Mittwoch, 25. November 1914

 

Anzeige im General-Anzeiger vom 25. November 1914Höchstpreise für Kartoffeln. Zu unserer gestrigen telegrafischen Mitteilung über die Festsetzung von Höchstpreisen für Kartoffeln durch den Bundesrat sei noch folgendes ergänzend mitgeteilt. Die Preise gelten für den Kartoffelproduzenten. (...) Die Preise für die besten Speisekartoffeln wie Daber, Imperator, Magnum Bonum und Uptodate sind um 25 Pfennig für den Zentner höher gesetzt als für die übrigen Speisekartoffeln . (...) Die Höchstpreise sind für die Speisekartoffeln der besten Sorte im Osten 2,75 Mk, in Mitteldeutschland 2,85 Mk, in Nordwestdeutschland 2,95 Mk, in West- und Süddeutschland 3,05 für den Zentner. (...) Die Verordnung über die Höchstpreise für Speisekartoffeln tritt zum 28. November 1914 in Kraft. (...)

Die Eroberung von Ippendorf hatte sich der Bonner Wehrbund am vergangenen Sonntag zur Aufgabe seiner Tätigkeit gesetzt. (...) Einige Wehrbundabteilungen zogen nach Ippendorf, das sie besetzten und gegen andere Abteilungen verteidigen sollten. Sämtliche Eingänge des Ortes wurden besetzt, Vorposten ausgeteilt und ihre Verbindung mit der Hauptmacht hergestellt. So gerüstet, harrte man auf die Annäherung des Gegners. Dieser hatte nach bewährter Taktik zwei Heerhaufen aus seiner Mannschaft gebildet. Während die schwächere Abteilung einen Scheinangriff ausführte, der die Verteidiger Ippendorfs veranlasste, ihre Hauptmacht an den bedrohten Punkt zu senden, erklomm der Führer der stürmenden Partei mit dem stärksten Teile seiner Mannschaft im Schutze des abendlichen Dunkels auf Wegen, die in keiner Generalstabskarte eingezeichnet sind, die Höhen von Ippendorf, warf den schwächeren Gegner zurück und eroberte den Ort. Nach erfochtenem Sieg vereinigten sich Freund und Feind und zogen im strammen Marschtritt mit fröhlichem Gesang zurück nach Bonn zum Kaiserdenkmal. Ein Hoch auf Kaiser und Reich erscholl und mit stramm ausgeführter Kehrtdrehung löste sich der Zug auf.

(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)

 

Anzeige im General-Anzeiger vom 25. November 1914Den Artikel: „Sie wollen keine deutsche Mode“ haben wohl viele gelesen. Zu begreifen ist es ja nicht, daß es jetzt in dieser schweren Zeit noch Frauen gibt, die sich so viel mit Aeußerlichkeiten beschäftigen, statt einfache Kleidung zu tragen und lieber die Zeit zu verwenden, um die armen Krieger mit praktischer und warmer Kleidung zu unterstützen. Auch wollen sie warten, bis wieder Pariser Modelle da sind! Unfassbar!! Hätten sie doch gesagt, wir wollen warten, bis nach dem Krieg die deutsche Mode wohl Fortschritte gemacht hat, und schöpferischer wirken kann, vielleicht vereint mit der Wiener Mode. (...) Daß Männer gegen diese Art Frauen etwas ausrichten, indem sie mit dem Geldbeutel streiken sollen, bezweifeln wir. Gegen solche Frauen können selbst Männer, die mit acht Feinden fertig werden, nichts ausrichten. Leider gibt es aber auch noch viele Männer, die selbst viel auf Aeußerlichkeiten geben und ihre Frauen noch dazu anspornen, möglichst auffällig und immer modern zu erscheinen. Da könnte man ja Abhilfe schaffen! Wir raten beiden, da sie doch stets für etwas Neues, Fremdländisches, Auffälliges und Eigenartiges Sinn haben, es doch mal mit der – „türkischen Mode“ zu versuchen (...) denn jetzt noch jemals wieder die Pariser Mode nachzuäffen, wäre würdelos und unverzeihlich. Zwei deutsche Mädels von der Roonstraße

(Bonner Zeitung, Rubrik „Eingesandt“)

 

Anzeige im General-Anzeiger vom 25. November 1914Weihnachtspakete für das Bonner Artillerie-Regiment . Bekanntlich erhält Bonn nach Vollendung der Kasernenneubauten eine Artillerie-Garnison, die bis jetzt auf dem Truppenübungsplatz Friedrichsfeld bei Wesel gestanden hat. Da die Soldaten von dort aus schwerlich mit Liebesgaben bedacht werden, so würde es wohl angezeigt sein, wenn Bonn sich bei seinen neuen Soldaten jetzt schon im Kriege gut einführen und sie in gleicher Weise bedenken würde, wie unsere Husaren und Infanteristen. Die Adresse ist: Feld-Artillerie-Regiment Nr. 83, 1. Abteilung, 15. Division, 8. Armeekorps.

Die Ortsgruppe Bonn des Flottenbundes deutscher Frauen hat gestern nachmittag im Bonner Bürgerverein ihre General-Versammlung abgehalten. Die Vorsitzende, Frau Geheimrat Schulze, begrüßte die stattliche Versammlung und erstattete den Jahresbericht, aus dem hervorgeht, daß sich die Ortsgruppe gut entwickelt hat. Die Hauptversammlung des Flottenbundes fand Ende Februar bis Anfang März in Hannover statt. Die Ortsgruppe Bonn war vertreten durch Frau Geheimrat Schulze, Frau Simon und die Schatzmeisterin Frau Oehlmann. Der Gedanke, ein eigenes Lazarett einzurichten, mußte der hohen Kosten wegen aufgegeben werden. Man beschloß daher, mit dem Flottenverein und dem Kaiserlichen Yachtklub gemeinschaftlich ein Lazarett einzurichten. Herr Krupp von Bohlen-Halbach stellte das Hotel „Seebade-Anstalt“ mit 120 Betten zur Verfügung. Die hiesige Ortsgruppe steuerte 2000 Mk. zur Unterhaltung dieses Lazaretts bei. Für die Marinesoldaten sind für 300 Mk. Hemden beschafft worden. Es fanden verschiedene gesellige Zusammenkünfte statt. U.a. wurden am 6. November in der Gronau etwa 153 Soldaten aus hiesigen Lazaretten bewirtet. Die Vorsitzende erinnerte schließlich an die Weihnachtsspenden für die Marine und bat um rege Zuweisung von Geschenken usw. Frau Oehlmann erstattete den Kassenbericht. Der Verein zählt 600 Mitglieder. Die Einnahmen betrugen rund 1700 Mk. Die Kasse ist geprüft und richtig befunden worden und es wurde Entlastung erteilt. – Nach der Versammlung fand ein gemütliches Zusammensein bei einer Tasse Kaffee und Kriegshandarbeit statt.

Anzeige im General-Anzeiger vom 25. November 1914Brief eines Kessenichers.
Frankreich – bei Somme-Py 3. Nov. 1914.
Lieber Josef und Johann!
Diese Nacht bekam ich Eure Briefe vom 28.10., wofür ich Euch danke, da Ihr mir damit eine große Freude gemacht habt. In meinem Erdloch beim Kerzenschein habe ich sie noch gelesen. Ihr schreibt mir, daß Ihr auch shcon mal auf dem Venusberg in den Laufgräben spieltet. Ja, in solchen Gräben sind wir jetzt schon seit mehreren Wochen. Die schweren Granaten reißen Löcher, daß man einen großen Wagen mit Pferden hineinsetzen kann, ohne daß man noch was davon sieht. Rings um unseren Schützengraben sind solche Löcher, aber noch keine Granate ist direkt in den Graben geschlagen. Einige dicht davor und haben meterweit die ganze Deckung zusammengeworfen. Gerade so und noch schlimmer zerstört unsere Artillerie die Gräben der Franzosen, die dann aus denselben herausspringen und fortlaufen. Dieser Tage, es war am Sonntag morgen, in der Dunkelheit, hatten sich die Franzosen an uns herangeschlichen, um uns zu vertreiben und durchzubrechen. Es war ein großer Haufen, der dicht vor uns einen Graben ausgeworfen hatte und uns nun beschoß, ohne daß sie etwas sehen konnten. Plötzlich sahen wir die Kerle, als sie in unsern Graben wollten, und wir haben über 100 totgeschossen und noch 60 in ihrem eigenen Graben gefangen genommen. Von uns ist niemand verwundet worden. Wir merken, daß die Franzosen von ihren Offizieren getrieben werden, uns anzugreifen, und froh sind, wenn sie in Gefangenschaft geraten. Uns braucht niemand zu treiben, sondern wir sind froh, wenn wir vorwärts können, denn der Deutsche hat keine Angst. Wenn wir im Gefecht sind, so geht das genau wie auf dem Venusberg. Es wird schnell eine Schützenlinie gebildet, sobald der Feind in der Nähe ist, und wir schießen so ruhig, wie auf dem Venusberg. Keine Kugel darf umsonst sein.
Es freut mich, daß Ihr so fleißig für mich betet, denn Gott allein kann mich schützen. Euer Gebet wird mich schützen und helfen, daß ich wieder nach Hause komme. Das wird eine große Freude werden. Ich werde Euch dann vieles erzählen und auch etwas mitbringen.
Nun seid herzlich gegrüßt von Eurem Bruder Matthias. Grüßt mir Eltern und Geschwister.

Der Russenfänger.
Folgender Vorfall, der durch Feldpostbrief geschildert wird, verdient der Oeffentlichkeit bekannt zu werden: In einer eisigkalten Nacht schiebt sich die Artillerie mit ihren Feldgeschützen weiter an der russischen Grenze vor. Der Geschützführer vom vordersten Geschütz, ein Unteroffizier aus Kessenich, gewahrt in zwei abgelegenen großen Besitzungen Licht. Er läßt sein Geschütz seitwärts einfahren und schleicht sich, während die unendliche Geschützreihe ruhig weiter passiert, bis an die Gebäude heran. Scharenweise gewahrt er hier Russen, die sich wie toll anstellen, saufen, tanzen und singen. Vorsichtig, wie er herangeschlichen, entfernt er sich und kehrt unbemerkt zu seinem Gechütz zurück, das, nachdem er noch ein Stück weiter vorgefahren ist, gerichtet wird. Bald donnert aus seinem eisernen Schlund der erste, dann der zweite Schuß! Und jeder Schuß ein Volltreffer! – In wilder Panik stürmen die Russen heraus, und ca. 500 können gefangen genommen werden. Der Unteroffizier, dessen vier Brüder ebenfalls im Felde stehen, wurde für die Heldentat mit dem Eisernen Kreuz ausgezeichnet.

(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)

 

Anzeige im General-Anzeiger vom 25. November 1914Bayerische Landwehrmänner sind seit vorgestern abend in Bonn einquartiert, wetterfeste, kernige Gestalten mit gesunden, sonnverbrannten Gesichtern. Man hört jetzt in den Straßen öfter das urgemütliche „Bayerisch“, die Sprache der prachtvollen Anzengruberschen Bühnengestalten. Aber man erkennt die „geforchteten“ Bayern, ohne ihre Farben und Regimentsnummern zu wissen, auch schon an dem unvermeidlichen Dolch, den sie im Felde im Augenblicke der Not blitzschnell aus dem Stiefelschaft ziehen und furchtbar zu gebrauchen verstehen.

In Endenich befindet sich seit 10 Tagen ein Bataillon „Kölscher Landsturm“ in Bürgerquartieren. In den wenigen Tagen hat sich zwischen den Einwohnern und den Landsturmleuten ein recht herzliches Einvernehmen bemerkbar gemacht. Am besten zeigte sich dies, als der katholische Pfarrer von Endenich dieser Tage für die Landsturmleute eine Abendandacht hielt. Die ziemlich geräumige Kirche war bis zum letzten Plätzchen gefüllt, und bei manchem lösten die zu Herzen gehenden Worte des Pfarrers heimlich eine Träne aus. Es war ergreifend zu sehen, wie sich am Schluß der Andacht eine große Anzahl dieser Männer zur Kommunionbank drängte, um als geistige Waffe die Rosenkränze in Empfang zu nehmen, die in hochherziger Weise seitens des Pfarrers zur Verfügung gestellt waren. Auch die Einladung des Pfarrers, durch Beichte und Kommunion für alle Fälle gewappnet zu sein, fiel auf fruchtbaren Boden; weit über 100 Landsturmmänner gingen zu den Sakramenten. Im ganzen Bataillon hörte man nur eine Stimme der Anerkennung für den Pfarrer; dessen Freude an dem außerordentlich guten Besuch kann man wohl verstehen. Wer mit eigenen Augen die andächtige Menge sah und den erhebenden Moment miterleben durfte, als mit Orgelbegleitung aus hunderten Männerkehlen das Lied: Alles meinem Gott zu Ehren durch die heiligen Hallen brauste, der muß zu der Ueberzeugung kommen, daß es um unsere Sache gut steht und nicht fehlgehen kann, solange unser Kaiser solche Truppen hat.

Auch Brötchen müssen nun, wie alle weiße Bäckereiware, mindestens 10 Gewichtsteile Roggenmehl auf 90 Gewichtsteile Weizenmehl enthalten.

Soldatenbrot . Im Hinblick auf die Verordnung des Bundesrates über den Verkehr mit Brot vom 28. Okt. 1914 hat der Kriegsminister angeordnet, daß zur Erbackung des Soldatenbrotes, mit Ausnahme des für die im Feld stehenden Truppen bestimmten Brotes, Kartoffelmehl mit zu vewenden ist. Der Kartoffelgehalt soll betragen 3 von Hundert für das den Truppen und 20 von Hundert für das den Kriegsgefangenen zu verabreichende Brot.

(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)

 

Die Marktbeleuchtung in Bonn läßt morgens nicht nur vieles, sondern alles zu wünschen übrig. Die Gaslaternen erlöschen bereits so früh, daß es noch stockfinster ist. Sparsamkeit ist gewiß angebracht, aber es muß eine vernünftige Sparsamkeit sein. Für alle Teile der Stadt mag ein frühes Löschen der Gaslaternen vielleicht angebracht sein, nur nicht für die beiden Marktplätze. In Köln ist es anders. Man will uns Marktfrauen doch nicht zwingen, unsere Sachen nach Köln zu bringen. Das müssen wir schließlich aber, wenn der Markt morgens früh nicht beleuchtet wird. Wir bitten daher um Abhilfe. Mehrere Marktfrauen.

(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Stimmen aus dem Leserkreis“)