Mittwoch, 7. Oktober 1914

 

In der Stadtverordnetenversammlung am kommenden Freitag wird folgende Tagesordnung besprochen werden: 1. Nachtrag zur Satzung der Allgemeinen Ortskrankenkasse Bonn, betreffend der Versicherung der Hausgewerbetreibenden. 2. Verlängerung des Vertrags über die Schulzahnklinik. 3. Weitervermietung des Hauses Coblenzer Straße 90. 4. Beihilfen für die Angehörigen der städtischen Arbeiter. 5. Bewilligung einer Beihilfe für Elsaß-Lothringen. 6. Gesuch um Erlaß der Miete. 7. Verpachtung von Grundstücken. 8. Zuwahl von Mitgliedern in den Unterstützungsausschuß. 9. Neuwahl von Schiedsmännern.

Der Verkehr mit Holland. Wie die Holländische Eisenbahn-Gesellschaft bekannt gibt, ist der Personen- und Gepäckverkehr von und nach Holland über Kleve – Kranenburg – Nymegen seit gestern wieder aufgenommen worden. (...)

Ein junges Schweinchen ist bei der Polizeiverwaltung als gefunden gemeldet. Der Eigentümer kann seine Rechte bei der Polizeiverwaltung geltend machen.

(Bonner Zeitung, Rubrik „Städtische Nachrichten")

 

Stadttheater. Aus der Theaterkanzlei wird uns geschrieben: Als erste Volksvorstellung zu ganz billigen Eintrittspreisen wird heute „Colberg“ von Paul Heyse aufgeführt. Sowohl dieses zeitgemäße Stück selbst, wie seine vorzügliche Wiedergabe, welche am vorigen Sonntag das Publikum entzückte, werden bestätigen, daß bei Ansetzung dieser Vorstellung der Grundsatz maßgebend war, daß für das Volk das Beste gerade gut genug sei.
Von morgen ab sollen für alle Vorstellungen klassischer und vaterländischer Werke Schülerkarten zu außerordentlich ermäßigten Preisen (25 Pfg. bis 1,20 Mk. einschl. Garderobe und Steuer) ausgegeben werden.

Anzeige im General-Anzeiger vom 7. Oktober 1914Einige wackere Schwaben, die verwundet in der hiesigen Medizinischen Klinik untergebracht sind, sprechen hierdurch herzlichen Dank aus für die liebenswürdige Behandlung sowie reichliche Verpflegung, die sie hier gefunden haben. Besondere Freude habe es ihnen gemacht, daß die „Liedertafel“ sie am Sonntag durch herrliche Liederspenden erfreute. Die Krieger versichern, sie würden das „liebe Bonn“ in freundlichem Angedenken behalten.

Beihilfen für die Angehörigen der städtischen Arbeiter. Den Angehörigen der zum Kriegsdienst einberufenen städtischen Arbeiter werden bis auf weiteres folgende Beihilfen gewährt: der Ehefrau 25%, den ehelichen und den ehelichen gesetzlich gleichstehenden Kindern unter 15 Jahren 6%, zusammen höchstens 50% des zuletzt bezogenen Lohnes ohne Zulagen und Ueberstunden. (...) Die Beihilfe und die reichsgesetzliche Familienunterstützung sollen zusammen 2/3 des zuletzt bezogenen Lohnes nicht übersteigen. (...) Die am Freitag zusammenkommende Stadtverordnetenversammlung wird um nachträgliche Zustimmung dieser Bestimmungen gebeten.

Sammlung der Beamten der Güterabfertigung. Man schreibt uns: Es ist vielen unserer Mitbürger noch nicht bekannt, daß von den Beamten der hiesigen Güterabfertigung eine Sammlung von Hausrat, Kleidern, Wäsche und Lebensmitteln für die Notleidenden in Ostpreußen veranstaltet worden ist. Diese Sammlung hat bisher dank der allseitigen Opferwilligkeit einen Umfang angenommen, daß bereits zwei vollständig gefüllte Waggons nach Ostpreußen abgesandt werden konnten. Die Beamten sind recht erfreut über die reichen und zweckdienlichen Gaben, die ihnen aus der Bürgerschaft und den Geschäftshäusern aus Bonn und Umgebung zugeflossen sind. Gerade die Beamten der Güterabfertigung erscheinen vermöge ihrer Beziehungen zum Fracht- und Abfuhrwesen berufen, eine solche Sammlung segensreich in die Wege zu leiten, zumal auch irgendwelche Kosten für Beförderung usw. nicht entstehen. In entgegenkommender Weise hat die Stadtverwaltung durch Herrn Beigeordneten Piehl und die Firma A. Lüttger Fuhrwerk zum Einholen der Gegenstände zur Verfügung gestellt. Von vielen Seiten ist der Vorwurf aufgekommen, daß diese Veranstaltung nicht genügend bekannt geworden ist, denn viele, recht viele Wohltäter aus allen Schichten unsere Bürgerschaft wollen noch gerne geben. Es wird deshalb nochmals auf diese segensreiche und mit herzlicher Freude ins Leben gerufene Einrichtung aufmerksam gemacht und zuversichtlich gebeten, weitere Gaben der Güterabfertigung, gegebenenfalls durch Fernsprecher Nr. 18 und 596, zum Abholen anzumelden.

(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)

 

Anzeige in der Deutschen Reichs-Zeitung vom 7. Oktober 1914Jüngster Leutnant in der Armee. Zu unserem Bericht über den jüngsten Leutnant in der Armee, dem 71jährigen Konsul Heinrich Rieth aus Antwerpen, bemerken wir noch, daß derselbe einer alten angesehenen Bonner Familie angehört, welche schon hunderte von Jahren in Bonn ansässig ist. Der Bruder des Herrn Konsul Rieth, der Professor Dr. Josef Rieth, welcher im 69. Lebensjahre steht, hat sich am 4. Oktober zur Front nach Galizien begeben, um dort bei unseren Truppen als freiwilliger Krankenpfleger, Priester und Seelsorger tätig zu sein. Der Vater der beiden genannten Herren, Michael Rieth, hat die Freiheitskriege 1813/15 als Freiwilliger mitgemacht.

Den Verwundeten in der Beethovenhalle hielt gestern abend Hans Eschelbach einen Vortrag seiner Dichtungen. Seine Balladen aus dem gegenwärtigen Kriege hielten die Zuhörer in atemloser Spannung und seine humoristischen Kriegsgedichte lösten manch heiteres Lachen aus, so daß sein Zweck, die Verwundeten ihre Schmerzen vergessen zu machen, vollkommen erreicht war. Der Dichter, der seine Werke allen Lazaretten in Bonn und Köln schenkte und der manchen Verwundeten durch seine ausgedehnten Vortragsreisen persönlich bekannt war, versprach, bei stets wechselndem Programm alle drei Wochen einen Vortrag zu halten. Auf Wunsch der Franziskanerinnen hält er nächsten Sonntag den Verwundeten auf Nonnenwerth einen Vortrag. Da der Dichter gerne bereit ist, seine zündenden Kriegsballaden in allen Lazaretten von Bonn und Umgegend vorzutragen, wende man sich an seine Adresse, Bonn, Göbenstraße 3.

(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)