Dienstag, 24. April 1917

      

Das Kriegswirtschaftsamt für die Rheinprovinz, das, wie berichtet, demnächst von Koblenz nach Bonn verlegt werden soll, wird im neuen Gebäude der Landwirtschaftskammer an der Endenicher Allee untergebracht werden.

Um den Kleingeldmangel zu steuern, hat die hiesige Lese Heftchen von 20 Gutscheinen zu je 25 Pfg., zusammen also für fünf Mark, herausgegeben, die im Verkehr mit dem Kellner und dem Weingeschäft gelten.

Hühner und Kaninchen. In einer der letzten Nächte sind Diebe in ein Gehöft an der Endenicher Straße eingebrochen, um dort sechs Hühner im Werte von 60 M. abzuschlachten und zu stehlen. In der gleichen Nacht sind in der Maxstraße fünf Kaninchen im Werte von 180 M. und am Hochstadenring sieben Kaninchen im Werte von 200 M. gestohlen worden, in beiden Fällen mittels Einbruch.

(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)

       

Keine Befreiung oder Zurückstellung vom Hilfsdienst. Die täglich beim Kriegsarbeitsamt einlaufenden Gesuche um Befreiung oder Zurückstellung vom Hilfsdienst geben Veranlassung, auf folgendes hinzuweisen: Eine Befreiung oder Zurückstellung vom vaterländischen Hilfsdienst vom 5. Dezember 1916 überhaupt nicht. Gegen die aufgrund des § 7 des Gesetzes ergangene besondere schriftliche Aufforderung können der Hilfsdienstpflichtige oder sein bisheriger Arbeitgeber bei dem Ausschuß, von dem die Aufforderung ergangen ist, Vorstellung erheben. Die Aufforderung ist zurückzunehmen, wenn die Auflösung des bisherigen Beschäftigungsverhältnisses einen übermäßigen Schaden bereiten würde, sofern nicht die Bedürfnisse des Hilfsdienstes überwiegen. Unter der gleichen Voraussetzung kann die Frist aus § 7 Absatz 3 des Gesetzes verlängert werden. Der Vorsitzende des Ausschusses ist in diesem Falle berechtigt, einen Vorbescheid zu erlassen. Gegen diesen Vorbescheid kann der Entscheidung des Ausschusses angerufen werden, worauf im Vorbescheide hinzuweisen ist. Gegen die Ueberweisung steht die Beschwerde sowohl dem Hilfsdienstpflichtigen als auch seinem letzten Arbeitgeber zu. (§ 31 und 32 der Anweisung über das Verfahren bei den auf Grund des Hilfsdienstgesetzes gebildeten Ausschüssen vom 30. Januar 1917.)

Lichtspiele im Stern. Nirgends wechselt die Szene so schnell wie im Kino. Wurden wir am Samstag in das Reich unserer moskowitischen Nachbarn geführt, wo gegenwärtig so bedeutsame Umwälzungen vor sich gehen, so wurde der Beschauer gestern an das Strandleben in Scheveningen und in den Machtbereich eines indischen Fürsten geleitet. Eine jugendschöne Baronesse wird von dem indischen Fürsten, dem Maharadscha, aus Scheveningen nach seiner Heimat entführt, lebt dort als seine Lieblingsfrau und verschmäht im letzten Augenblick die Freiheit, sodaß ihr Vetter Victor, der sie als Seeoffizier und Gast des Fürsten zufällig im Harem erkennt, sich vergebens bemüht, sie auf den bereitstehenden nächtlichen Kahn aus dem Machtbereich des Fürsten zu bringen, um sie der europäischen Heimat wieder zuzuführen. Wenn man die Pracht der Szenen an dem orientalischen Fürstenhof wahrnimmt, begreift man die Zugkraft, die gerade dieser Film namentlich auf unsere Frauenwelt ausübt.

(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)

„Wie es gemacht wird“. Mit Interesse habe ich die hübsche Darstellung des Herrn Konditor-Obermeisters über die Verteilung von Torten in den Konditoreien und Cafés gelesen. Ich erinnere mich hierbei, daß man schon zu Friedenszeiten in den Konditoreien und Cafés sich auf das Verteilen der Torten sehr gut verstanden hat und daß unsere Konditoren und Kaffeewirte diese schöne Uebung während des Krieges zu einer geradezu meisterlichen Virtuosität entwickelt haben. Eigentlich müßte an jeder Tür geschrieben sein: Opernglas oder Krimstecher ist mitzubringen. Es zeugt wirklich von einer großen sozialen Geste, wenn man die Tortenstücke so einteilt, daß möglichst viele von einer Torte etwas haben können, und die soziale Einsicht unserer Kaffeewirte und Konditoren ist sicher zu loben, die ein Tässchen Kriegskaffee ohne Zucker und Milch mit nur 30 bis 40 Pfennig bewerten. Zugegeben ist, daß die Konditoren neuerdings mit erheblichen Kriegsschwierigkeiten zu kämpfen haben, aber man sollte doch über die Beziehungen der Konditoren zu ihrer Kundschaft und die so soziale Betätigung der Cafétiers und Konditoren keine allzu verzuckerte Meinung verbreiten. Eine alleinstehende Angestellte.

(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Sprechsaal“)

      

Ueber die Kriegsernährungswirtschaft werden gegenwärtig in den Volksschulen Aufklärungsbilder verteilt, welche in einfacher, leicht faßlicher Form die Haupternährungsfragen behandeln: Ausnutzung des Bodens, Viehwirtschaft, Milch und Eierverteilung, Notwendigkeit des Beschlagnehmens, Groß- und Zwischenhandel usw. Die Bücher sollen von den Kindern abwechselnd gelesen und mit in die Familien genommen werden, damit auf diese Weise eine möglichst große Anzahl von Personen Kenntnis von den Inhalten nehmen kann.

Ueberweisung von Saatmais aus Rumänien. Der Landwirtschaftskammer für die Rheinprovinz ist aus Rumänien Saatmais überwiesen worden. Preise und Lieferungsbedingungen können noch nicht bekanntgegeben werden. Bestellungen sind unter Beifügung der Saatkarten an die Saatstelle der Landwirtschaftskammer Bonn, Endenicher Allee 60, zu richten.

Heranziehung von Genesenden aus den Lazaretten zur Frühjahrsbestellung. Gemäß Erlaß des Herrn Kriegsministers vom 21. März 1917 sollen zu den bevorstehenden Frühjahrsbestellungen geeignete Genesende aus den Lazaretten herangezogen werden. Da in landwirtschaftlichen Kreisen vielfach Unkenntnis über die Möglichkeit der Heranziehung von Genesenden aus den Lazaretten zu den Bestellungen und sonstigen Arbeiten besteht, so geben wir diese Mitteilung wieder mit dem Hinzufügen, daß die Anträge auf die Gestellung solcher Arbeitskräfte durch die Kreis- und Landratsämter (Kriegswirtschaftstellen) an die betreffenden Reserve-Lazarette zu richten sind.

Beschaffung von Saatkartoffeln. Infolge der geringen Ernte ist die Beschaffung der erforderlichen Saatkartoffeln mit großen Schwierigkeiten verknüpft, besonders da sich der Bedarf der Rheinprovinz an Saatkartoffeln aus dem Osten auf so große Mengen herausgestellt hat, die nicht vorauszusehen waren. Es sind seitens der Landwirtschaftskammer der Rheinprovinz alle möglichen Bemühungen aufgewendet worden, wenigstens die unbedingt erforderlichen Mengen zu beschaffen, und sind aus den Ueberschußprovinzen des Ostens bis jetzt rund 1.200.000 Zentner zugesagt worden.
  
Wenn damit auch nicht der volle Bedarf gedeckt ist, so ist doch anzunehmen, daß auch für die in der letzten Zeit noch eingegangenen Nachforderungen wenigstens zu einem gewissen Teil sich Deckung wird schaffen lassen, sobald die Mieten im Osten geöffnet sind und die vorhandenen Vorräte sich bestimmt feststellen lassen. Die Heranschaffung solch großer Mengen erfordert natürlich längere Zeit und muß damit gerechnet werden, daß die Lieferung und damit die Auspflanzung der Kartoffeln etwas später erfolgt, als dies bisher in der Rheinprovinz erfolgen konnte. Durch den anhaltenden starken Frost konnte eine frühere Lieferung nicht in die Wege geleitet werden ohne Gefahr für Erfrieren der Kartoffeln. Nachdem jetzt auch in den östlichen Provinzen weiches Wetter eingetreten ist, hat man überall mit dem Verladen begonnen und ist Vorsorge getroffen, daß insbesondere die Frühkartoffeln so schnell als möglich verladen werden, und die Spätkartoffeln in möglichst kurzer Zeit folgen; irgendwelche Verzögerung durch langsame Gestellung von Waggons, die allgemein befürchtet wurde, ist bis jetzt nicht vorgekommen und ist damit zu rechnen, daß sich heute schon zirka 1000 Waggons unterwegs befinden. [...]

(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)