedens, wie er den Sozialdemokraten vorschwebt. Auf Hindenburg und seine Getreuen setzen wir unsere ganze Hoffnung. Bei der Abrechnung mit jedem einzelnen unserer Feinde müssen Forderungen zutage treten, die den 42-Zentimeter-Geschützen entsprechen. Der eiserne Wille und die granitene Härte eines Hindenburg, der herrlichen Verkörperung deutschen überragenden Geistes, deutsche Tatkraft und deutsche Stärke müssen das ganze deutsche Volk in Einigkeit erfüllen. Dann wird uns ein deutscher Friede und damit Heil und Glück und die Zukunft unseres teuren Vaterlandes gesichert sein.
  
Im Anschluß an diesen Vortrag legte Prof. Trautmann eine Entschließung vor, die einstimmig angenommen wurde. An den Erörterungen über den Vortrag und die Entschließung beteiligten sich hauptsächlich die Herren Buchhändler Falkenroth, Geheimrat Rocholl, Pfarrer Strauß, Rektor Idel. Prof. Trautmann hatte sich entschuldigt, daß die von ihm beantragte Entschließung etwas lang ausgefallen sei. Geheimrat Rocholl erwiderte darauf, er begrüße diese Ausführlichkeit. Es herrsche so viel Unkenntnis über die Friedensziele, die von guten Deutschen erstrebt werden müsse, daß die ins einzelne gehende Entschließung eine gute aufklärende Wirkung ausüben werde. (Wir werden die Entschleißung morgen veröffentlichen.)

(Bonner Zeitung, Rubrik „Städtische Nachrichten“)

     

Eine Betriebsanordnung für Christi Himmelfahrt und den zweiten Pfingsttag. Das Generalkommando Coblenz hat mit Rücksicht auf die gegenwärtige Kriegslage für den Befehlsbereich des 8. Armeekorps aufgrund des Gesetzes über den Belagerungszustand vom 4. Juni 1851 angeordnet, daß alle beteiligten Betriebe für Kohlenbergbau, Erzbergbau, Hüttenwesen, Stahl- und Eisenindustrie am Himmelfahrtstage und zweiten Pfingsttage arbeiten. Diese Anordnung gilt auch für den Befehlsbereich der Festung Köln.

(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)

    

Eine recht ersprießliche Hülfsarbeit. In den beiden letzten Wochen wurden 16 Gruppen der Bonner Hilfsmannen (Volksschüler) von Grundbesitzern zum Steinelesen und Unkrautjäten angefordert. Mit lobenswertem Eifer unterzogen sich die Knaben auch den schwierigeren Arbeiten und die Gutsbesitzer äußerten ihre Zufriedenheit. Auf Anregung eines Besitzers wurden im Norden der Stadt die Blüten des Huflattich, der in den dortigen alten Sandgruben üppig wuchert, gesammelt. Während die Erfahrungen mit anderen Wildgemüsen durchaus günstig sind, entsprechen die als eßbar empfohlenen Lattichblätter nicht den Erwartungen und ließen an Wohlgeschmack und Bekömmlichkeit zu wünschen übrig. Vielleicht hat es an der Zubereitung gelegen. Der Huflattich ist ein sehr schädliches, schwer zu vertilgendes Unkraut, so daß mit der Vernichtung von vielen Millionen Samenkörnern, die mit einem Flugapparat versehen, vom Winde verbreitet werden, der umliegenden Landwirtschaft eine nicht zu unterschätzende Hilfe geleistet wurde.

Ein erfreuliches Beispiel von Fürsorge und Verständnis gab die Bonner Eisenbeton-Industrie, welche ihre Grundstücke von Unkraut säubern ließ, damit die benachbarten Gemüsefelder nicht darunter litten, und unbenutzte Flächen freiwillig und kostenlos zum Anbau von Kartoffeln zur Verfügung stellte.

(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)