Montag, 11. November 1918

   

Die neue Lage in Bonn hat sich seit Samstag weiter gefestigt. Zu Ausschreitungen ist es auch gestern und in den beiden letzten Nächten nicht gekommen. Die Anordnungen des Sicherungsausschusses werden allgemein pünktlich befolgt. Der Arbeiter-, Bürger- und Soldatenrat, der jeden Vormittag 8 Uhr im Sitzungssaale des Rathauses tagt, hat heute morgen den Hauptmann Arimond zum Stadtkommandanten gewählt.

Zentrum und Sozialdemokratie hielten gestern im Saale des Bonner Bürgervereins Volksversammlungen ab. In der Zentrumsversammlung führte Reichstagsabgeordneter Henry u. a. aus: Heute hängt alles davon ab, wie wir uns zu den beiden Tatsachen: verlorener Krieg und Revolution stellen. Wir müssen diese Dinge so zu lenken suchen, daß sie für uns von Nutzen sind. Wir haben den Krieg verloren, weil er zuletzt über unsere Kraft ging. Die Frage, wer schuld an dem Kriege ist, muß später untersucht und beantwortet werden, die Schuldigen müssen dann vor das Volksgericht gestellt werden. Die Hauptschuld lag in dem System, das die Geschicke eine 70-Millionen-Volkes in ganz wenig Hände legte. Dieses System, das die Militärgewalt über die Zivilgewalt stellte, ist zusammengebrochen und soll zusammengebrochen bleiben. Wir wollen hoffen, daß wir zu einem wirklichen Rechtsfrieden kommen, aber wir haben diesen Frieden noch nicht. Die sozialdemokratischen Abgeordneten haben sich auch für einen Rechtsfrieden ausgesprochen aber nicht für einen Vernichtungsfrieden. Dazu ist erforderlich, daß unsere Front draußen festhält und sich nicht auflöst. Wir müssen uns die Frage vorhalten: sollen denn die 1.600.000 Toten umsonst gefallen sein, weil wir im Inlande Ruhe und Nerven verloren haben? Was die Revolution uns noch bringen wird, wissen wir noch nicht. Aber wir wollen diesen Männern Vertrauen schenken und mitarbeiten. Der Kaiser hat gewiß gefehlt, aber heute ist noch nicht die Zeit, darüber zu reden. Er hat es gut mit dem Volke gemeint. Wir müssen uns mit beiden Füßen auf den Boden der gegebenen Tatsachen stellen und mitarbeiten, damit aus dieser Bewegung etwas wird für das Wohl unsres lieben deutschen Vaterlandes und Volkes. Die Geschlossenheit der innern Front muß bewahrt bleiben, um uns vor einem Bürgerkrieg zu bewahren. Auch hier in Bonn wollen und müssen wir alles tun, um dem neu gegründeten Arbeiter-, Bürger- und Soldatenrat sein Wirken möglichst zu erleichtern. Herr Wellmann vom Arbeiter-, Bürger- und Soldatenrat forderte die Anwesenden auf, sich möglichst zahlreich zur Bürgerwehr zu melden. Herr Schmitz vom Arbeiter-, Bürger- und Soldatenrat forderte die Soldaten auf, wieder ihre Kokarden und Achselstücke zu tragen und sich von keinem abnehmen zu lassen. Im übrigen möge man Ruhe und Ordnung bewahren. […]

(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)

   

Bessere Straßenbeleuchtung. Seit Samstag sind die Einschränkungen in der Straßenbeleuchtung aufgehoben. Straßen und Plätze sind wieder hell erleuchtet.

(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)

   

Die Lage in Bonn. Die Ruhe ist auch gestern nirgends gestört worden. Die Straßen sind kaum mehr belebt gewesen als an anderen Sonntagen. Wohltuend empfand der seßhafte Bürger die abendliche Ruhe nach 9 Uhr auf den Straßen, die ihm sonst Sonntags vielfach durch auswärtige jugendliche Radaumacher nicht gegönnt wurde. Gestern wurde vom Sicherheitsausschuß eine Bürgerwehr eingerichtet, die neben den Soldaten für die Sicherheit in der Stadt sorgen wird.

(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Aus der Rheinprovinz. Bonn“)