Samstag, 11. Juli 1914
Flottenverein Jung-Deutschland: Seit gestern sind in der Lese fleißige Zimmermannshände tätig, um die Festsäle für das 10. Stiftungsfest des Flottenvereins würdig vorzubereiten. Die jungen Vorstandsdamen des Vereins sind eifrig am Werke, dem Saal mit bunten Flaggen und frischem Tannengrün einen festlich-frohen Schmuck zu geben. Besonders sei noch darauf aufmerksam gemacht, daß beim Gartenfest um 6 Uhr auf der Treppe eine photographische Aufnahme aller Teilnehmer stattfindet.
Der Deutsche Flottenverein, Kreis und Ortsgruppe Bonn ladet seine Mitglieder zur Teilnahme am 10. Stiftungsfest des Flottenvereins Jungdeutschland am morgigen Sonntag abend in die Stadthalle ein.
Studienreise: Am 3. August tritt Professor Dr. Hagemann, Vorsteher des tierphysiologischen Instituts der Landwirtschaftlichen Akademie Bonn Poppelsdorf, mit etwa 25 Teilnehmern eine 14tägige Studienreise über Belgien nach England an, um dort die landwirtschaftlichen Verhältnisse und insbesondere die Tierzucht zu studieren.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Städtische Nachrichten")
Student und Kaufmann. In der Nacht zum 24. April nach 3 Uhr wurden zwei angetrunkene Studenten einer nichtschlagenden Verbindung in der Vivatsgasse von einem hiesigen Kaufmann überholt. Hierbei hörte er, wie ein Student sagte: „Soll ich dem mal ins Gesicht spucken?“ Der Kaufmann drehte sich um, um die Studenten, die in Couleur gingen, wegen dieses Ausdrucks zur Rede zu stellen. Daraufhin wurde er von den Studenten „Sie Kommis,“ „Junger Mann vom Tietz“ tituliert. Der Kaufmann ging auf die Studenten zu und bat um ihre Namen. Statt dessen wurde ihm die Antwort [gegeben]: „Sie geben ja doch keine Satisfaktion.“ Der Kaufmann erwiderte, daß sie sich als Mitglieder nichtschlagenden Studentenverbindung schämen möchten, von Satisfaktion zu reden. Während dieser Auseinandersetzung kam man bis zur Sternstraße am Eingang des Friedrichplatzes. Hier gebrauchte der Student W. die Äußerung: „Jetzt sollen Sie einmal einen gedienten Mann kennen lernen.“ Er gab seinem Kommilitonen das Coleurband, ging auf den Kaufmann zu und schlug mit seinem Spazierstock auf ihn ein. Der Kaufmann setzte sich energisch zur Wehr und versetzte dem Studenten einige kräftige Stockhiebe über den Kopf. Der Student warf nunmehr seinen Stock weg, unterlief den Kaufmann und warf ihn zu Boden. Bei diesem Fall zog sich der Kaufmann eine Knieverletzung zu und rief: „Ich habe ein Bein gebrochen!“ Daraufhin bemerkte W.: „Wenn jemand Haue bezieht, will jeder ein Bein gebrochen haben.“ Dann liefen die Studenten davon. Tatsächlich hatte der Kaufmann eine Kniescheibenverletzung davongetragen und mußte von der Feuerwehr auf der Tragbahre zur Klinik und von dort in seine Wohnung gebracht werden. Die Verletzung war so erheblich, daß er fünf Wochen zu Bett liegen und eine Woche das Zimmer hüten mußte. Auch jetzt ist die Verletzung noch nicht geheilt. Nach Aussage eines Arztes läßt sich nicht feststellen, was die Verletzung später für Folgen haben wird.
Der Hauptbeteiligte, der Student W., hatte sich gestern wegen gefährlicher Körperverletzung vor dem Schöffengericht zu verantworten. ... Mit Rücksicht auf den noch zu erwartenden Zivilprozeß, in dem über die Entschädigungsfrage besonders zu entscheiden ist, erkannte das Gericht auf eine Geldstrafe von 200 Mark.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)