Tageschronik Erster Weltkrieg in Bonn
Auf dieser Seite haben wir in den Jahren 2014 –2018 für jeden Tag, den der Erste Weltkrieg andauerte, genau 100 Jahre später lokale Nachrichten aus Bonner Zeitungen, z. T. ergänzt durch Bekanntmachungen und Werbeanzeigen, Auszüge aus Briefen und Tagebüchern, ins Netz gesetzt. Auf diese Weise entstand ein umfassendes Kalendarium, das Einblicke in den Bonner Alltag während des Großen Krieges gibt und zeigt, welche Auswirkungen das Kriegsgeschehen auf das tägliche Leben hatte. Wir beendeten unser Projekt mit der Ankunft der ersten kanadischen Soldaten in Bonn am 8. Dezember 1918. Mit der Besatzungszeit begann für die Stadt eine neue Epoche.
Die Informationen zum politischen Geschehen bzw. zu Kriegshandlungen, die in den ersten Monaten den Tagesnotizen vorgeschaltet sind, sind möglichst kurz gehalten und beschränken sich auf bedeutende Ereignisse. Wir verzichteten auf weitere Hintergrundinformationen und Erklärungen, sondern lassen die Texte für sich sprechen in der Hoffnung, dass sie die Leserinnen und Leser zum Nach- und Weiterdenken sowie zum eigenen Weiterforschen anregen.
Was wir hier präsentiert haben, ist in mehrfacher Hinsicht subjektiv. Viele der täglichen Meldungen sind natürlich geprägt durch die ideologische Ausrichtung der Zeitungen, denen sie entnommen sind. Sie spiegeln somit nicht immer die Realität wider, sondern wollen die Meinung ihrer Leser und Leserinnen bilden: Sie wollen u.a. Stimmungen – z. B. Kriegsbegeisterung - erzeugen und verstärken, Einstellungen – z. B. Opferbereitschaft – prägen, Ängste – z. B. vor ausländischen Spionen – schüren, an den Patriotismus appellieren - z. B. durch Aufrufe zum Boykott ausländischer Erzeugnisse oder zur Änderung ausländischer und ausländisch klingender Namen. Nicht zuletzt unterlag die Presse ab Kriegsbeginn zunehmend der staatlichen Zensur.
In den exemplarisch ausgewählten Werbeanzeigen aus den ersten Kriegsmonaten wird sichtbar, wie schnell der Krieg die „Heimatfront“ erreichte. Die Firmen warben z. B. zunehmend mit Produkten, die den „Kriegern“ als „Liebesgaben“ ins „Feld“ geschickt werden sollten. Andererseits zeigten Theater-, Kino- und Konzertprogramme – nachdem bei Kriegsbeginn zunächst auf sämtliche „Lustbarkeiten“ verzichtet werden sollte -, die Rückkehr in den scheinbar ganz normalen Alltag. Zwar präsentierten Theater und Kino während der gesamten Dauer des Krieges auch patriotische Stücke und Kriegsfilme, aber „das Heitere“ kam nie zu kurz. In harten Zeiten – so scheint es – bedurfte es umso mehr der Zerstreuung und Ablenkung vom harten und entbehrungsreichen Kriegsalltag. Je länger der Krieg dauerte, desto umfangreicher wurden indes die Todesanzeigen für die in den Kämpfen „gefallenen“ Soldaten, die zum Teil eine ganze Zeitungsseite füllten. So prägen sie zunehmend auch das Kalendarium.
Nicht zuletzt sind besonders in den ersten Kriegsmonaten auch die Tagebucheinträge und Briefe subjektive Zeugnisse der Schreibenden und von uns subjektiv ausgewählte Ausschnitte.
Vier Zeitungen mit aktuellen Nachrichten erschienen in der Zeit des Ersten Weltkriegs in Bonn und dienten uns als Quellen: die national-liberale Bonner Zeitung, der „farblose“ General-Anzeiger für Bonn und Umgebung, der als Anzeigenblatt 1889 ins Leben gerufen wurde, sich parteipolitisch und konfessionell neutral gab und bis zum Beginn des Krieges statt Nachrichten nur Anzeigen auf der Titelseite brachte, die Deutsche Reichs-Zeitung, das Organ des katholischen Bürgertums und der Volksmund, das Sprachrohr der „progressiven Kräfte“, wie sich die Zeitung selbst charakterisierte. Die drei erstgenannten Blätter kamen in der Regel täglich (auch sonntags) heraus, die Reichs-Zeitung anfangs sogar mit einer Vorabend- und einer Morgenausgabe, der Volksmund erschien nur mittwochs und samstags, im weiteren Kriegsverlauf nur noch mittwochs. Der Umfang der Zeitungen nahm im Kriegsverlauf – bedingt durch Papiermangel – empfindlich ab.
Arbeitsgruppe Erster Weltkrieg der Bonner Geschichtswerkstatt