Samstag, 23. Dezember 1916

     

In der gestrigen Stadtverordnetensitzung teilte Oberbürgermeister Spiritus mit, daß Justizrat Dr. Abs zur Erinnerung an seinen gefallenen Sohn Gereon 10.000 Mark gestiftet hat. [...] Beigeordneter Bottler kündigte dabei eine weitere Erhöhung des Gaspreises an. Die Versammlung bewilligte u. a. weitere 100.000 M. für Gasautomaten, 50.000 M. für eine selbständige örtliche Kriegshilfskasse und 25.000 M. für Weihnachtsgaben für städtische Beamte, Angestellte und Arbeiter. Die Anträge des Innungsausschusses und des Stadtverordneten Schmitz, den Fortbildungsschulunterricht einzuschränken, wurden mit großer Mehrheit abgelehnt. Beigeordneter Bottler berichtete über die Kriegsausgaben der Stadt Bonn, die sich nach Abzug aller bisherigen und noch zu erwartenden Einnahmen am 1. Oktober auf 2.496.000 M. beliefen. Endlich wurde einstimmig beschlossen, in Bonn Einrichtungen zu treffen, um den Frauen und Mädchen den freiwilligen vaterländischen Hilfsdienst zu ermöglichen und zu erleichtern. [...]

(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)

      

Anzeige im General-Anzeiger vom 23. Dezember 1916Die Weihnachtswoche. Sie hat sowohl in Kriegs- wie auch in Friedenszeiten ein eigenartiges Gepräge, die Weihnachtswoche. Belebter sind die Straßen der Stadt, stärker ist der Verkehr, und geschäftiger als gewöhnlich eilt alles, ob jung oder alt, einher, um für die Feiertage zu rüsten. In keiner Woche sieht man derartig viele mit Paketen aller Art bepackte Leute, wie in der Weihnachtswoche. Wie in den Vorjahren, so wird auch in diesem Jahre reichlich gekauft. Obwohl die wirtschaftlichen Verhältnisse es manchem leider nicht gestatten, für Weihnachten die gleichen Aufwendungen zu machen, wie in den früheren Jahren, kommen die meisten Geschäftsleute doch auf ihre Kosten. Namentlich aus solchen Kreisen, die durch die Verschiebungen auf dem Arbeitsmarkt höhere Löhne erzielen, wird viel gekauft. Insbesonders haben die Luxusgeschäfte einen flotten Umsatz. Auch die Landbevölkerung der Umgebung legte nach allgemeinem Urteil der Geschäftsleute in diesem Jahre „etwas“ an. Das merkt man sowohl in den Spezialgeschäften wie in unseren großen Warenhäusern. Andererseits muß anerkannt werden, daß sich sowohl die größeren wie auch die kleineren Geschäfte bemüht haben, in diesem Jahre viel Kriegsneuheiten auf den Markt zu bringen. Namentlich unter den Spielsachen findet man recht geschmackvolle Neuheiten. Schwieriger ist den Konfektionsgeschäften in diesem Jahre ihre Aufgabe gemacht. Das „Scheckgespenst“ des Bezugsscheines hat ihren Wirkungskreis gegen früher eingeschränkt. Aber es gibt ja auch bezugsscheinfreie Waren, und diese bieten, besonders da sie auch im allgemeinen lieber gekauft werden, halbwegs Ersatz. In den Lebensmittelgeschäften geht das Geschäft sehr flott, namentlich wenn sie recht viele Artikel, die ohne Bezugskarte zu haben sind, führen. Zu einer schönen und gemütlich Weihnachtsfeier gehört natürlich auch ein Weihnachtsbaum, aber der Erwerb einer Weihnachtstanne wird manchem erschwert, einerseits durch die verringerte Anfuhr und andererseits durch die von den Käufern eingeführten „Höchstpreisen“.

Nachrichten des Lebensmittelamtes der Stadt Bonn.
Brot.
Da in den einschlägigen Geschäften für Säuglinge kein Backwerk mehr vorhanden ist, wird das städtische Lebensmittelamt demnächst solches Backwerk (Kinderplätzchen) herstellen lassen und in einer städtischen Verkaufsstelle unter Anrechnung auf die Brotkarte der Säuglinge abgeben. Näheres über den Verkauf der Kinderplätzchen wird in den nächsten Tagen in den Tagesblättern veröffentlicht werden. [...]
Obst und Gemüse.
Die Beschickung des Marktes hat sich nicht gebessert. Die Nachfrage bei den städtischen Verkaufsstellen ist daher nach wie vor groß. Trotz des allgemeinen Mangels an Gemüse hat der Verkauf von Bleichzichorie nicht den Erwartungen entsprochen. Die Bestellungen für diese leider noch zu wenig bekannte Gemüse mußten daher rückgängig gemacht werden. Rotkohl und Wirsing werden knapp. Weißkohl ist durch die Beschlagnahme überhaupt nicht mehr zu haben. [...]

Anzeige im General-Anzeiger vom 23. Dezember 1916Öffentliche Sitzung der Stadtverordnetenversammlung vom 22. Dezember 1916.
Vorsitzender: Oberbürgermeister Spiritus.
[...] Der Vorsitzende berichtete dann über Maßnahmen betr. die Ausbildung des staatlichen Hilfsdienstes in Bonn. Es handele sich darum, den freiwilligen Frauendienst in für das Vaterland nützliche Bahnen zu lenken.
   Die Stadtverordneten Dr. Krantz, Chrysant und Beigeordneter Piehl hatten sich bemüht, geeignete Arbeitsgelegenheit für die Frauen hier nach Bonn zu ziehen. Wie das geschehen, wie der Ausbau der Arbeitsgelegenheit gedacht, führte dann Stadtv. Dr. Krantz näher aus. Die Stadt tritt als Unternehmen auf und besorgt lohnende und dem Staat sehr nützliche Arbeit hier nach Bonn. Es könnten bis zu 2000 Frauen und Mädchen aller Stände in der gebotenen Beschäftigung, die leicht und angenehm sei, vaterländische Betätigung im schönsten Sinne des Hilfsgesetzes finden. Beigeordneter Piehl zerstreute durch nähere Mitteilungen über die Verhandlungen mit den Arbeitgebern die Bedenken, die Stadtv. Schmitz dagegen aussprach, daß die Stadt sich zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer als Unternehmerin einschiebt.
   Der Vorsitzende brachte einen Entschluß zur Abstimmung, wonach die Versammlung grundsätzlich ihre Zustimmung ausspricht, daß die Stadt Bonn Einrichtung trifft, die den staatlichen Hilfsdienst in Bonn erleichtern. In dem Ausschuß, der die Angelegenheit bis zur endgültigen Erledigung in der nächsten Stadtverordnetensitzung weiter fördern soll, wurden neben dem Beigeordneten Piehl die Stadtverordneten Dr. Krantz, Chrysant und Butscheidt gewählt.

Gegen anonyme Briefschreiber gehen die Gerichte jetzt im Kriege mit besonderer Schärfe vor. So wurde gestern vom Schöffengericht eine Ehefrau aus Beuel, die eine Nachbarin in einem anonymen Briefe schwer beleidigt hatte, der hohen Geldstrafe von 150 Mark verurteilt. Der Fall möge anderen zur Warnung dienen.

Sechs Wochen in ärztliche Behandlung mußte sich ein Junge aus Godesberg begeben, der einen Nachbar, welcher mit seiner Frau im Garten arbeitete, gereizt und verhöhnt hatte. Der Mann geriet infolge der Sticheleien derartig in Wut, daß er den Jungen mit einer Bohnenstange so verprügelte, daß er schwere Verletzungen davon trug. Das Schöffengericht erkannte auf eine Geldstrafe von 30 Mark.

(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)

     

Zum Besten der deutschen Kriegswohlfahrtspflege verkauft der Vaterländische Frauenverein Stadtkreis Bonn in seinem Geschäft, Am Hof 12a, Postkarten mit dem Weihnachtsgruße des Kaisers, worauf wir zugunsten der Sache hier noch besonders aufmerksam machen mit dem Wunsche, daß auch dies gemeinnützige Unternehmen rechten Zuspruch erfahren möchte.

(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)