Freitag, 4. Dezember 1914

 

Anzeige im General-Anzeiger vom 4. Dezember 1914Bonner Wehrbund. Der Wehrbund hat jetzt eine ständige Werbestelle eröffnet im Hause Thomastraße 1, erster Stock, Ecke Bachstraße. Im selben Haus hat die Krankenträgerkolonne ihre Geschäftsräume. Auf der Werbestelle des Wehrbundes werden die Anmeldungen neuer Mitglieder im Alter von 16 bis 45 Jahren entgegengenommen, es wird dort jede erwünschte Auskunft über den Wehrbund erteilt, und es gelangen dort auch Mützen und andere erforderliche Gegenstände zur Ausgabe. Die Werbestelle ist täglich von 12 bis 1 Uhr mittags und von 7 bis 8 Uhr abends geöffnet, Sonntags jedoch nur mittags. Am nächsten Sonntag fällt das Exerzieren aus, dafür wird sogleich nach der Versammlung sämtlicher Abteilungen des Wehrbundes auf dem Exerzierplatz eine gemeinsame Geländeübung unternommen, nach der um 5 Uhr die sämtlichen Abteilungen in die Stadt zum Kaiser-Wilhelm-Denkmal marschieren. Nach einer Ansprache daselbst findet ein besondere Gottesdienst für die Mitglieder des Wehrbundes in den Kirchen beider Konfessionen statt.

(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)

 

Die Freundschaft zwischen den Schützengräben. In der Hoyaer Ztg. wird folgender Feldpostbrief mitgeteilt: „... In einer Höhle bei Autrèches 20.11.14. Ich danke dir vielmals für die Übersendung des Briefpapiers. Ich habe es an Kameraden mitverteilt. Briefpapier ist ja immer ein sparsamer Artikel. Gestern Nachmittag war Waffenruhe zur Beerdigung der am 12. beim Sturm Gefallenen. Wir hatten 17 Tote und 53 Verwundete, die Franzosen über 300 Tote. Da konnten sich die Franzosen und Deutschen sich nicht länger halten. Aus beiden Gräben wurde mit weißen Tüchern gewinkt, und nun stiegen Franzosen und Deutsche auf die Schützengräben, gingen sich entgegen, schüttelten sich die Hände und verkehrten freundschaftlich zusammen. Die Franzosen hatten nichts zu rauchen, wir gaben ihnen groben Tabak und erhielten dafür Schokolade und Apfelsinen. Außerdem wurde vereinbart, bis abends 9 Uhr sollte kein Schuß fallen; dies ist auch auf beiden Seiten prompt eingehalten worden. Außerdem fragten die Franzosen noch nach guten Punkten, wo sie zu uns überlaufen können. Ich glaube sicher, daß sich die Franzosen bald ergeben. Sie sagten gestern: „Du Kamerad der Infanterie und ich Kamerad der Infanterie“ und gaben dabei kund, daß sie keine Lust mehr haben zum Krieg, und sie schieben die ganze Schuld auf die Engländer, schimpfen sogar auf diese, Ein französischer Korporal küßte sogar einen unserer Feldwebeln. Es ist fast kaum zu glauben, aber es ist wahr, man sieht, wie wenig Lust die Franzosen zum Krieg haben; sie sind eben durch die Engländer in diesen hineingezogen. Hoffentlich geht es weiter so günstig, wenn die Franzosen erst einmal ruhig sind, kriegen die großschnauzigen Engländer sicher ihre verdiente Prügel. Sonst geht es mir gut.... Tausend Grüße Dein treuer H.“

(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus Kunst, Wissenschaft und Leben“)

 

Petroleum!
Eine tiefernste Geschichte aus dem Kriegsjahr 1914.

Wer eilt da so spät durch Wetter und Wind?
Es ist eine Mutter mit ihrem Kind!
Das Kind schmiegt sich fest an die Mutter an.
On hält en de Hand en Petroleumskann.
„Jetz, Kind", die Mutter leise spricht,
„Versök ding Glöck, überschlag mir nicht
Ein Geschäft, mir mösse es hann,
Komm net met de leddige Petroleumskann!"

Anzeige im General-Anzeiger vom 4. Dezember 1914Dat Kind geht rächs, die Motte links
Die Stroß eraff, on jeder spings
Dann en de Geschäfte bang erenn,
Ov ald Lück mit Kanne doh senn ...

„Wat krigs de, Kind – Petroleum?"
Et laach dat ganze Publikum,
Denn die Fraue all em Lade
Ald stondelang op Petroleum wade.
„Wie heesch du, Kind, wo wonnt ihr dann?
Schmitze ich e Dotzend en de Kondschaff hann,
Uevrigens hann ich selvs noch keene,
On dann mösse mir ierz ons Konde bedeene!"

Das Kind schleicht sich beschämt hinaus,
Geht fragend dann von Haus zu Haus,
Doch he wie doh voll Lück et steht,
Denne et all öm Petroleum geht.
Am letzte Geschäff fingk sing Motte et dann ---
Och met die leddige Petroleumskann!

Dieweil ze Huus de Vatte setz
On kritt et ganz on gar net spetz,
Wo eigentlich sing Frau däht blieve,
Dem set Petroleum obzedrieve.
Er war ald äkelig am bromme,
Do hürt er jet de Trapp erop komme.
Et wor och grad de hüchste Zick,
Sind Uenkelskerz hat net mie wick.

Do kom sing Frau de Dür errenn,
Bedröv sind Kind dann hingedrenn;
Er woß, als Beide blieben stumm:
Et wor nix mem Petroleum!
Da schlug er wütend auf den Tisch
Und schmipfte ganz gewaltiglich:
„Morgen sehe ich mich um,
Ich wett', ich krieg Petroleum!"

Bei der Kerze trautem Schein
Sitzt Mutter und Kind im Kämmerlein
Und warten seufzend still und stumm
Auf Gatte, Vater, Petroleum!
Schließlich halten sie's nicht aus
Und eilen schleunigst aus dem Haus;
Es bangt sie um den Vater sehr,
Sie fürchten fast, er kommt nicht mehr!

Dat Kind geht rächs, die Motte links
Die Stroß eraff, on jeder spings
En jedes Wirtshaus bang erenn,
Ov net de Vatte setz do drenn.

Da jubelt das Kind: mit strahlendem Gesicht
Es plötzlich in den Ruf ausbricht:
„He setz de Vatte, komm flöck ens her,
Ich glöv, der Kopp es im ärg schwer!"

Die Gattin sieht den Gatten an,
On dann – die leddige Petroleumskann.

J. Ohrem

(Bonner General-Anzeiger)

 

Anzeige im General-Anzeiger vom 4. Dezember 1914Der Ausschuß für hauswirtschaftliche Kriegshilfe (Vereinigung Bonner Frauenvereine) hat gestern abend im Dreikaisersaal zu einem Vortrag eingeladen, den Herr Oekonomierat Kreuz über das zweitgemäße Thema hielt: „Wie und wo kann in der Kriegszeit im Haushalt gespart werden?“ In klarer, gemeinverständlicher Weise legte der Redner dar, wie kluge Hausfrauen in ihrem Haushalt, insbesondere bei der Zubereitung von Nahrungsmitteln, sparen können. Von Nahrungsmitteln, die für den Haushalt besonders vorteilhaft seien, einesteils wegen der Preise, anderenteils wegen des hohen Nährwerts, nannte er Kartoffeln, Hülsenfrüchte, Käse, Heringe, Getreide, Milch, Schwarzbrot usw. Gemüse und Obst seien wegen ihrer guten Bekömmlichkeit häufiger auf den Tisch zu bringen. Ganz besondere Aufmerksamkeit müsse die Hausfrau den Kartoffeln zuwenden, die doch die Grundlage unserer Ernährung bildeten. Die Kartoffeln sollen im dunklen Keller in Holzkisten, einige Handbreit vom Boden entfern, aufbewahrt werden. Bei der Zubereitung machten die Hausfrauen vielfach den Fehler, daß sie die Kartoffel zu dick schälen; dadurch büße sie an Schmackhaftigkeit und Nährwert ein. Redner wies wiederholt auf den hohen Nährwert der Hülsenfrüchte hin und machte darauf aufmerksam, daß das Schwarzbrot mehr Nährwert besitze als Weißbrot, Graubrot der Brötchen. Obstkraut lasse sich anstelle der teureren Butter sehr gut verwenden. Zucker solle ebenfalls häufiger gebraucht werden. Besondere Beachtung verdiene die sorgfältige Aufbewahrung und Verwendung aller Speisereste. An der Kleidung und an Brennmaterialien könne ebenfalls gespart werden. Die Kochkiste habe sich bewährt. Anschließend an den Vortrag, der noch manch andere wertvolle Anregungen bot, schloß sich eine lebhafte Aussprache.

(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)

 

Zur Ehrung der Gefallenen! Ich erinnere mich eines alten Soldatenfriedhofs aus den Freiheitskriegen, der, von einem prächtigen Buchewald umrahmt, in seiner Gesamtheit auf den Besucher als ein Denkmal von seltenartiger Würde unmittelbar wirkte. Ein Vorbild auch für unsere Zeit! Freudig ist es zu begrüßen, daß eine Reihe von Stadtverwaltungen, unter ihnen auch die Stadt Düsseldorf, es als eine Ehrenpflicht ansehen, für diejenigen, welche den Heldentod fürs Vaterland starben –und auch für die im ehrlichen Kampfe gefallenen Soldaten der feindlichen Mächte – Ehrenfriedhöfe anzulegen.
  
Die Stadt Duisburg plant die Schaffung eines Ehrenfriedhofes am Kaiserberg im Stadtwald, in der Nähe des Kaiser Wilhelm-Denkmals und der Sedanwiese. Von einer niedrigen Mauer eingefriedet, rings von Wald umgeben, und damit dem lärmenden Verkehr entrückt, wird es der Nachwelt ein bleibendes Denkmal sein. Eine große steinerne Reckengestalt als Denkmal aufgerichtet, stellt die hohe bildnerische Kunst in den Dienst dieser ernsten Aufgabe. (...)
   Wir veröffentlichen diesen Artikel aus dem „Spiegel rheinischer Bauart“, weil wir der Meinung sind, es könnte gut und nützlich sein, auch in Bonn an Ehrenfriedhöfe und Kriegerdenkmale rechtzeitig zu denken.

Anzeige in der Deutschen Reichs-Zeitung vom 4. Dezember 1914Heimarbeit. In den Tageszeitungen erscheinen häufig Inserate, in welchen unter dem Versprechen dauernder und gut lohnender Arbeit, Heimarbeiterinnen gesucht werden. Meldunge werden unter Beilage von 40 Pfg. in Briefmarken erbeten. Hierfür erhalten die Einsender ein gesticktes Musterblümchen und die Aufforderung, sich eine Stickereieinrichtung zu bestellen. Die Stickereieinrichtung – Handstickmaschine „Fee des Hauses“ nebst Zubehör – hat etwa einen Wert von 7 Mark, kostet aber 20 Mark. Gefertigte und eingesandte Arbeiten werden vexatorischer Weise beurteilt, so daß die Inhaber solcher Stickereieinrichtungen in kurzer Zeit die Arbeit aufgeben. Die wenigen Personen, welche in mehrwöchentlichen Zwischenräumen Musterblümchen zu Anfertigung bestellt erhalten, verdienen in der Stunde etwa 7 Pfg. Es kann daher vor dem Eingehen auf solche Inserate nur gewarnt werden. Etwa geschädigten Minderbemittelten gewährt die Rechtsauskunftstelle für Männer und die Auskunft- und Rechtschutzstelle für Frauen hierselbst kostenlos Rat und Hilfe.

Eine erfundene Kriegs-Prophezeiung. Wir sind von mehreren Lesern ersucht worden. Zu einer angeblichen Kriegsprophezeiung eines Mönches vom bayrischen Kloster Altötting Stellung zu nehmen, die von einem hiesigen Blatt [dem Bonner General-Anzeiger] ohne jeden Kommentar verbreitet wurde. Wir können dazu nur sagen: Wer auf einen solchen offenkundigen Schwindel hereinfällt, dem ist nicht zu helfen. Die Dummen werden bekanntlich niemals alle. Im übrigen hat das Blatt eine Antwort aus dem Kloster Altötting abdrucken müssen, in welcher die „Prophezeiung“ als „pure Erfindung“ bezeichnet wird.

(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)