Freitag, 2. März 1917

      

Eine Verordnung des Gouverneurs bestimmt, daß vom 15. März ab musikalische Veranstaltungen insbesondere auch Gesangsvorträge in öffentlichen Wirtschaften und Vergnügungsräumen nicht vor 7 Uhr abends beginnen dürfen.

Knochen dürfen nach einer Bundesratsverordnung vom 15. Februar nicht verbrannt, vergraben oder auf andere Weise vernichtet, noch zu Dünge- oder Futterzwecken verwendet werden; sie sind vielmehr getrennt von anderen Abfällen aufzubewahren. Die Verfütterung an Hunde und Geflügel in der eigenen Wirtschaft bleibt gestattet. Soweit die Knochen nicht schon auf andere Weise, insbesondere durch Abgabe an Händler oder Sammler der Verarbeitung zugeführt werden, sind sie an die von der zuständigen Behörde bezeichneten Stellen zu den von ihr festgesetzten Bedingungen abzuliefern. Für Knochen, die in Haushaltungen anfallen, gelten vorstehende Bestimmungen nur, wenn die zuständigen Behörden es anordnen. Die Anordnung hat zu erfolgen, wenn eine regelmäßige Abholung der Abfälle stattfindet.

(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)

    

Die Bonner Althändler, soweit sie mit getragenen Kleidern, Wäsche und Schuhen handeln, hat nun auch das Kriegsschicksal ereilt. Mit dem 1. März ist die Bundesratsverordnung über den vollständigen Übergang des Althandels in Kleidern, Wäsche und Schuhen auf die Gemeinden in Kraft getreten. Bereits vom 27. Dezember v. J. ab war es den Althändlern verboten, diese Art Bekleidungsstücke anzukaufen; immerhin war es ihnen noch bis zum 28. Februar einschließlich gestattet, ihre Lagerbestände an den Mann zu bringen, jedoch nur gegen Bezugsschein. Die Aufforderung des Oberbürgermeisters an die Althändler, ihre Lagerbestände an getragenen Kleidungs- und Wäschestücken, sowie Schuhen an die städtische Annahmestelle in der Stockenstraße verkaufen zu wollen, ist fast ohne jeden Erfolg geblieben. Es steht aber zu erwarten, daß sich die Händler doch noch eines Besseren besinnen werden, da diese Sachen für sie ein totes Kapital bilden, das ihnen keinerlei Zinsen einbringt. Das städtische Bekleidungsamt verfügt indessen heute schon über einen hübschen Bestand an getragenen Bekleidungsstücken, die zum Teil unentgeltlich abgeliefert wurden. Darunter befinden sich Sachen, die noch „wie neu“ sind und auch schon viele Kauflustige angelockt haben. Der Verkauf kann indes erst in etwa 14 Tagen erfolgen, da sämtliche Stücke vorher desinfiziert, gereinigt und gründlich instand gesetzt werden. Bekanntlich sind die großen Geschäftsräume der Möbelfirma Peter Steiner, am Münsterplatz, von der Stadt als Verkaufslokal angemietet worden.

Das Rheinland und die Entscheidung des Krieges. Man schreibt uns: „Sonntag, den 4. März soll im altehrwürdigen Köln eine große, eindrucksvolle vaterländische Veranstaltung stattfinden, in der namhafte, vaterländisch erprobte Männer über die nahende Entscheidung des Krieges und ihre Forderungen an das deutsche Volk sprechen sollen. Die Versammlung wird veranstaltet von dem „Unabhängigen Ausschuß für den deutschen Frieden“, in dem sich so zahlreiche deutsche Männer aller Stände, Parteien und Konfessionen zur Erreichung dieses notwendigen Zieles zusammengetan haben. Wie wir heute des Näheren mitteilen können, hat sich für diese Veranstaltung eine Ausschuß hochangesehener Männer unserer Rheinprovinz zusammengetan. Als Hauptredner in dieser vaterländischen Veranstaltung sind der preußische Landtagsabgeordnete Paul Fuhrmann und der bayrische Reichstagsabgeordnete Dr. Pfleger gewonnen, also Vertreter der beiden größten Parteien unserer Provinz. Die große Kundgebung soll am kommenden Sonntag vormittag 11 Uhr im alten Kölner Gürzenich stattfinden. Nachmittags 3½ Uhr sollen sich in der „Erholung“ am Marienplatz die Vertrauensmänner des Unabhängigen Ausschusses aus ganz Rheinland vereinen zu gemeinsamen Beratungen und zu einem Zusammenschluß zwecks weiterer gemeinsamer Arbeit. Da der Zutritt zu Veranstaltungen im Kölner Gürzenich nach den städtischen Bestimmungen nur gegen besondere Karten zulässig ist, so sei mitgeteilt, daß kostenlose Zutrittskarten vor der Versammlung beim Pförtner an der Haupttreppe in der Martinstraße von 10 Uhr vormittags an zu haben sind.
    Dank dem vielgeschmähten deutschen Militarismus ist unser Rheinland in dem jetzigen Völkerkampfe nicht zum Schauplatz der weißen und farbigen Kriegsscharen Frankreichs und Englands geworden. Um das aber auch in Zukunft zu verhindern, muß gerade unser schönes Rheinland stärker als bisher gesichert werden, im Norden gegen die britischen Gelüste über Belgien her, im Süden gegen die alten französischen Rheingelüste. Diesem Ziel soll auch die bevorstehende große Kundgebung des Rheinlandes dienen, an der teilzunehmen an jedermann der Ruf ergeht.“

(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)

     

Bonner Stadttheater. Nachdem die Winterstürme dem Herannahen der Wonnemonde in etwa zu weichen beginnen, konnte unser Theater nach mehrwöchentlicher, durch grimme Kälte bedingte Spielruhe wieder seine Tätigkeit anfangen. Es eröffnete am Dienstag abend seine Pforten dem Fliegenden Holländer, dem es in den beheizten Theaterräumlichkeiten wohl recht behaglich zu Mute wird gewesen sein. Umso mehr, da ihm von Seiten der Spiel- und musikalischen Leitung sowie den mitwirkenden Kräften eine recht liebevolle Behandlung zu teil ward. Direktor Hofrat Fritz Remond setzte sich höchsteigen für die Spielleitung ein. Walter Gärtner, der bekannte, temperamentvolle Dirigent, schwang den Direktionsstab und entlockte dem ihm unterstellten Klangkörper herrlichste Wohlfühltöne. Karl Schröder als Erik und Sophie Wolf als Senta waren stimmlich und schauspielerisch überragende Gestalten. Eine Glanzleistung war vor allem die mit die mit prachtvoller dramatischer Belebung vorgetragene Senta-Ballade, die der Sängerin reichen Beifall eintrug. Gute Leistungen boten auch Julius Gleß als Daland und Katharina Rohr als Mary. Die Titelpartie fand in Gustav Dramsch einen geeigneten Vertreter, während Wilhelm Wolf als Steuermann durch eine leichte Erkältung in der sonst bei diesem trefflichen Künstler vorhandenen stimmlichen Kraft etwas behindert wurde. Markig und wuchtig erklangen die Matrosenchöre, leicht und duftig der Gesang der Spinnerinnen. Die Vorstellung fand einstimmigen begeisterten Beifall des ausverkauften Hauses.

(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)