Montag, 19. Oktober 1914

 

Anzeige im General-Anzeiger vom 19. Oktober 1914Universitätsfeier. Der feierliche Akt der Rektoratsübergabe fand gestern um 12 Uhr in der Aula statt. Zu der Feier, die ja in diesem Winterhalbjahre des großen Krieges wegen eine besondere Bedeutung gewinnt, hatten sich zahlreiche Gäste eingefunden. Die Chargierten unserer Studentenverbindungen stellten diesmal allerdings nur einen einzigen Vertreter. Die meisten unsere Studenten sind ja draußen im Felde oder sie harren der Erlaubnis zum Einrücken. Auch die sonst übliche Musik fehlte diesmal. (...) Mit besonderer Feierlichkeit und starker innerer Bewegung gedachte der Rektor der Universitätsmitglieder die im Felde stehen: „Der große Krieg – der gewaltigste der Weltgeschichte – war ausgebrochen. Dozenten und Studenten eilten zu den Fahnen oder stellten sich freiwillig dem Vaterlande. In dem Jubel der Begeisterung und dem Ernste der Gesinnung, in der Willenskraft und in dem Opfermute zeigen sich, daß Deutschland seine Söhne wohl erzogen hat zu der hehrsten staatlichen Gesinnung, der unbedingten Hingabe an den Staat, das Vaterland und den Kaiser und König.“ Nach den bisher einlaufenden Nachrichten haben sich von den 4013 Studenten 2436 gestellt, davon sind 1541 unter den Waffen, die anderen beim Roten Kreuz usw. „Bei der langen Dauer des Krieges werden sicher zwei Drittel der Studenten ausziehen. Mit Stolz dürfen wir solche Ziffern verkünden! Sie gehen weit über die Beteiligten von 1870 hinaus. Um das deutsche Volk und seine Zukunft kann uns nicht bange sein, denn derselbe Geist, der unsere Studenten ergriffen hat, lebt auch in allen Schichten des Volkes.“ (...)

(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)

 

Anzeige im General-Anzeiger vom 19. Oktober 1914Haussammlungen zur Beschaffung warmer Unterkleidung für die Truppen sollen demnächst allgemein veranstaltet werden. Wolle soll künftig nur für Strümpfe, Pulswärmer, Kopfhüllen und Ohrenwärmer verwendet werden, weil Leibbinden, Halstücher und Unterjacken ebensogut aus Flanell oder Biber hergestellt werden können. (…)

Dritter Vaterländischer Volks-Abend. Ein schöner Abend war’s; würdig schloß er sich den vorangegangenen an. Vieles brachte er und Vielerlei, um so einen jeden der übervielen Besucher etwas zu bringen. – Einleitend sang der Frauenchor Elma Axenfelds den dreizehnten Psalm von Brahms. (…) Die Ansprache darauf hielt Dr. F. Brüggemann. Er erinnerte an den 19. Oktober 1813, den letzten Tag der Leipziger Schlacht. Gedachte der Gedenkfeier des Vorjahres, und bemerkte, daß wir heute ein viel tieferes Einsehen in die Bedeutung jener Volkserhebung hätten, denn im verflossenen Jahre, da unwillkürlich – für die Deutschen war ein Krieg fast ein überwundenes Ereignis der Geschichte geworden – eben jene Feiern den Charakter von rein akademischen angenommen hätten. Heute aber verstehen wir, das ganze Volk, die Erhebung des ganzen, einmütigen Volkes von damals, wir, die wir zwar nicht das Joch eines Tyrannen zu tragen hatten, die zu einem Existenzkampf bis aufs Blut durch der Feinde Niedertracht gezwungen sind, eine Tatsache, die jedem Deutschen, der nur irgendwie die letzten acht Tage vor der Mobilmachung miterlebte, in seiner ganzen Tragweite offenbar wurde. Diese Tage aber waren es auch, die das Herz des Letzten unseres Vaterlandes, und mochte er bis dahin noch so abseits gestanden oder gar einigen Groll in der Seele genährt haben, unserm geliebten Kaiser gewannen; auch der Letzte fühlte sich eins mit dem Kaiser … Ein besonderes Wort widmete er der englischen Politik, für deren moralische Minderwertigkeit die deutsche Sprache leider keinen entsprechenden Ausdruck hat. Das irregeleitete Volk der Franzosen, das aus völkischen Gründen nur in und durch den Rachegedanken lebt, einigermaßen zu bemitleiden, ist kaum eine Schande. Rußland, dieses Gemengsel von Kultur und Unkultur – fast schlimmer noch als Barbarentum – hat, gleichwohl wir der Tage Ostpreußens nicht vergessen und vergeben können, beinahe ein Recht auf mildere Beurteilung. Aber England, das sich stets übergroß maulhaft als den Hort der modernen Zivilisation gefiel, wurde der gemeine Verräter der weißen Rasse, hetzte Braune, Schwarze, Gelbe auf Europa, um daran die ekelhaften Judaspfennige zu profitieren. Und soviel steht fest: wo eine Notwendigkeit besteht, da findet sich ein Weg … naturnotwendig!! - - Daß diesen Worten, die allen aus der Seele gesprochen waren, die gebührende allseitige Zustimmung zuteil wurde, bedarf wohl kaum besonderer Bemerkung!

(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)

 

Anzeige im General-Anzeiger vom 19. Oktober 1914Gesellschaft für Literatur und Kunst. (…) Am Samstag abend trug Emanuel Stockhausen-Hamburg in der Gesellschaft für Literatur und Kunst den prachtvollen Zyklus „1813“vor, den Ernst Lissauer im vorigen Jahre anläßlich der Jahrhundert-Gedenkfeier an die Erhebung Preußens gedichtet hat. Eine starke, wundervoll geschlossene Darstellung der Stimmungen und Kräfte, die damals in unserem Volke lebendig waren und die uns alle bei dem heutigen zweiten Befreiungskriege wieder erfüllen. Stockhausen sprach die Verse in seiner echten, miterlebenden Art, die wir Bonner von früheren Vortragsabenden an ihm kennen und schätzen gelernt haben. Wie er das, in den Vortrag eingefügte sogenannte Haßgedicht auf England von Lissauer beendet hatte, brach ein begeisterter Beifallssturm los. Man darf ihn als Bekenntnis zu dem Schlußvers des Gedichtes auffassen: Wir lieben vereint – wir hassen vereint, - wir haben alle nur einen Feind: England!

Bonner Autos im Biwak der 160er. Im Schaufenster unserer Geschäfsstelle ist eine Photographie ausgehängt, die Bonner Liebesgaben-Autos im Biwak der 160er zeigt. Das Bild wurde uns von Herrn Prof. Dr. A. Pflüger in liebenswürdiger Weise zur Verfügung gestellt.

Aus den hiesigen Lazaretten wurden eine größere Anzahl Verwundeter, welche auf der Genesung waren, nach den Lazaretten in Oberkassel, Dollendorf und Königswinter gebracht. Ein Sonderzug der elektrischen Siebengebirgsbahn, vier Wagen stark, welche bis zum letzten Platz gefüllt waren, brachte diese Braven dorthin. Die Leute waren recht munter und rauchten während der Fahrt gemütlich ihr Pfeifchen, Zigarre oder Zigarette.

Ein Verkauf von Beutepferden findet, wie bereits mitgeteilt, am Mittwoch den 21. Oktober von 10 Uhr ab durch die Landwirtschaftskammer unter Mitwirkung der Rheinischen Pferdezentrale auf dem Schlachthofe in Köln statt.

(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)