Samstag, 12. Dezember 1914

 

Anzeige im General-Anzeiger vom 12. Dezember 1914Sanitätshunde im Felde. Von einem hier im Bonn im Lazarett liegenden Verwundeten wird über seine Auffindung auf dem Schlachtfeld durch einen Sanitätshund folgendes berichtet:
   „Am 21. Oktober morgens erhielt meine Kompagnie den Befehl, auszuschwärmen und vorzugehen. Wir griffen Engländer, die in Schützengräben lagen, an. Nachdem wir diese in die Flucht geschlagen, bekamen wir ein mörderisches Feuer von Zuaven, die einen zweiten Schützgraben stark besetzt hatten. Hier bekam ich einen Schuß durch die Schulter, den ich allerdings erst bemerkte, als ich von meinem Nebenmann darauf aufmerksam gemacht wurde, daß ich blutete. Nun ging es zum Sturm. Im nächsten Augenblick schlug eine Granate neben mir ein. Ein Splitter riß mir die rechte Schulter auseinander. Das Gewehr entfiel meiner Hand. Ich war kampfunfähig. Ein paar Schritte rechts war ein Gebüsch. Da schleppte ich mich hinein, um wenigstens gegen Sicht gedeckt zu sein. Niemand war in der Nähe, der mir hätte helfen können, die Wunde zu verbinden. Ich fühlte, wie ich durch den Blutverlust schwächer und schließlich ohnmächtig wurde. Am nächsten Morgen wurde ich durch das Bellen eines prächtigen Schäferhundes geweckt. Er trug zwei Körbchen mit Stärkungsmitteln und einen Schreibblock. Nachdem ich etwas gegessen, schrieb ich mit der linken Hand auf den Block: holen kommen. Das Tier entfernte sich. Jetzt sah ich um mich und entdeckte zu meinem Schrecken, daß meine verwundeten Kameraden schon alle geholt waren. Man hatte mich in dem Gebüsch nicht gefunden. Kaum war der Hund eine Viertelstunde fort, da kamen zwei Samariter, die mich verbanden und mitnahmen. Daß ich nicht elendig verblutet bin, das danke ich dem guten Tier.“

 

Anzeige im General-Anzeiger vom 12. Dezember 1914Bonner Wehrbund. Der Wehrbund unternimmt am kommenden Sonntag eine größere Geländeübung, der folgender Gedanke zugrunde liegt. Zum Entsatz einer umschlossenen befestigten Stellung, die auf dem Nonnenstromberg angenommen wird, rückt eine Heeresabteilung von Pützchen heran. Der Gegner, der die Festung umschlossen hält, hat von dieser Absicht Kenntnis erhalten und beauftragt darauf hin weiter rückwärts stehend Kräfte, die von Oberkassel heranmarschieren, der Entsetzungsabteilung den Weg zu verlegen. Dieses muß gelungen sein, bevor die Entsetzungsabteilung die Straße erreicht, die von Heisterbach nach Heisterbacherrott führt, sonst gilt der Versuch als mißglückt. Das Gelände wird westlich vom Rhein, östlich vom Lauterbachtal begrenzt. Kundschafter dürfen Feldwege benutzen, Gruppen dürfen nur auf befahrbare Straßen marschieren.
Die einzelnen Abteilungen des Wehrbundes vereinigen sich um ¼10 vormittags in der Doetschstraße, von wo die eine Partei um 10 Uhr nach Pützchen, die andere nach Oberkassel als Ausgangspunkt ihrer Bewegungen abrückt. Nachmittags um 4 Uhr wird die Uebung abgebrochen, wenn bis dahin keine Entscheidung gefallen ist. Die Kritik findet um ½5 auf dem Nonnenstromberg statt. (...)

(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)

 

Der Anfang des Weihnachtsgeschäftes ist, wie man allgemein hört, verhältnismäßig gut gewesen. Abgesehen von einzelnen Luxusartikeln gehen die Geschäfte weit besser als man glaubte. Richtig ausgenutzt, werden die gegenwärtigen Weihnachtswochen nicht nur guten Verdienst bringen, sondern sogar Verluste durch den Kriegsausbruch ausgleichen. Allerdings müssen die Wochen vor dem Fest gut ausgenutzt werden, um die vorhandene Kauflust auf sein Geschäft zu lenken. Auch in der Kriegszeit kann kein Geschäft der Nachhilfe durch zielbewußte Reklame entbehren. Es möge sich also jeder hüten, die Kosten der seinem Geschäft stets nutzbringenden Weihnachtsreklame zu sparen. Man bedenke auch , wie beruhigend es auf unsere Soldaten im Felde wirken muß, wenn sie aus den heimischen Zeitungen sehen, daß die Geschäfte sich daheim in den alten Formen abwickeln. Die Bevölkerung aber möge jetzt kaufen, was sie doch haben muß, selbst bei vernünftiger Sparsamkeit. Dann wird auch der sehnlichste Wunsch Englands, uns wirtschaftlich zu vernichten, nicht erfüllt werden.

Die unentgeltliche Beratungsstelle, die in dankenswerter Weise durch die Bonner Rechtsanwälte während der Kriegszeit ins Leben gerufen wurde, erfreut sich eines regen Zuspruchs. Bekanntlich haben die hiesigen Rechtsanwälte beschlossen, solche Personen aus dem hiesigen Gerichtsbezirk, die durch die gegenwärtigen Verhältnisse nicht in der Lage sind, Anwaltskosten aufzuwenden, unentgeltlich zu beraten. Die Beratungsstelle befindet sich im Anwaltszimmer des Landgerichtsgebäudes (Wilhelmstraße), Zimmer 20, I. Stock, und ist geöffnet an den Werktagen von 4½ bis ½6 Uhr nachmittags, außer Samstags. Falls kein Rechtsanwalt anwesend, können sich Ratsuchenden Wilhelmstraße 17 melden.

Anzeige in der Deutschen Reichs-Zeitung vom 12. Dezember 1914Ueber einen lustigen Vorfall, der sich gestern mittag auf dem Markt abspielte, schreibt uns ein junger Musensohn: Von einem auf dem Markt stehenden Wagen, dessen Fuhrmann augenblicklich abwesend war, unternahm ein Schweinchen bei dem sonnigen Winterwetter einen kleinen Erkundungsausflug. Vergnüglich grunzend schnüffelte das Borstentierchen zwischen den Marktkörben umher. Zwei des Weges kommende Feldgraue entdeckten den Ausreißer, faßten ihn buchstäblich bei den Ohren und setzten ihn trotz heftigen Gequiekes wieder in den Wagen. Lachend zogen die beiden „Tierbändiger“ alsdann davon. Es ist nur lobend anzuerkennen, daß sich unsre wackeren Krieger bei jeder Gelegenheit hilfreich betätigen.

Schwarzlackierte Lederkoppeln sollten zwei junge Arbeiter aus einer Lederwaren-Fabrik entwendet habe. Wegen Lederdiebstahls sind bereits in der verflossenen Woche vom Schöffengericht einige Arbeiter dieser Fabrik bestraft worden. Die Aburteilung der beiden Angeklagten wurde f. Z. verschoben, weil sie angaben, daß sie die Lederkoppeln mit Genehmigung des Meisters weggenommen hätten; außerdem handele es sich nicht um gutes Leder, sondern um Abfall-Lederkoppeln, die unverwendbar seien und auf dem Speicher lagerten. Der als Zeuge vernommene Meister bestätigte die Aussagen der Angeklagten und so blieb nichts weiter übrig, als die Angeklagten freizusprechen.

(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)

 

Anzeige in der Deutschen Reichs-Zeitung vom 12. Dezember 1914Ein Wort an die Hauswirte. In anderen Städten, beispielsweise in Köln, haben sich eine ganze Anzahl Vermieter durch die Kriegslage veranlaßt gesehen, die Miete herabzusetzen. In den jetzigen schweren Tagen würden auch die Bonner Hauswirte ein Werk der Nächstenliebe tätigen können, wenn sie den Mietern, namentlich den ärmeren Mietern, Witwen und alleinstehenden Damen, insbesondere aber in Fällen, wo der Mann im Felde steht, den Mietpreis etwas heruntersetzen wollten. Die Mieter, die ihrerseits wieder einzelne Zimmer, namentlich an Studenten abgeben, sind an und für sich schon gezwungen, den Studenten einen Kriegspreis zu machen, da sonst die Gefahr besteht, daß bei den vielen leerstehenden Zimmern überhaupt nicht gemietet wird. Die herren Hauswirte von Bonn mögen sich diesen Fall einmal überlegen. Eine Mieterin im Namen vieler.

(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Sprechsaal“)

 

Der Flottenbund deutscher Frauen in Bonn dankt herzlichst für die reichen Gaben, die auf seinen Aufruf hin an ihn gelangt sind, um unseren tapfern Marinesoldaten ein schönes Weihnachtsfest zu bereiten. Die Zahl der Pakete betrug annähernd 850; sie sind in 22 großen Frachtkisten an ihren Bestimmungsort Kiel geschickt worden, wo sie hoffentlich ihren Zweck in vollstem Maße erfüllen werden.

Verwundete von St. Joseph an der Höhe wurden gestern abend in der Wohnung des Sanitätsrates Dr. Becker, Reuterstraße, festlich bewirtet. Beim Gesang vaterländischer Lieder und mit Ansprachen des Gastgebers und der Gäste vergingen die Stunden allzuschnell.

(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)

 

Vilich 11. Dez. Der vorige Samstag war für die Verwundeten des hiesigen Lazaretts ein Freudentag. Am Nachmittag besuchte eine Anzahl junger Damen der höheren Töchterschule von Fräulein G. Heyermann aus Bonn die Soldaten und erfreuten sie durch patriotische Gesänge und Deklamationen und spendeten reichliche Liebesgaben. Der wachthabende Unteroffizier dankte in humorvollen Worten und lud die jungen Damen ein, das Lazarett öfters mit ihrem Besuche zu beehren. Zum Danke trug die originelle Verwundeten-Musikkapelle den Damen einige Stücke vor, die reichen Beifall fanden. Am Abend kam der heilige Mann im Ornat in Begleitung des Hans Muff mit der Rute. St. Nikolaus wußte alle guten und bösen Taten der Verwundeten und brachte sie in launigen Versen ans Licht, dabei teilte er seine Gaben aus. Der Stationsarzt Herr Dr. Weis dankte dem heiligen Mann im Namen der Verwundeten mit begeisterten Worten für den wohlgelungenen Abend.

(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Aus der Umgegend“)