Sonntag, 4. Oktober 1914

In dem „Aufruf an die Kulturwelt“ solidarisieren sich die unterzeichnenden 93 deutschen Wissenschaftler, Künstler und Schriftsteller mit der deutschen Armee und weisen alle Kritik an der Kriegsführung, insbesondere am Vorgehen gegen Belgien, zurück.

 

Kriegsunterstützungen an Nichtbedürftige. Der Oberbürgermeister gibt folgendes bekannt: „Sowohl die reichgesetzliche Familienunterstützung der in den Dienst eingetretenen Mannschaften, wie auch die hierzu gewährten städtischen Zuschüsse dürfen nur bei nachgewiesener Bedürftigkeit gewährt werden. Es ist wiederholt vorgekommen, daß Unterstützungen verlangt worden sind durch Verschweigung des vorhandenen Einkommens. Namentlich haben mehrfach Frauen, die durch eigene Arbeit auskömmlichen Verdienst hatten, die Reichsfamilienunterstützung und den städtischen Zuschuss aus Anlaß der Einberufung beantragt und erhalten. Für die Folge werden derartige Betrugsversuche unnachsichtlich staatsrechtlich verfolgt.“

(Bonner Zeitung, Rubrik „Städtische Nachrichten")

 

Ausübung der Jagd in den Grenzkreisen. Das stellv. General-Kommando des 8. Armeekorps macht bekannt, daß, nachdem die militärischen Rücksichten nunmehr keine Einschränkung mehr bedingen, die Jagd auch in den Grenzkreisen Kempen, Heinsberg, Erkelenz, Geilenkirchen, Aachen-Land, Eupen und Malmedy freigegeben ist. Alles Nähere ist aus einer Bekanntmachung in der heutigen Nummer unseres Blattes zu ersehen.

Anzeige im General-Anzeiger vom 4. Oktober 1914Es wird davor gewarnt, Nachrichten aus Feldpostbriefen von dem Tode oder schwerer Verwundung irgend eines Kriegers weiter zu erzählen, da diese Nachrichten meistens unzutreffend sind. Die Hiobsbotschaften kommen übrigens für die Angehörigen noch früh genug.

Zur Warnung! Auf Grund verschiedener Vorkommnisse ist es angebracht, das Publikum auf folgendes aufmerksam zu machen: In den Zeitungen erscheinen jetzt vielfach Erkundigungen nach Deutschen, die beim Kriegsausbruch im Ausland waren. Den Umstand, daß dabei die genaue Adresse der Suchenden und die letzte genaue Adresse der gesuchten Personen angegeben sind, machen sich Schwindler zunutze, die unter dem Namen der Vermißten an deren Angehörige telegraphieren und um Geld bitten. In diesen Telegrammen wird meistens gesagt, daß der Absender ohne Mittel und Papiere sei, weshalb das Geld in gewöhnlichem Briefe postlagernd geschickt werden soll. Mitunter wird auch eine Wohnung angegeben, wo dann der Schwindler oder dessen Spießgeselle für kurze Zeit, nämlich bis zum Eintreffen des durch telegraphische Postanweisung erbetenen Geldes ein Zimmer gemietet hat. Es kann daher allen Personen, die solche telegraphischen Bitten um Geld erhalten, nur dringend empfohlen werden, sich an die Polizeibehörde des Absendeortes des Telegramms zu wenden, zur Feststellung, ob der Bittsteller tatsächlich der Vermißte ist, vorausgesetzt, daß ihnen das nicht als zweifellos bekannt ist.

Nach Art der Straßenräuber hatte ein 12jähriger Schüler von hier vor einiger Zeit einer Dame, die am Rhein spazieren ging, ein Handtäschchen entrissen. Die Dame hatte die Geistesgegenwart, das Bürschlein so lange festzuhalten, bis die Polizei hinzukam und den jugendlichen Uebeltäter festnahm. Die Strafkammer verurteilte den Angeklagten am Samstag zu einer Gefängnisstrafe von sechs Wochen. In Anbetracht seiner Jugend soll dem Angeklagten bei guter Führung Strafaufschub gewährt werden.

(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)

 

Kriegszeit und Stadttheater. In Anbetracht der Kriegszeit sind die Preise für das Kölner Stadttheater wie folgt festgesetzt worden: Für große Oper 1. Parkett 2 Mk., 2. Parkett 1,50 Mk., für Schauspiel 1. Parkett 1,50 Mk., 3. Parkett 1 Mk. Wie verhält es sich in Bonn? Wir zahlen für das Schauspiel für das 1. Parkett 2,85 Mk. Und für das 2. Parkett 2,10 Mk. Vergleicht man diese Preise, so leuchtet es ein, daß das Stadttheater in Bonn nur von bessergestelltem Publikum besucht werden kann. Die meisten Bürger können sich den Luxus dieser Preise nicht erlauben. Der Wunsch ist also berechtigt, daß die Preise für das Stadttheater wenigstens für die Kriegszeit noch erheblich heruntergesetzt werden. Ein Theaterfreund für Viele.

(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Sprechsaal“)

 

Volksheim. Die Bonner Soziale Wohlfahrtsvereinigung eröffnet am Montag, den 5. Oktober in der Thomastraße 1b ein Volksheim, in welchem Milch und Kaffee zu sehr billigem Preise ausgeschänkt, sowie Obst und Brot, das mit Pflaumenmus bestrichen ist, zum Selbstkostenpreis abgegeben wird. In den freundlich hergerichteten unteren Räumen erfolgt der Ausschank von Milch, während in dem oberen geräumigen und hellen Saal der Kaffeeausschank stattfindet. Brot und Obst wird in beiden Räumen abgegeben. Für Unterhaltung durch Zeitungen und Brettspiele ist gesorgt. Auch sind gelegentliche Unterhaltungsabende in Aussicht genommen. Das Volksheim wird gut geheizt und wird besonders in den kalten Wintertagen für viele einen willkommenen Aufenthalt bilden. Die Preise sind wie folgt festgesetzt: ¼ Liter Milch 6 Pfg., eine große Tasse Kaffee 7 Pfg., eine große Tasse Kaffee mit Milch 8 Pfg., eine große Tasse Kaffee mit Milch und Zucker 10 Pfg., ein geschmiertes Brot (Röggelchen) 5 Pfg., ein halbes geschmiertes Brot 3 Pfg., ein Teller Obst zu 5 und 10 Pfg. Die vorhandene Obstprobierstube soll gleichzeitig den Zweck erfüllen, den Verkauf von Obst in größeren Mengen an das Publikum zu erleichtern. Das Volksheim ist von morgens 6 bis abends 10 Uhr geöffnet.

Wehrbund. Die Abteilung Poppelsdorf des Wehrbundes tritt von jetzt ab wegen der vorschreitenden Jahreszeit des Sonntags nachmittags eine halbe Stunde früher als bisher, nämlich um ½3 Uhr an der Endhaltestelle der Kleinbahn in der Argelanderstraße am Fuße des Venusberges zum Exerzieren an. Nach den Uebungen auf dem Exerzierplatz findet mit den anderen Abteilungen des Wehrbundes ein gemeinsames Kriegsspiel statt. Neuanmeldungen von Teilnehmern zwischen 16 und 45 Jahren können beim Antreten zum Exerzieren oder Montags und Donnerstags abends um 9 Uhr vor dem gemeinsamen Turnen in dem Gasthof von Vianden in der Klemens-August-Straße erfolgen.

Die französische Zensur. Ein deutscher Soldat, der in einer französischen Stadt als Verwundeter liegt, schrieb an einen hiesigen Bekannten eine Postkarte, die der französischen Zensur vorgelegt wurde. Der Absender schrieb u.a. : „In der Hoffnung auf einen guten Kriegsausgang usw.“ Der französische Beamte, welcher die Zensurbemerkung machte, unterstrich diese Stelle und schrieb darüber: „sehr unwahrscheinlig“. In einigen Wochen dürften sich vielleicht die Ansichten geändert haben.

(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)