Montag, 10. April 1916

    

Anzeige im General-Anzeiger vom 10. April 1916Die deutsche Sommerzeit. Als Zweck der am 1. Mai beginnenden deutschen Sommerzeit wird von amtlicher Seit die bessere Ausnutzung des Tageslichts und die gerade im Kriege erwünschte Ersparnis an Rohstoffen und Erzeugnissen für Beleuchtungszwecke bezeichnet. Da sich die geschäftlichen sowohl wie die privaten Lebensgewohnheiten der Bevölkerung nicht nach dem wechselnden Eintritt des Sonnenauf- und –untergangs richten, sondern ganz überwiegend an feste Tagesstunden gebunden sind, läßt sich jenes Ersparungsziel nur durch die Umstelllung der Uhr in der vollkommensten und allgemein wirksamsten Weise erreichen. Insbesondere wird sich der städtische Verkehr weniger lange in den dunklen Abendstunden abspielen. Die Schwierigkeiten, die sich aus der Zeitverschiebung für das internationale Verkehrswesen ergeben, haben – zumal während des Krieges – keine entscheidende Bedeutung; vielleicht darf man auch hoffen, daß verbündete und neutrale Staaten sich zu gleichem Vorgehen entschließen.

Die Baumblüte in der schönen Umgebung Bonns übt auch in diesem Frühling ihre alte Anziehungskraft auf die Städter aus. Da am gestrigen Sonntag auch warmer Sonnenschein herunterstrahlte und ins Freie lockte, hatten die Bonner Vorortbahnen nach Godesberg und Königswinter, vor allem aber das sonst vielfach geschmähte alte Vorgebirgsbähnchen einen für die jetzige Kriegszeit recht starken Verkehr aufzuweisen.

(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)

      

Die beginnende Blütenzeit hat gestern dem Vorgebirge und unserer weiteren rheinischen Landschaft zahlreiche Besucher gebracht. Auf allen Wegen und den so idyllischen Pfaden zogen endlose Menschenketten durch die Hänge und Täler. Was nun die Baumblüte anbetrifft, so gab es da einige Enttäuschung. Noch ist nicht die Zeit der allgemeinen Blüte, wo das ganze Gehänge des Vorgebirges, wo alle Dörfchen mit einem einzigen duftigen Blütenmantel bekleidet sind. Das Frühobst bestreitet einstweilen noch allein alles Blühen; in acht Tagen vielleicht ist die große Blütezeit vollständig da, vorausgesetzt, daß warme Witterung einsetzt. Was die Blütenknospen an Zurückhaltung leisten können, haben wir gerade diese Jahr erfahren. Unter dem Einflusse des milden Winters, eines fast warmen Januar sprang damals alles Obst in die Knospen. Ein kälterer Nachwinter und rauher Vorfrühling verzögerte dann zum Glück das Aufbrechen der Blüten monatelang bis in diese Tage, und jetzt noch will es nicht vorangehen. Die Aussichten für eine schöne Blütezeit und damit auch für ein gutes Obstjahr sind mit Blütenknospen geradezu übersät. Wenn die zahlreichen Wanderer, zur jetzigen Kriegszeit meist Wanderinnen, gestern auch nicht ganz auf ihre Kosten kamen, so haben doch alle gewiß einen guten Vorgeschmack bekommen, wie es in acht Tagen sein kann.

(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)