Montag, 26. März 1917

    

Verschönerungsverein für Bonn und Umgebung. In der gestrigen Hauptversammlung berichtete der Vorsitzende, Bürgermeister a. D. Bennauer, über die Vereinstätigkeit im verflossenen Jahre. Sie beschränkte sich darauf, die bestehenden Anlagen zu erhalten. Ausbesserungen im Melbtale wurden leider am folgenden Tage schon durch jugendliche Roheit wieder zerstört. [...] Der vorjährige Vereinsbeschluß, am Treffpunkt der Hindenburg- und Junkerstraße eine Bank auf Vereinskosten aufzustellen, ist von der Stadtverwaltung unter der Bedingung genehmigt worden, daß die Bank in der Form und der weißen Farbe den neuen Bänken am Kaiserplatz und in der Poppelsdorfer Allee entspricht, da nur solche Bänke in Bonn noch aufgestellt werden sollen; mit der Aufstellung der Bank muß aber noch gewartet werden, da die notwendigen gärtnerischen Anlagen vorläufig nicht ausgeführt werden können. [...] Eine Anregung, einen bequemen Aufgang von Dottendorf aus zum Venusberg zu schaffen, wurde beifällig aufgenommen. Bürgermeister Bennauer versprach, sich dieser Aufgabe mit allem Eifer widmen zu wollen.

Die Gemüseversorgung. Auf Einladung des Landrats Geheimrats v. Nell hatten sich Samstag nachmittag die zum Ankauf von Gemüse im Landkreise Bonn zugelassenen Gemüsehändler sowie die Vertreter einer großen Anzahl von Städten, besonders des rheinisch-westfälischen Industriegebietes, im Bonner Bürgerverein zu einer Besprechung über die Neuregelung der Gemüseversorgung versammelt. Landrat Geheimrat v. Nell erörterte die zu erwartenden Maßnahmen der Reichsgemüsestelle und deren Organisation. In Preußen werde eine Landesstelle für Gemüse geschaffen. Es würden Unterbezirke und Kreisstellen für Gemüse errichtet. Ueber einen Teil des im Landkreise Bonn erzeugten Gemüses seien schon Lieferungsverträge abgeschlossen, es solle aber auch das übrige Gemüse erfaßt werden. Die Händler möchten der als Vertrauensmann der Reichsgemüsestelle bestellten Firma Gebrüder Koppel in Bornheim genau angeben, an welche Städte und in welchem Umfange und welche Arten Gemüse sie geliefert hätten. Es solle dann ein Schlüssel aufgestellt werden, nach dem die Städte durch die bisherigen Händler und möglichst auch unter den bisherigen Bedingungen weiter beliefert werden könnten. Die Händler und die Vertreter der Städte waren mit diesem Vorschlag einverstanden. Es wurde dann über den Handelsgewinn gesprochen. Von allen Seiten wurde betont, daß Maßnahmen getroffen werden müßten, um der bisherigen Preistreiberei ein für allemal das Wasser abzugraben. Der Landrat versicherte, daß kein auswärtiger Händler mehr die Erlaubnis zum Aufkauf von Gemüse erhalten werde. Es sei Sache der Händler des Landkreises, unnachsichtig alle Auswüchse zur Anzeige zu bringen, um auch sich selbst die auswärtigen Händler vom Halse zu halten. Man wolle doch, daß nicht nur die oberen Zehntausend mit Gemüse versorgt würden, sondern daß die Masse preiswertes Gemüse erhalte. Die Versammlung stellte die Gewinne für die einzelnen Gemüsearten fest. Bei Spinat sollen 5 M., Rhabarber 2 Mk. verdient werden dürfen, bei den anderen Gemüsen schwankt der Gewinn zwischen 50 Pfg. und 4 M.
   Im Anschluß an diese Versammlung der Händler tagte eine Versammlung der Vertreter der Städte unter dem Vorsitze des Landrats Geheimrats v. Nell. U. a. wies Gartendirektor Günther auf den Mißstand hin, daß die Stadt Bonn, obwohl sie mitten im reichsten Gemüselande liege, im vorigen Jahre 50.000 Zentner Gemüse aus andern Gegenden beziehen mußte. Der Landrat bemerkte, der Landkreis Bonn solle vornehmlich für den rheinisch- westfälischen Industriebezirk liefern, dazu würden auch die Städte Bonn und Köln gerechnet. Die Vertreter mehrerer Städte erhoben dagegen Einspruch, daß Städte und große Werke sich durch Ammoniaklieferung Gemüse sicherten. Der Landrat bemerkte, wenn ein solches Tauschgeschäft im Landkreise Bonn vorgekommen sein sollte, so sei die Lieferung auf unvorschriftsmäßigem Wege zustande gekommen. Die Verträge, die die Firma Krupp abgeschlossen habe, seien alle beanstandet worden. Ein Redner teilte mit, daß die Reichsgemüsestelle den Großhandel frei lassen wolle. Landrat Geheimrat v. Nell bedauerte diesen Standpunkt der Reichsstelle, weil dann der Kampf von neuem losgehe. Er bezeichnete die von Gartendirektor Günther mitgeteilte Tatsache, daß Bonn kein Blättchen Gemüse auf dem Markte habe, als geradezu unglaublichen Zustand- und versprach zum Schluß, die in der Versammlung gegebenen Anregungen bei der Reichsstelle für Gemüse vertreten zu wollen.

(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)

    

Verkaufssperre für Petroleum. Auch in diesem Jahre wird während der Sommermonate der Verkauf von Petroleum an Private verboten, und zwar darf nach einer Bekanntmachung des Reichskanzlers vom 1. April bis zum 31. August 1917 Petroleum zu Leuchtzwecken an Wiederverkäufer und vom 1. Mai 1917 auch an Verbraucher nicht mehr abgesetzt werden. (Im vorigen Jahre begann die Verkaufssperre für Wiederverkäufer erst am 1. Mai und für Verbraucher am 1. Juni.) Keine Anwendung findet das Verbot auf den Absatz von Petroleum für Positionslaternen sowie für die im Interesse der öffentlichen Sicherheit polizeilich angeordnete Beleuchtung.

Der Fischverkauf, den die Stadt am Samstag auf dem Wochenmarkt abhielt, hatte unsere Hausfrauen in hellen Scharen angelockt, um sich die seltene Gelegenheit, wieder einmal nach Herzenslust Auswahl unter frischen Fischen zu treffen, nicht entgehen zu lassen. Außer gewässertem Stockfisch gab es vorzüglichen Cabliau, Schollen und Seebutt, und außerdem waren auch noch Heringe zu haben, die das Stück zu 20 Pfg. abgegeben wurden. Trotzdem der Andrang groß war, konnte jedoch Jeder befriedigt werden; bei Marktschluß war sogar noch Vorrat vorhanden. Aller Voraussicht nach trifft heute Montag eine weitere Sendung Fische ein, die ebenfalls auf dem Wochenmarkt verkauft werden sollen. Bei der augenblicklichen Fleischknappheit ist das Eintreffen von frischen Fischen doppelt freudig zu begrüßen.

(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)

   

Eine Vaterländische Kundgebung veranstaltete der Verein der Zentrumspartei in den Kreisen Bonn-Stadt und –Land am Sonntagnachmittag im großen Saale des Bonner Bürgervereins, in dem sich trotz des herrschenden prächtigen Frühlingswetters eine recht stattlichen Anzahl Damen und Herren, ohne Unterschied der Partei, eingefunden hatten. Herr Stadtverordneter Görgen begrüßte die Versammlung und wies kurz auf ihren Zweck hin. Es sei notwendig, wenn das Vaterland in großer Gefahr sei, die Pflicht der Stunde klar zu erkennen und auch andere darauf aufmerksam zu machen, um was es gehe. Die Herren Schriftsteller Dr. Cardauns und Dechant Böhmer behandelten dann die Frage: „Das Gebot der Stunde“. Dr. Cardauns gab zunächst einen Ueberblick über die Lage, zeigte dabei, wie wir unser Vaterland bisher ruhmreich verteidigt und mit welchen Erfolgen unsere Waffen geschmückt seien. Weniger klar als die militärische Lage sei die diplomatische Lage namentlich neuerdings in Amerika und Rußland. Alles dränge auf eine letzte endgültige Entscheidung und da gelte es für uns auch in dieser letzten Not unsere Pflicht zu erfüllen. Diese bestehe außer in der Ehre für Gott, in unserem Danke gegen alle, die bisher am Siege draußen und daheim mitgewirkt. Die noch kommenden Opfer müssen wir ertragen in Ausdauer und Geduld. Wir müssen sparen und uns einschränken. In der Beurteilung aller getroffenen Maßnahmen müssen wir Besonnenheit und Gerechtigkeit üben und maßhalten. Die nächste Zeit soll uns zu Arbeit und Opfer bereit finden. Als köstliches Erbe des Burgfriedens wollen wir gegenseitige Achtung und Duldung mit hinübernehmen in die Friedenszeit. Dechant Böhmer führte u. a. aus: Wenn das deutsche Volk auch den kommenden schweren Zeiten erhobenen Hauptes entgegengehen darf, so darf die berechtigte siegesgewissen Stimmung uns nicht dazu verleiten, die Hände müßig in den Schoß zu legen. Nein, wir sollen unsere Tatkraft bis zur äußersten Kraftanstrengung entfalten. Nur die klare Erkenntnis dieser Pflicht und der unbeugsame Wille aller Kreise, diese Erkenntnis opferwillig und beharrlich bis zum Ende des Krieges in entsprechende Taten und Leiden umzusetzen, kann dem deutschen Volke eine glückliche Zukunft verbürgen. Das Wort vom Durchhalten gewinnt seine größte Bedeutung in dieser letzten Periode des großen Krieges. Es geht ums Ganze. Darum müssen alle Kräfte, militärische, finanzielle und volkswirtschaftliche zusammengerafft werden. Wenn auch noch größere Opfer als bisher verlangt werden sollen, so dürfen wir nicht verzagen. Die musterhafte Geduld und Opferwilligkeit unseres Volkes bürgt dafür, daß es auch noch weiter durchhalten werde. Es wäre auch über alle Maßen töricht, gerade jetzt nachlassen zu wollen, wo aller Voraussicht nach die letzten Nöte überstanden werden müssen. Das Gebot der Stunde verlangt zunächst, daß wir alles verfügbare Geld zur Kriegsanleihe hergeben. Das sind wir nicht nur dem Vaterlande schuldig, das liegt auch in unserem Interesse. Denn die Sicherheit des Vaterlandes bedingt auch die Sicherheit des Einzelnen. Wer hilft die Waffen schmieden, hat fast ein ebenso großes Verdienst wie der, welcher sie führt. Wir müssen auch deshalb die Kriegsanleihe zeichnen, weil ein möglichst gutes Ergebnis die Hoffnungen unserer Feinde zu schanden macht und den Krieg abkürzen hilft.
   Wer wollte zudem die Schuld auf sein Gewissen laden, das Vaterland in seiner äußersten Gefahr im Stiche gelassen zu haben. Diese vaterländische Pflicht ist leicht erfüllbar; das Geld bringt hohe Zinsen und ist sicher angelegt. Wir müssen nicht nur selbst zeichnen, sondern auch andere dazu veranlassen. Das Gebot der Stunde verlangt weiterhin eine kräftige und dauernde Unterstützung der Nationalstiftung für die Hinterbliebenen der im Kriege Gefallenen. Diese sind das Vermächtnis unserer gefallenen Helden und wir wollen ihr Vermächtnis in Ehren halten, indem wir unsere Dankespflicht durch tatkräftige Unterstützung der Kriegerwitwen und Waisen erfüllen. Das Gebot der Stunde ist, daß wir den behördlichen Verfügungen bereitwilligst Gehorsam entgegenbringen. Es ist Pflicht, den Behörden ihr schweres Amt zu erleichtern. Verkehrt ist es, die verschiedenen Berufsstände gegeneinander aufzuspielen. Die Landbevölkerung wird von der Stadtbevölkerung vielfach zu hart beurteilt. Wenn der Druck zu stark auf uns lasten sollte, so denken wir an unsere Feldgrauen und das, was sie auszuhalten haben, oder stellen wir uns unsere Lage vor, wenn die Absicht unserer Feinde das Rheinland zu verwüsten, verwirklicht worden wäre. Ermuntern wir uns an dem Beispiel unserer Verwundeten und ihre Geduld. Schöne Worte hat vor kurzem ein junger Redner in Köln gebraucht; ich möchte sie auch zu den meinen machen, sie lauten: Kein Gedanke dagegen, kein Wort dawider, das Herz dabei, das Geld dazu und das Gebet dafür. Prägen Sie sich, so schloß Redner, diese Worte tief ins Gedächtnis ein und lassen Sie dieselben auf sich einwirken. Unser Kaiser hat an den rheinischen Provinziallandtag auf das Huldigungstelegramm geantwortet, er vertraue auf Gott und unser gutes deutsches Schwert. Schließen wir uns unserem Kaiser an. An seiner Stelle, unter seiner Führung wollen auch wir kämpfen. Auf diese Weise erkämpfen wir einen glorreichen Sieg, einen ehrenvollen Frieden und für unser Vaterland eine reich gesegnete und glorreiche Zukunft. Die Ausführungen beider Redner wurden mit größter Aufmerksamkeit und reichem Beifall entgegengenommen. Der Vorsitzende Stadtv. Görgen, brachte den Dank der Versammlung an die Redner noch besonders zum Ausdruck. Er wies wiederholt darauf hin, daß im Saale Gelegenheit geboten werde, auf die sechste Kriegsanleihe zu zeichnen. Die Drammersche Schule warb um Meldungen und Beamte der städtischen Sparkasse nahmen die geworbenen Zeichnungen entgegen. Der Vorsitzende dankte ihnen für ihre fleißige Arbeit im vaterländischen Sinne und konnte als höchst erfreuliches Ergebnis mitteilen, daß von den Versammlungsteilnehmern 46.500 Mark auf die 6. Kriegsanleihe gezeichnet worden seien. Die Versammlung wurde den Vorsitzenden mit einem Kaierhoch geschlossen. [...]

(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)